Zurück in die Steinzeit 

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Steinwüsten erobern auch in Mengede zunehmend die Vorgärten

Wildbiene

Vorbemerkungen:
Über das Thema „Steinwüsten als Vorgarten“ wurde auf MENGEDE:InTakt! wiederholt berichtet; vgl. z.B. die Beiträge von Monika Zybon-Biermann vom 21.9.16 bzw. vom 7.12.18. Der vorliegende Beitrag von Diethelm Textoris ist nach intensiven Gesprächen entstanden, die der Verfasser mit dem Naturkundler Jochen Heinrich aus Niederaden geführt hat. Jochen Heinrich verdanken wir auch die Fotos zum folgenden Beitrag. (K.N.)

Zu dem Trend, auf eine Bepflanzung der Vorgärten weitgehend zu verzichten, und stattdessen Steingärten mit einer Minimalbepflanzung anzulegen, hat Jochen Heinrich aus Niederaden, der als Naturexperte häufig die Wanderungen des Mengeder Heimatvereins begleitet, eine eindeutige Meinung:

Tagpfauenauge

„Die toten Gartenflächen tragen zum großen Insektensterben von Bienen, Hummeln, Käfern, Schmetterlingen u.a. bei. Selbst eine Rasenfläche bietet Vögeln und Insekten Nahrung etwa durch Würmer und Ameisen.“ Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) stellt in einer Veröffentlichung auch die Klimaschädlichkeit dieses Trend heraus: „Grünflächen liefern saubere, frische Luft. Kies- und Steinflächen heizen sich dagegen stärker auf, speichern Wärme und strahlen sie wieder ab. Für das Stadtklima wird die Zunahme an Kies- und Steingärten zum Problem, vor allem, wenn zusätzlich notwendige Kaltluftschneisen durch neue Bebauungen wegfallen.“

Gefleckter Schmalbock

Arbeitsersparnis ist nur ein Scheinargument
Als Motiv wird neben fragwürdigen ästhetischen Begründungen immer wieder eine Arbeitsersparnis  genannt. Diese Ansicht wird auch von Garten und Landschaftsbetrieben verbreitet, obwohl die es eigentlich besser wissen müssten. Das legt den Verdacht nahe, dass es diesen Unternehmen vor allen Dingen um den Profit bei den Gartenumgestaltungen geht. Auch hier wiedersprechen die Naturexperten: „Wer seinen Garten mit Steinen abdeckt und ein Vlies unter die Steinschicht legt, erwartet wenig Arbeit, da Rasenmähen, Gießen und Unkraut jäten wegfallen sollen. Doch auch im Steingarten gibt es immer etwas zu tun. Blätter fallen auf die steinernen Flächen und müssen abgesammelt werden, denn sonst siedeln sich in den Steinfugen Gräser und Pflanzen an. Ebenso bildet sich Moos auf den Steinen, wenn diese nicht regelmäßig gereinigt werden. Ein naturnaher Garten würde genauso viel oder weniger Arbeit machen.“

Singdrossel fängt einen Regenwurm

Erschrecken und vielleicht ein Hoffnungsschimmer- die Steinwüste an der Straße „Am Amtshaus“
Wer, wie ich, im Stadtbezirk Mengede täglich zu Fuß unterwegs ist, wird schnell feststellen, dass auch bei uns  viele Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer sich dafür entschieden haben, ihre Vorgärten und Seitenzugänge zu den Häusern mit Tonnen von Kies und Gestein zuschütten zu lassen, mit  nur wenig Bepflanzung dazwischen. Häufig werden hierbei zudem nichtheimische Pflanzen bevorzugt, die sich außerhalb des Gartens ausbreiten und die heimischen Pflanzen verdrängen und hiesigen Tieren kaum oder gar keine Nahrung bieten. Zudem stammen die Steine meist nicht aus hiesigen Steinbrüchen, sondern überwiegend aus China oder Indien, wo oft auch Kinder schwer schuften müssen. Alle genannten Erkenntnisse müssten auch den Städteplanern und Architekten vorliegen. Vielleicht wird sich mancher Passant im Augenblick darüber wundern, dass sich bei dem Neubau auf der Ecke Bürenstraße 2 und Amtshaus 17  nach dem augenblicklichen Eindruck eine solche Steinwüste abzeichnet. Aussparungen in der Mitte lassen darauf schließen, dass es auch eine Bepflanzung geben wird. Befürchtet wird aber, dass es, wie, oben beschrieben, eine Alibibepflanzung ohne ausreichenden ökologischen Nutzen werden könnte.  

Nebelkrähe sucht Nahrung im giftigen Abwasser.

Diese Befürchtungen hatte auch Werner Locker, der als besorgter Mengeder zur Tat schritt und den Architekten anrief. Locker: „Das Gespräch mit ihm lässt hoffen. Zunächst war er davon angetan, dass ein Mitbürger sich direkt an ihn wendete. Er hat sich meine Einwendungen angehört und es besteht die Hoffnung, dass sich noch etwas ändern wird.“ Es bleibt also abzuwarten, ob diese Hoffnung berechtigt ist. Rein rechtlich ist allerdings nicht viel zu machen, denn der Bebauungsplan wurde erstellt, bevor die neue Sensibilität bei den städtischen Behörden vorlag. Locker appelliert deshalb an die Einsicht: „ Die Bewohner, die dort eine Wohnung erworben haben, gehören wohl nicht zu den Armen im Stadtbezirk. Sie sind finanziell sicher auch in der Lage, eine Umlage für regelmäßige Pflege durch einen Gärtner bezahlen zu können.“ Vielleicht gibt es ja auch eine Kompromissmöglichkeit. 

Neubau Ecke Bürenstraße 2 und Amtshaus 17

Das könnte z.B. ein echter Steingarten sein. Eine solche Unterscheidung vertritt der Nabu: „Es ist durchaus zwischen echten Steingärten und den neuen Steingärten (Steinwüsten) zu unterscheiden. So haben Steingärten bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts in die Gartenkultur Eingang gefunden. Zweck des Steingartens ist es, unter Verwendung von Kies, Steinen oder Splitt, einen optimalen Standort für Pflanzen aus der Gebirgsflora oder für trockenheitsverträgliche Pflanzen herzustellen. Ein vielfältig gestalteter Steingarten kann daher durchaus auch artenreich sein.“ Vielleicht kann das auch eine Anregung für andere Vorgartenbesitzer in Mengede sein. Der eingangs zitierte Naturkundler Jochen Heinrich meint allerdings. „Besser ist natürlich ein Garten mit blühenden Pflanzen, wo Arten zu beobachten sind, die auf den Fotos abgebildet sind. Doch leider ist es so, dass sich immer mehr Vögel von vergifteten Rückständen aus Abwasserschächten ernähren müssen.“

Hinweis: Zur Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken.

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