Goldener Oktober lockte Publikum in Botanischen Garten
Allem Spaß am Digitalen zum Trotz: Dass die echte Welt nichts an Anziehungskraft eingebüßt hat, zeigte sich am letzten Sonntag im Rombergpark. Das Kastanienfest lockte erneut Tausende nach Brünninghausen. Die Nummernschilder der Autos verrieten: Besuch gab es aus dem ganzen Ruhrgebiet. Der goldene Oktobertag mag eine Rolle gespielt haben, kein Zweifel. Und das, obwohl es im Botanischen Garten gar nicht so viele echte Kastanienbäume gibt. Einer ist am Rande des Parks neben dem Eingang zum Zoo zu entdecken.

Viele spitze Stacheln sitzen auf der Schale der echten Kastanie. Hier zwei gerade abgefallene Samen im Schlosspark Bodelschwingh.
Heute existieren rund 1000 Zuchtsorten der seit Jahrtausenden kultivierten Edel- oder Esskastanie. Der wärmeliebende Baum ist in Deutschland vor allem im Weinbauklima verbreitet und bildet im mediterranen Hinterland Südeuropas auf Böden mit wenig Kalkgehalt dichte Wälder. Sein Holz lässt sich gut verarbeiten – für hochwertige Möbel z. B. Die Wildform der Art, deren mehlige Früchte vielseitig verwendbar sind und früher den Spitznamen „Das Brot der Armen“ trugen, ist viel zu groß für den Garten. Die Früchte sind relativ klein. Aber es gibt längst Kultursorten wie Belle epine oder Doree de Lyon, die nur sechs bis acht Meter hoch wachsen. Außerdem sind die Früchte, die man auch Maronen nennt, bei den kultivierten Sorten größer.
Allerdings muss man bedenken, dass die Bäume nur dann gut tragen, wenn ein zweiter in der Nähe vorhanden ist. Wer sich nicht mit einem Nachbarn verständigen kann, hat jedoch heute selbst in der Reihenhaussiedlung die Chance auf Maronenernte: Inzwischen werden veredelte Zwergbäumchen mit jeweils zwei Kultursorten auf einem Stamm angeboten. Da ist die Befruchtung auf jeden Fall gewährleistet.
Edel- und Rosskastanie – ähnlich, aber nicht verwandt

Die junge Rosskastanie in Bodelschwingh, nahe der alten Edelkastanie, hat bereits die ersten Früchte abgeworfen, nicht essbar, aber als Waschmittel geeignet.
Bisher sind echte, essbare Kastanien in Deutschland nicht so häufig zu finden. Was hierzulande Kastanien genannt wird und weit verbreitet ist, ist eine ganz andere Art – die Rosskastanie. Dass die populären Namen der beiden gleich sind, mag an der stacheligen Außenhülle der Früchte liegen, die beide aufweisen und einer gewissen Ähnlichkeit des Samens selbst. Im Übrigen sind die zwei, Edel- und Rosskastanie, nicht näher miteinander verwandt. Die botanisch korrekten Namen Aesculus (Rosskastanie) und Castanea (Esskastanie) weisen darauf hin; außerdem gehört die Erste zu den Seifenbaumgewächsen, die Zweite zur Familie der Buchenartigen. Die mit ihren roten oder weißen Blütenkerzen im Frühjahr besonders dekorative Rosskastanie, die deswegen gern als Ziergehölz in Parks, aber auch als Alleebaum verwendet wird, liefert keine für Menschen genießbaren Früchte. Pferde, Hirsche und Rehe vertragen und mögen sie aber. Auch von der Rosskastanie existieren Zwergformen, die für Gärten geeignet sind.

Mächtige Ausmaße haben Stamm und Krone der alten Kastanie in Bodelschwingh. Fotos: M. Zybon-Biermann
Diesen Unterschied konnte man sich am Wochenende am Stand der Freunde und Förderer des Botanischen Gartens erklären lassen. Und dort bekam man auch Hinweise, wie sich die frischen Maronen, die es bereits zu kaufen gibt, zubereiten lassen. Sie eignen sich sowohl für süße als auch für salzige Zubereitungen, zum Backen wie auch in Schmorgerichten. In Südfrankreich z. B. isst man gern gebratenes Perlhuhn mit Kastanien.
Übrigens – auch wenn man die Rosskastanie nicht essen kann – man kann weit mehr aus den kleinen braunen Kugeln machen als mit Kindern Männchen zu basteln. Wie alle Seifenbaumgewächse enthält der Aesculus-Samen Saponine, also waschaktive Substanzen. Damit lassen sich umweltschonende und hautfreundliche Waschlotionen herstellen – für die Wäsche – aber auch Shampoo für die Haare. Man ist also für Versuche, Öko-Pflegemittel selbst herzustellen, nicht auf Waschnüsse aus Indien angewiesen, die es schon länger hierzulande zu kaufen gibt. Anleitungen zur Herstellung von Waschmitteln aus zerschnittenen Rosskastaniensamen findet man im Internet.
Ein besonders altes und mächtiges Beispiel für eine Edelkastanie, klassifiziert als Naturdenkmal, kann man sich in Bodelschwingh im öffentlich zugänglichen Teil des Schlossparks ansehen. Sie trägt in diesem Jahr – nach dem heißen Sommer – besonders reichlich Früchte. Nur einen Steinwurf entfernt wurde vor Jahren eine junge Rosskastanie gepflanzt, gestiftet vom Heimatverein. Sie wächst nahe der Stelle, auf der früher ein riesiges, uraltes Exemplar der selben Art stand.
Im jungen Heimatwald am Rande des Mengeder Volksgartens wächst übrigens auch eine Castanea – gestiftet von Mengede InTakt…