Retentionsbodenfilter: In Bochum, Herne und Bottrop sind drei dieser besonderen Anlagen aktuell in Bau
Nach der Ende 2021 erreichten Abwasserfreiheit in der Emscher und in ihren Nebenläufen rückt die Einleitung von sogenanntem „nicht-klärpflichtigem Mischwasser“ in die Gewässer in den Fokus. Nicht-klärpflichtig heißt nur bedingt „nicht-schädlich“, weshalb jede Einleitung genehmigungspflichtig ist. Noch sind nicht alle Gewässer im Emscher-System renaturiert und können daher noch nicht ihr volles ökologisches Potenzial erreichen. Um dennoch Einleitungen zu ermöglichen, hat das Land Nordrhein-Westfalen bereits 2018 mit der Emschergenossenschaft die „Emscher-Vereinbarung“ unterzeichnet. Darin wurden unter anderem fünf Retentionsbodenfilter als sogenannte No-Regret-Maßnahmen vereinbart – also Maßnahmen, die in jedem Fall einen erheblichen Nutzen mit sich bringen. Drei dieser RBF sind inzwischen im Bau.
Am Hüller Bach entstehen gleich zwei Retentionsbodenfilter. Auf Bochumer Stadtgebiet ist bereits seit Sommer 2024 der RBF „An den Klärbrunnen“ direkt an der Stadtgrenze zu Herne im Bau. Im März dieses Jahres erfolgte der Spatenstich für einen weiteren RBF an der Hofstraße in Herne. Der dritte Bodenfilter entsteht zurzeit in Bottrop an der Straße „Im Gewerbepark“ nahe dem Pelkumer Feld. „Ausschlaggebend für die Standortwahl, die gemeinsam mit dem Land NRW getroffen wurde, war die Frage, wie oft und wie viel Mischwasser in die Gewässer eingeleitet wird. Der Hüller Bach und die Boye sind die größten Nebenläufe der Emscher und haben jeweils ein großes Einzugsgebiet, das großflächig versiegelt ist, sodass viel Regenwasser in die Kanalisation gelangt“, sagt Dr. Frank Dudda, Vorsitzender des Genossenschaftsrates der Emschergenossenschaft und Oberbürgermeister der Emscher-Kommune Herne.
So funktioniert ein Retentionsbodenfilter
RBF sind an eine Mischwasser-Behandlungsanlage angeschlossen. In dieser wird bei starken Niederschlägen das Gemisch aus Regen- und Schmutzwasser beruhigt, sodass sich die Feststoffe absetzen und von dort in die Kläranlage geleitet werden. Zurück bleibt der nicht-klärpflichtige, stark verdünnte Mischwasseranteil. Ist die Speicherkapazität der Anlage erreicht, wird dieses Wasser in das Gewässer eingeleitet. An dieser Stelle wird der Retentionsbodenfilter zwischengeschaltet. „Das abgeschlagene Wasser durchlauft dabei zunächst Filterschichten aus Sand- und Kies, die in Kombination mit einer Schilfbepflanzung für eine effiziente Reinigung sorgen. Dabei werden feine Schmutzpartikel sowie daran gebundene Stoffe nahezu vollständig zurückgehalten“, sagt Dr. Frank Obenaus, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft.
Der Filter an der Boye ist der größte der drei: 9.000 Quadratmeter wird er umfassen. Der RBF in Bochum wird 7200 Quadratmeter haben, die Anlage in Herne 3700 Quadratmeter. Von außen ist später für die Betrachter*innen lediglich eine große, mit grünem Schilf bewachsene Fläche sichtbar. Wenig erahnen lässt sich, welch wichtige Funktion die Retentionsbodenfilter erfüllen. „Durch den Einsatz dieser nachhaltigen Technologie wird die natürliche Regeneration der ehemals offenen Schmutzwasserläufe entscheidend unterstützt. Und auch für die Menschen machen sich die RBF positiv bemerkbar. Sie bedeuten weniger unangenehme Geruchsemissionen und mehr Wohn- und Aufenthaltsqualität. Das ist ein erheblicher Mehrwert-Effekt“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.
Die Baukosten für das RBF „An den Klärbrunnen* werden voraussichtlich 15 Millionen Euro betragen. Beim RBF Hofstraße sind es rund 6,1 Millionen Euro. Und an der Boye, wo zusätzlich auch ein Pumpwerk gebaut wird, um das gefilterte Wasser in den Fluss zu heben, belaufen sich die Kosten auf rund 16,5 Millionen Euro. Alle RBF sollen planmäßig Mitte 2027 fertiggestellt sein. Parallel dazu laufen bereits die Planungen für zwei weitere Retentionsbodenfilter: an der Emscher in Dortmund und am Landwehrbach in Castrop-Rauxel.
Emschergenossenschaft
Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden in enger Kooperation mit den kommunalen Partnern über 360 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de