Knepper als Mengedes Möglichkeits(t)raum

Nordwärts-Sommer-Akademie: Premiere mit Bustour und neuen Ideen

Wie ist Dortmunds Norden zu verbessern? Im Big Tipi waren Ideen gefragt.

Wie ist Dortmunds Norden zu verbessern? Im Big Tipi waren Ideen gefragt.

Der Norden gab sich heiß, kaum überraschend an Hundstagen im August. Unerwartet dagegen, zumindest für nicht Ortskundige, was bei der Nordwärts-Tour durch Dortmunds lange vergessene, oft verleumdete Seite zu sehen war. Wer hätte gedacht, dass hier alles so grün, vielfältig und gar nicht flach ist! Nordwärts-Sommer-Akademie nennt sich das neue Angebot der städtischen Koordinierungsstelle des Dekaden-Projektes, das sich alljährlich mit neuen Themen auseinander setzen wird.

Studenten der Architektur, Raumplanung und Kunst, aber auch Profis und Interessierte waren eingeladen, markante Orte, zumeist ehemalige Industriebauten in der Nordstadt und den nördlichen Stadtbezirken zu betrachten und Ideen für ihre Zukunft zu entwickeln. Dem entspricht das Motto „Möglichkeits(t)räume“. Zwei Tage, Donnerstag und Freitag, standen im Veranstaltungsort Big Tipi für Vorträge und praktische Arbeit zur Verfügung. Den ersten Nachmittag verbrachten die Teilnehmer im roten Dortmund-Doppeldecker-Bus. Die fünfstündige Fahrt begann und endete in zentrumsnahen Bereichen der Nordstadt; dazwischen lagen entfernte Stationen im äußersten Westen wie Martens Ortskern und das Lanstroper Ei im Osten.

Entwicklung wird Zeit brauchen – und Geld

Das alte Ruhrgebiet lebt am Kraftwerk Knepper weiter.

Das alte Ruhrgebiet lebt am Kraftwerk Knepper weiter.

Als Mengedes Möglichkeits(t)raum wurde das ehemalige Kraftwerk Gustav Knepper vorgeschlagen. Es wurde vor knapp eindreiviertel Jahren stillgelegt. Stadtdezernent Ludger Wilde, der den ersten Teil der Fahrt begleitete, stellte die Besonderheiten des Projektes vor. Die 59,4 Hektar Gesamtfläche liegen zu zwei Drittel auf Dortmunder, zu einem Drittel auf Castrop-Rauxeler Gebiet. Das eigentliche Kraftwerksgelände befinde sich vorwiegend auf dem Boden der Nachbarstadt, so Wilde. Beide Gemeinden einigten sich darauf, die Grundstücke komplett gemeinsam als interkommunales Gewerbegebiet zu entwickeln. Damit werden Dortmund und Castrop jeweils 50 Prozent der Fläche angerechnet.

Die 7,3 Hektar mit Kühlturm, Schornstein und anderen Bauten sind im Castroper Flächennutzungsplan als nutzbar für technische Ver- und Entsorgung, Elektrizität bzw. Fernwärme dargestellt. Ein kleiner Bereich wird landwirtschaftlich bearbeitet. Auf Dortmunder Gebiet ist für den östlichen Bereich auf 15,7 Hektar Industrienutzung, auf 7,6 Hektar Gewerbeansiedlung möglich, jeweils im 24-Stunden-Betrieb. Für den Löwenanteil der Fläche, nämlich 36,1 Hektar, ist noch nichts festgelegt.

Den Standort schnell zu entwickeln, scheint fraglich. Ludger Wilde hält es für wahrscheinlich, dass im Gebäudebereich mit Bodenverunreinigungen zu rechnen ist. Abrisskosten und Aufbereitung des Geländes seien einzukalkulieren. Außerdem müsse eine direkte Verkehrsverbindung zum nahen Autobahnkreuz Castrop-Rauxel-Ost gebaut werden – um die Wohnsiedlungen in der Nachbarschaft zu umgehen.

Energie-Denkmal im Grünen beschwört Geist des Ortes

Zum Abreißen zu schade ? Vielleicht fällt jemandem Besseres ein.

Zum Abreißen zu schade ? Vielleicht fällt jemandem Besseres ein.

Was macht das frühere Kraftwerksgelände mitten zwischen alten Wohnsiedlungen,Wiesen und einzelnen Bauernhöfen nach Ansicht der Nordwärts-Koordinierer zu einem Möglichkeits(t)raum ?

Energie zu liefern – das war lange Zeit der Geist dieses Ortes. Warum nicht neue Wege in dieser Tradition suchen, zum Beispiel als „Urban Energy District“? Dahinter verbirgt sich die Idee eines energieautarken Gewerbegebietes, das die Energie für den eigenen Verbrauch selbst herstellt.

Passend dazu das imposante Ensemble aus Kühlturm und Schornstein, das „eine weithin sichtbare Landmarke des Bezirks Mengede“ darstelle. Die Kühlturm-Außenwand könne, so eine weitere Idee, zum vertikalen Garten umgestaltet werden. Im Rahmen von Nordwärts wurde auch die nähere Umgebung unter die Lupe genommen. Das Mengeder „Meer“, die Auenlandschaft des Regenrückhaltebeckens, solle ein adäquates Umfeld erhalten, der Hof Emschertal als Pausenstation auf dem Emscherweg genutzt werden.

Kaum stillgelegt, schon ein großer Interessent

Eine Industriebrache, die viele Möglichkeiten bietet.

Eine Industriebrache, die viele Möglichkeiten bietet.

In der Tat hatte sich bereits im letzten Winter ein Groß-Investor, die Metro, für das Gelände interessiert, um hier ein zentrales Logistik-Zentrum zu eröffnen, das von Dortmund aus konzerneigene Märkte beliefern sollte. Dafür werden vier kleinere Standorte in Essen, Frechen, Kamen und Unna geschlossen. Die Verhandlungen seien gescheitert, weil das Gelände nicht schnell genug herzurichten, der Aufwand zu hoch gewesen sei, berichtete Wilde. Stattdessen entschied die Metro sich für Marl.

Kneppers Möglichkeiten konnten die jungen und älteren Ideenproduzenten der Nordwärts-Sommer-Akademie nicht dazu verlocken, sich darüber Gedanken zu machen. Das widerfuhr auch anderen Gebieten in den Außenbezirken wie Martens Ortsmittelpunkt „In der Meile“ oder dem Evinger Platz. Stattdessen fokussierten die Studierenden vor allem zentrale Bereiche. Die Nordseite des Hauptbahnhofs fanden gleich mehrere Gruppen arg verbesserungswürdig und legten vorläufige Entwürfe vor; auch Borsigplatz und Speicherstraße im Hafen sorgten für Inspiration. Den Dortmund-Ems-Kanal als Freizeit-Verbindungsachse vom Hafen bis zur Stadtgrenze zu entwickeln, war ein weiterer Vorschlag.

Eigentlich war vorgesehen, bereits am Freitag die besten Ideen zu prämieren, doch die Zahl und Qualität der schnellen Entwürfe ließ das Nordwärts-Team anders entscheiden. Die Sommerakademie-Teilnehmer haben noch den Herbst über Zeit, ihre Vorschläge auszuarbeiten und dann vorzulegen.

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