Noah-Gemeinde muss sparen –
aber doch nicht so!
Ein Kommentar zur Gemeindeversammlung im Mengeder Saalbau
„Wir können nur auf die sich abzeichnenden Probleme hinweisen, die Lösung muss dann bei der Gemeinde liegen“, meinte Volker Szillat von der Haushalts- und Finanzabteilung des Kreiskirchenamts Dortmund. Zusammen mit seinem Kollegen Klaus Kolwes stellte er am letzten Montagabend bei der Gemeindeversammlung der evangelischen Noah Gemeinde im Mengeder Saalbau die Zahlen der zukünftigen Entwicklung vor. (Vgl. hierzu den ausführlichen Bericht unseres Redaktionsmitgliedes D. Textoris in MENGEDE:InTakt! vom 26.10. 2015).
Kritik an diesen Plänen hat es in der Gemeindeversammlung mehr als deutlich gegeben, denn es hat sich ja offenbar erwiesen, dass die Zusammenlegung der Einzelgemeinden vor Jahren nicht die erhoffte finanzielle Wirkung gebracht hat. Wie sollte es auch. Die Einsparung von Personal – und anders kann dieser Zusammenschluss nicht verstanden werden – bringt nur dann den gewünschten Erfolg, wenn das Unternehmen das Personal durch Maschinen ersetzen kann. Doch dazu später mehr.
Zunächst muss sich die Noah-Gemeinde mit der Ankündigung auseinandersetzen, dass mit der Pensionierung von Pfarrer Thiel dessen Stelle ersatzlos gestrichen wird. Anders formuliert: Das Dienstleistungsangebot der Noah-Gemeinde wird weiter ausgedünnt. Teilnehmer der Gemeindeversammlung befürchten, dass demnächst selbst seelsorgerische Aufgaben der Pfarrer delegiert werden müssen.
Nach einigem Nachdenken ergeben sich in logischer Weiterentwicklung des von den Kirchenoberen eingeschlagenen Weges folgende Konsequenzen:
Im Laufe der nächsten 10 Jahre werden alle freiwerdenen Pfarrstellen nicht wieder besetzt – bis auf eine. Die verbliebene Stelle ist zuständig für die Betreuung des gemeindeeigenen Computer-Pools, denn in jeder Teilgemeinde gibt es drei Computer. Jeweils einer ist für die Taufen, für die Hochzeiten und für die Beerdigungen zuständig. Die Umstellung auf die Betreuung durch Computer beginnt mit dem Arbeitsbereich „Beerdigungen“. Da die übergangsweise noch tätigen Pfarrer die Gemeindemitglieder eh nicht mehr kennen und daher vermehrt zu Standardtexten übergegangen sind, ist es kostenparender und effizienter, diese Textbausteine zu programmieren und für den Computer jeweils nur die Variablen einzugeben: Name, Vorname und die guten Taten des Verstorbenen.
Die Erfahrungen in dieser Testphase „Beerdigungen“ können dann für die Weiterentwicklung der Angebotspalette auf die Arbeitsbereiche Taufen und Hochzeiten genutzt werden.
Vermutlich wird in 10 Jahren die Anzahl der Gemeindemitglieder drastisch sinken, aber das ist ja bereits in die Entwicklung “eingespeist.” Hauptsache, an der Basis wurden Stellen eingespart. Das begründet dann auch, die Gottesdienste auf zwei zentrale Noah-Veranstaltungen zu reduzieren: Eine zu Ostern und eine zu Weihnachten.
Damit hat sich auch ein weiteres Problem beinahe von alleine gelöst: Der Erhalt der Kirchen und Gemeindehäuser. Pfarrer Gerd Springer ließ in der Versammlung keine Zweifel aufkommen: „Alle Gebäude stehen auf dem Prüfstand. Extremvorschläge gehen dahin, dass 2025 der Gesamtgemeinde nur noch eine Kirche und ein Gemeindehaus zur Verfügung stehen.“
Beschwichtigend heißt es heute, das sei nur der absolute Ernstfall, der aber nicht eintreten werde. Das ist als Beruhigung gemeint, kann es aber nicht, denn in diesen Tagen erleben wir in vielen Lebenslagen dauernd Unvorstellbares.
Laut gedacht bedeutet dieser Ernstfall daher: Die Kirchen in Nette, Oestrich und Westerfilde werden so bald als möglich verkauft und – wenn nicht abgerissen – anderen Nutzungen zugeführt. Fatal ist nur: Die Gemeinden, um die es in dieser ersten Runde geht, beherbergen besondere soziale Brennpunkte. Hier wären die optische Präsenz der Kirche und eine verstärkte seelsorgerische Betreuung und Gemeindearbeit besonders angebracht.
Das bedeutet weiter: Die Gemeinden Bodelschwingh und Mengede streiten sich darum, welche eine der beiden übrig gebliebenen Kirchen behalten kann. Schlosskirche gegen St. Remigiuskirche – wer von beiden verliert, bekommt das Gemeindehaus. Absurde Vorstellung!
Auf jeden Fall sollten sich alle schon mal mit dem Gedanken vertraut machen, dass in 10 Jahren entweder in der Mengeder Kirche ein MacDonald-Feinschmecker Restaurant betrieben wird oder als Alternative dazu, dass die Schlosskirche in Bodelschwingh eine Bücherstube für den Vertrieb von Bibeln, Gesangbüchern etc. beherbergt – betrieben vom amerikanischen online-Händler Amazon.
Tröstlich auf jeden Fall die Aussicht, dass in beiden Gebäuden weiterhin kulturelle Veranstaltungen stattfinden könnten: Orgelkonzerte zum Frühstück, Musik zum Mittags- und Abendmahl oder diverse Lesungen – allerdings nicht von Personen vorgetragen, sondern von den alten Computern aus den Beständen der früheren Kirchengemeinden (Das sind die Computer, die die Pfarrer ersetzt haben, nunmehr aber nicht mehr gebraucht werden).
Und auch die Fördervereine zum Erhalt der beiden Kirchen in Mengede und Bodelschwingh könnten ihre Arbeit getrost einstellen. Die Chance, dass sich die Mühe und der Aufwand lohnt, steht 50:50. Anders formuliert, die Erlöse aus dem Verkauf der Gemeindehäuser und Kirchen kommen auf jeden Fall nicht den betroffenen Gemeinden zugute, sondern müssen „in die zweckgebundenen Rücklagen eingestellt werden und dürfen nicht in die laufenden Haushalte fließen.“
Schöne Aussichten – aber nicht unwahrscheinlich! Es sei denn, engagierte BürgerInnen aus dem Stadtbezirk Mengede treffen sich, wehren sich und lassen sich nicht weiter für dumm verkaufen.