CETA und andere Ungerechtigkeiten

Glaubwürdigkeit zurückgewonnen?

Die vergangene Woche hat für alle, die der SPD trotz allem noch zutrauen, die Verhältnisse in unserer Gesellschaft positiv verändern zu können, einen herben Rückschlag gebracht.

Erbschaftssteuer/Grundsteuer
Die Bundesrepublik bleibt was sie immer war: Ein Staat für Überpriveligierte. Hierzu schreibt die taz vom Wochenende: „Der Kapitalismus ist auf der Suche nach seinem wenn schon nicht menschlichen, dann doch vielleicht sozialdemokratischen Antlitz.

CETA
In Wolfsburg hat Anfang der Woche der Parteikonvent der SPD dem Freihandelsabkommen CETA mehrheitlich zugestimmt. Viele fragen sich, warum der Beschluss gelautet hat: „Ja, aber“, und nicht „Nein, nur wenn!“

MdB Marco Bülow (SPD) erklärt zur namentlichen Abstimmung zum geplanten Freihandelsabkommen CETA:

„Ich habe heute gegen den Antrag der großen Koalition zum geplanten Freihandelsabkommen CETA gestimmt. Mit diesem Beschluss wird CETA manifestiert. Der Bundestag stimmt damit mehrheitlich für die CETA –Unterzeichnung. Verbesserungen werden im Nachhinein kaum möglich sein.
Das ist ein großer Fehler. Ich sehe mich in meiner kritischen Haltung an der Seite der SPD-Basis. Die Ergebnisse des SPD-Konvents kann ich nicht nachvollziehen,
weil sie allen vorherigen Beschlusslagen und Grundsätzen der SPD widersprechen.”

Die Entscheidungen der letzten Woche erinnern an einen Beitrag, den Peter Grohmann – Kolumnist auch auf MENGEDE:InTakt! – in seiner im Jahr 2013 erschienen politischen Biografie „Alles Lüge außer ich“ geschrieben hat:

„Schröder wurde im selben Jahr (1998 K.N.) Bundeskanzler. Den haken wir gleich mal ab. Wollen denn die sozialdemokratischen Enttäuschungen nie ein Ende nehmen, frag ich mich? Der Basta-Kanzler hat ja seine Fraktion und die Partei so zurechtgestutzt, wie er sie brauchte. Also hat sich verstärkt, was schon vorher deutlich wurde – dass wir Politik selber machen müssen, dass es weder nützt noch hilft, die Lösung der Probleme von denen da oben zu erwarten.
Das heißt nicht, dass nicht mehr hingestanden werden muss, dass nicht mehr gefordert werden soll, nicht mehr protestiert werden darf. Aber im Hinterkopf muss die Möglichkeit des Scheiterns bleiben, die Gewissheit, dass – wenn auf die da oben schon kein Verlass ist – auf Dich und auf mich und auf Euch Verlass bleiben wird, nicht nur bis morgen, sondern für längere Zeit.“

Insoweit ist die persönliche Erklärung vom Marco Bülow zum CETA-Votum auf dem SPD-Parteikonvent wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer:

„Die Entscheidung des SPD-Parteikonvents kann ich absolut nicht nachvollziehen. Der Leitantrag benennt zwar viele kritische Punkte, zieht aber keine wirklichen Schlussfolgerungen. Viel Taktik, viele blumige Worte, aber am Ende setzt man auf Parteiräson, auf Personen und nicht auf Inhalte. Die Delegierten haben nun leider den Weg für eine Zustimmung im Ministerrat zum jetzigen Vertragstext freigemacht – damit hat die SPD jedes Pfand aus der Hand gegeben, um CETA wirklich zu verbessern.
Der Leitantrag benennt deutlich die Probleme, die CETA mit sich bringt, und fordert richtigerweise entscheidende Klarstellungen: Festschreibung des Vorsorgeprinzips, Sanktionsmechanismen bei Verstößen gegen Standards, Beratungscharakter der Gremien, Ausschluss von Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Dennoch wird der Vertrag nun so wie er ist Ende Oktober unterzeichnet werden. Wenn man Mängel erkennt, muss man diese mit dem Vertragspartner aus der Welt schaffen, bevor man unterschreibt. Nicht danach.
Niemand würde auf die Idee kommen, mit einem Handwerker einen Vertrag zu unterzeichnen, obwohl man weiß, wie viele Mängel seine Planung enthält. Im Nachhinein darauf zu hoffen, dass man über die eingetretenen Mängel nochmal redet und der Handwerker sie aus Kulanz behebt, ist naiv oder entspricht kühlem Kalkül.
Richtig wäre gewesen, CETA solange nicht zuzustimmen, bis alle offenen Punkte ausgehandelt sind. Nun hat die SPD die Entscheidung jedoch aus der Hand gegeben und zwar an diejenigen, die CETA wollen – an die EU-Verhandler und ein EU-Parlament, die mehrheitlich neoliberale Handelspolitik unterstützen und die Bedenken der SPD nicht teilen. Die Delegierten haben das Personal und die Stärkung des möglichen Kanzlerkandidaten über die Inhalte gestellt.
Wenn es nicht gelingt, signifikante Veränderungen zu erzielen, wird ein Abkommen in Kraft treten, welches ein Großteil der Menschen in Deutschland und der SPD Basis ablehnt. Österreichs Sozialdemokraten sprachen sich in einer Mitgliederbefragung mit 88% sehr deutlich gegen CETA aus. So ähnlich schätze ich die Stimmung auch in der SPD ein.
Ich glaube, wir hätten die österreichische Position mit einem „NEIN, so nicht!“ stärken sollen, um wirklich noch eine Chance auf Neuverhandlungen und Verbesserungen zu haben. Aber Sigmar Gabriel und die Mehrheit des Konvents wollten es nicht so. Jetzt steht der Parteivorsitzende in der Pflicht, die Änderungen auch ohne Pfand zu erreichen. Er wird sich dann an den Ergebnissen messen lassen müssen.“