„Vom Rande aus“ erzählt von Orten im Ruhrgebiet, die selten im Mittelpunkt stehen – und doch voller Erinnerungen, Stimmen und Brüche sind. „Vom Rande aus lässt sich vieles besser beobachten und einschätzen. Am Rande sein, bedeutet aber eben auch, weder hier noch dort zu sein“, sagt die Bochumer Autorin und Literaturwissenschaftlerin Esra Canpalat. Ihre Texte machen spürbar, wie es ist, zwischen Sprachen, Geschichten und Zugehörigkeiten zu leben.
Zusammen mit 13 Arbeiten des Duisburger Fotografen Fatih Kurçeren entsteht ein vielschichtiges Porträt des Postmigrantischen – eine Kartografie der Ränder, in der Risse, Übergänge und Verschiebungen sichtbar werden.
Esra Canpalat und Fatih Kurçeren haben sich im Auftrag von Interkultur Ruhr auf eine Reise an die Ränder des Ruhrgebiets begeben, woraus eine sechsteilige Kolumne entstanden ist. Für die Ausstellung, die nun vom 24. Oktober bis 18. Januar 2026 im STADT_RAUM im Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu sehen ist, wurde die Kolumne um Tonaufnahmen der von Esra Canpalat auf Deutsch und Türkisch eingelesenen Texte ergänzt. Ein Klangstück der Foley-Künstlerin, Sounddesignerin und Filmwissenschaftlerin Simone Nowicki macht die Stimme Esra Canpalats in besonderer Weise erfahrbar und öffnet einen Raum, in dem Klang, Text und Erinnerung ineinandergreifen.
Der Eintritt ist frei.
Die Ausstellung ist eine Kooperation von STADT_RAUM im MKK und Interkultur Ruhr/Regionalverband Ruhr. Sie wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Interkultur Ruhr ist ein Projekt des Regionalverbands Ruhr und des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Regionalen Kulturstrategie Ruhr.
Eröffnungsveranstaltung
Die Eröffnung am 23. Oktober, 18 Uhr, moderiert die (Foto-)Künstlerin und Autorin Aslı Özdemir. Bass_esa begleitet den Abend mit einem DJ-Set. Zugleich findet das Book Release der im Strzelecki Verlag erschienenen Projektpublikation statt.
STADT_RAUM
Museum für Kunst und Kulturgeschichte
Hansastraße 3, 44137 Dortmund
Öffnungszeiten
Mi, Do: 11 – 20 Uhr
Fr, Sa, So: 11 – 18 Uhr
Die Künstler*innen
Esra Canpalat studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Aus einer antirassistischen, transkulturellen und feministischen Position heraus schreibt sie Erzählungen, Essays, wissenschaftliche Artikel und Texte zu Kunst- und Kulturvermittlung. Sie ist Preisträgerin des Förderpreises Ruhr 2021 und wurde im Literaturwettbewerb „60 Jahre Migration aus der Türkei – Neue Hoffnungen“ ausgezeichnet. Sie ist Teil der Redaktion von „BRACHE. Zeitung für neue Literatur aus dem Ruhrgebiet“ und arbeitet derzeit an einem Romanprojekt über postmigrantische Erinnerung und intergenerationelle Traumata.
Fatih Kurçeren studierte Germanistik in Ankara und Fotografie in Essen. In seiner fotografischen Arbeit richtet er den Blick immer wieder auf das Ruhrgebiet, das er als einen Raum begreift, in dem sich Identitäten und festgefügte soziale Strukturen auflösen. Er bewegt sich dabei in jenen Grauzonen, in denen gesellschaftliche Normen verschwimmen und sich das Innere mit dem Äußeren, das Fremde mit dem Vertrauten überlagert. Sein Fokus gilt den sozialen Brüchen und dem existenziellen Widerstand des Einzelnen innerhalb dieser Unsicherheiten.
Simone Nowicki ist Doktorandin im Graduiertenkolleg „Konfigurationen des Films“ an der Goethe-Universität Frankfurt und arbeitet als Foley-Künstlerin (Geräuschemacherin, vor allem für Film und Fernsehen). Ihre Forschung untersucht die Geschichte und Marginalisierung von Geräuschproduktion im Film mit Fokus auf Gender, Arbeitsbedingungen und Archivpraktiken. Neben wissenschaftlichen Publikationen entwickelt sie Soundinstallationen und Live-Foley-Performances, u. a. für die Arolsen Archives, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Deutsche Filminstitut & Filmmuseum und die Elbphilharmonie Hamburg. Für ihr Audiofeature „Verortung unmöglich?“, das sich mit Exilforschung durch Klang befasst, erhielt sie 2022 den Claus-Dieter-Krohn-Preis.
Aslı Özdemir (geb. 1993) studierte an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Ihre interdisziplinäre Praxis umfasst Fotografie, Video- und Toninstallationen, Literatur, Theater und Performance. Darin setzt sie sich autobiografisch mit transgenerationalen Erfahrungen auseinander und thematisiert deren Wirkung auf den Körper. Zentral sind das Oszillieren zwischen Sprachen und Sphären sowie die Sichtbarmachung der Arbeit von Frauen im Privaten. Özdemir hat deutschlandweit und international ausgestellt und kuratiert. 2022 erhielt sie den Fotopreis der Hans-und-Annemarie-Weidemann-Stiftung mit der Ausstellung „ich kann mich jetzt als akademikerin tarnen“. Arbeiten von ihr waren unter anderem im Historischen Museum Frankfurt in der Ausstellung „Stadt der Fotografinnen. 1844–2024“ zu sehen. Neben der künstlerischen Praxis tritt Aslı Özdemir in Talk-Formaten und Lesungen als Autorin, Sprecherin oder Moderatorin auf. 2024 erschien ihr Debütroman „warte ich muss das teilen“ im Rohstoff Verlag. Sie lebt in Offenbach am Main.
Bass_esa: Der syrische DJ und Kontrabassist Essa Basesa aus Witten verbindet in seinen Sets Melodic Techno und Downtempo mit traditionellen arabischen Klängen, Gesang und organischen Instrumenten. So entstehen atmosphärische Klanglandschaften, die elektronische Tiefe mit kulturellen Einflüssen verweben und durch Elemente aus experimentellem Techno vervollständigt werden.