
Rotfeder
© Bernd Stemmer/EGLV
Gute Nachrichten zum „Tag der Artenvielfalt“ am Donnerstag (22.5.)

Rotfeder
© Bernd Stemmer/EGLV
Die nun in der Emscher nachgewiesene Rotfeder ist ein Süßwasserfisch aus der Familie der Weißfische (Leuciscidae). Sie hat einen hochrückigen und kompakten Körper, mit hellrot bis kräftig rot gefärbten Flossen – daher auch der Name Rotfeder. Die Färbung der Schuppen ist grausilbrig bis messingfarben glänzend. In der Regel erlangt die Rotfeder eine Größe von 20 bis 30 cm, ganz selten auch schon einmal bis zu 40 cm. In Europa reicht die Verbreitung dieses Schwarmfisches vom Ural bis zu den Pyrenäen. Der übliche Lebensraum der Rotfeder, die sich von weichblättrigen Unterwasserpflanzen, Algen und Kleinlebewesen ernährt, sind stehende oder langsam fließende Gewässer mit Pflanzenbewuchs.
„Der wiederholte Nachweis der Rotfeder in der Emscher unterstreicht den Erfolg unserer Renaturierungsmaßnahmen am einst dreckigsten Fluss Europas“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. Kaum ein anderer Fluss blickt auf eine so abwechslungsreiche Geschichte zurück wie die Emscher: Vom einst fischreichen Tieflandfluss entwickelte sie sich zum Abwasserkanal eines der am dichtesten besiedelten industriellen Ballungsräume Europas. Als 1899 die Emschergenossenschaft gegründet wurde, war die Emscher ein biologisch toter Fluss – und blieb dies über 100 Jahre lang. Erst der Emscher-Umbau und die Umgestaltung zahlreicher ehemals offener Schmutzwasserläufe zu naturnahen Fließgewässern hauchte der Emscher neues Leben ein.
1991, nach der Nordwanderung des Bergbaus und der damit verbundenen Möglichkeit zum Bau unterirdischer Abwasserkanäle, wurde der Emscher-Umbau beschlossen. 1992 begann das Generationenprojekt, in das die Emschergenossenschaft über einen Zeitraum von genau 30 Jahren 5,5 Milliarden Euro investierte. Ende 2021 wurde die Abwasserfreiheit in der gesamten Emscher erreicht – zuvor waren dafür über 430 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt worden, teilweise in Tiefenlagen von rund 40 Metern. Zudem entstanden vier moderne Großkläranlagen in Dortmund, Bottrop, Dinslaken und Duisburg. Positive Nachrichten aus der Emscher-Fischwelt konnte die Emschergenossenschaft bereits im vergangenen Sommer vermelden: Mehr als 30 verschiedene Fischarten – darunter der Döbel, der Flussbarsch und das Rotauge – waren bereits in der Emscher und ihren Nebenläufen festgestellt worden. Das blaugrüne Leben kehrt in die frühere „Köttelbecke“ zurück!
„Reisefreiheit für Fische“
Wie die Fische ihren Weg in das Emscher-System im Einzelnen gefunden haben, ist auch für die Emschergenossenschaft nicht immer leicht nachzuvollziehen. Einen wesentlichen Beitrag stellt jedoch die Renaturierung der Emscher-Mündung und die Herstellung der Durchgängigkeit in den Rhein dar – über die von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderte „Reisefreiheit für Fische“ besteht nun Anschluss an den Rhein aber auch an weitere Fließgewässer-Systeme: So sind Rhein, Main und Donau heute über einen Schifffahrtskanal bis in den Schwarzmeerraum untereinander verbunden, von wo aus sich unter anderem auch die Marmorierte Grundel und die Schwarzmund-Grundel mit erstaunlicher Schnelligkeit über ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet hinaus in den Rhein und nun auch bis in die Emscher ausbreiten konnten.
Aber bereits auch vor dem Bau der neuen Emscher-Mündung konnten in den Nebenläufen und im Oberlauf der Emscher einige Fischansiedlungen beobachtet werden. Hier können die Fische aus den wenigen naturnahen Oberläufen, aus den Stillgewässern der Parkanlagen oder Gräften im Revier ihren Weg in die Emscher-Gewässer gefunden haben. Oftmals haben aber auch Menschen ihre Hände im Spiel. So gelangen mancherorts Fische durch illegales Angeln in die Emscher-Gewässer, wenn zum Beispiel Köderfische verwendet werden und übrig gebliebenen Fische in die Gewässer entlassen werden. Sogar aus Aquarien oder Gartenteichanlagen gelangen die Wasserbewohner ins Emscher-System, wenn Menschen sich etwa ihrer Fische „entledigen“ wollen, indem sie sie einfach in die Freiheit entlassen. „Nur mit viel Glück haben diese unbedachten Aussetzungen in der Folge keine negativen Auswirkungen auf unsere Fischbestände. Manchmal aber können die unerlaubt besetzten Fische unsere heimischen Ökosysteme auch ordentlich durcheinanderbringen und sich im schlimmsten Fall unkontrolliert weiter ausbreiten“, sagt Dr. Frank Obenaus, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft.
Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft wurde am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden in Zusammenarbeit mit den Kommunen über 360 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen.