AfD: zehn Prozent
Ein Kolumne von Peter Grohmann
KONTEXT:Wochenzeitung vom 20.1.2016
Zehn Prozent reichen immer – das sind in diesem Falle die rund eine Million Menschen in Baden-Württemberg, die nicht richtig lesen und schreiben können. Sie fallen als Kontext-LeserIn vermutlich eher aus, sind aber wahlberechtigt. Ihre (überwindbaren) Schwächen würden allerdings ausreichen, AfD zu wählen.
Bei drei Buchstaben kann man nicht wissen, was damit gemeint ist. Da wiederum unterscheiden sie sich kaum vom Großteil der restlichen Wahlberechtigten. So mancher Gläubige geht davon aus, dass uns Minischterpräsient Winfried Kretschmann direkt vom lieben Gott geschickt wurde und dass er uns auf ewig bleibt – wenigstens für die nächste Wahlperiode.
Nun macht solchen Leuten sowohl die Prophetie und die Demoskopie einen Strich durch die Rechnung. Hochstapler sind nämlich felsenfest davon überzeugt, dass der nächste Minischterpräsident nicht Winfried, sondern Guido heißen wird. Die AfD ist dabei.
Unsereins würde sich, so Gott will, nein, nicht den Kommunismus, aber eine gut funktionierende Demokratie wünschen, eine starke Opposition und dass die Parteien (neben uns) endlich etwas mehr an der Weiter- und Willensbildung des Volkes mitwirken.
Meine Wahlwünsche: das Recht auf Widerstand gegen alle, die lieber heute als morgen die Verfassung aushebeln würden (Art. 20 GG), schöne Namensschildle für die Polizei, Wasserwerfer ohne chemische Zusätze, die Verankerung von Kinderrechten, Nächstenliebe – was willste mehr? Und als Zugabe: Das Land Baden-Württemberg ist ein republikanischer, demokratischer und sozialer Rechtsstaat.
Bunt sollt er sein, wie gefordert:
Dem landesweiten Ruf von 100 Massenorganisationen für ein farbenfrohes Land, für Solidarität mit den Flüchtlingen folgten am 16. Januar vielleicht 5000 Menschen (Polizei: 7000). Gerufen hatte – von der Linken über die CDU, von den Arbeitgebern über Kirchen, Regierungsparteien, von Rüstungsfreunden bis hin zu Leuten, die lieber ohne Rüstung leben würden – alles, was Rang und Namen hatte. Das Ergebnis war nicht eben erhebend – die Fünfprozenthürde für Menschenwürde ist so nicht zu schaffen.
Bemerkenswert am Rande: Ein Zitat von Henry Ford, von der Bühne herunter. Ja ja, die Vergesslichkeit: Fords deutsche Belegschaft bestand seit 1943 zur Hälfte aus Zwangsarbeitern. Für seine Arbeiter in den USA schuf Ford eine Art Privatarmee, die die Arbeiter bespitzelte und Gewerkschafter zusammenschlug. Aber richtig zugeschlagen hatte Ford schon früher mit seinem Buch “Der internationale Jude”. Das steht heute noch bei Pegida und dem deutschen rechten Sektor hoch im Kurs.