Die Welt ohne uns – Erzählungen über das Zeitalter der nichtmenschlichen Akteure
Zu einer sehenswerten Ausstellung lädt der HMKV – Hartware MedienKunstVerein ins Dortmunder U ein. Titel: „Die Welt ohne uns – Erzählungen über das Zeitalter der nichtmenschlichen Akteure“. Die Ausstellung wurde am 21.10. 2016 eröffneten und dauert bis zum 5.3. 2017.
Die KünstlerInnen der Ausstellung – aus dem Iran, den USA, der Türkei, Frankreich, Kenia, Litauen, Dänemark, Norwegen, Belgien, Italien und Großbritannien – thematisieren ein Zeitalter nach dem Menschen, ein Zeitalter des Post-Anthropozäns, in dem andere ‚Lebens’-Formen – Algorithmen, KIs, künstlich erzeugte Nanopartikel, gentechnisch veränderte Mikroorganismen und aus heutiger Sicht ‚monströs’ erscheinende Pflanzen – die Macht übernommen haben.
Dieses neue Zeitalter, das bereits unmerklich begonnen hat, ist das Zeitalter der nicht-menschlichen Akteure.
Wer meint, derartige Szenarien seien noch weit weg von uns, sollte sich nur einmal vergewissern welche technischen „Errungenschaften“ heute bereits im Einsatz sind: Schätzungsweise 400.000 Drohnen wurden 2016 bislang in Deutschland verkauft; die ersten fahrbaren Autos sind im Testbetrieb unterwegs; komplizierte Operationen sind ohne Computerunterstützung kaum noch denkbar, ebenso, wie bei ärztlichen Diagnosen zunehmend Computer hinzugezogen werden; Schriftsätze selbst in Anwaltskanzleien und Berichte über Fußballspiele werden bereits selbständig von Computern erstellt; in Japan werden Computer in Altenheimen und Krankenhäusern eingesetzt, um die Patienten umzubetten bzw. zu transportieren; in Europa und in den USA wird die Mehrheit der Aktienverkäufe von Computern vorgenommen; Webseiten werden zunehmend von sog. Chatbots benutzt – das sind Rechner, die Aktivitäten und Interesse simulieren und die derzeit in Amerika beim laufenden Wahlkampf eingesetzt werden.
Daneben wird die Technisierung unseres Körpers langsam, aber spürbar voranschreiten. Technik wird sich weiter unersetzlich machen, bis hin zu einer Symbiose mit unserem Körper. Das spätestens dürfte die Frage aufwerfen, „ob man nur kranken Menschen verlorene Fähigkeiten wiedergeben oder auch komplett gesunde künstlich erweitern darf. Und diese Frage jedenfalls ist jetzt schon brennend aktuell.“ (vgl. Alexander Krützfeld: Wir sind Cyborgs – Wie uns die Technik unter die Haut geht. Aufbau Verlag 2015, s. 176)
Dr. Inke Arns – künstlerische Leiterin des HMKV – hat die Ausstellung konzipiert und kuratiert. Sie sagte in der Einführung am Eröffnungsabend u.a.:
„In einer Welt ohne uns werden Menschen von Maschinen ersetzt, Künstliche Intelligenzen von anderen KIs optimiert und Algorithmen von selbstlernenden Algorithmen programmiert. So könnte eine radikal andere, post-anthropozentrische Welt entstehen, in der sich nicht-menschliche Lebensformen unter Umständen als anpassungsfähiger erweisen als der Mensch selbst.
Schon heute steht nicht mehr nur der Mensch als autonom Handelnder im Zentrum, sondern vielmehr sind es hybride Konstellationen aus Menschen und Technologien, die zu autonom handelnden Quasi-Subjekten geworden sind. Handlungs- und Entscheidungsoptionen, die bis dato Vorrecht des Menschen bzw. Subjektes waren, werden heute zunehmend in vernetzte Maschinen und Programmierung ausgelagert. Und während die Nutzer (von Technologien) ausschließlich sich selbst als handelnde Subjekte sehen, wird es zunehmend schwieriger zu sagen, wer eigentlich handelt und die Kontrolle besitzt. Nicht nur Hollywood-Filme wie Her (USA 2013) und Fernsehserien wie Black Mirror (UK seit 2011) und Real Humans (SE 2012-13) setzten sich in den letzten Jahren mit dem Thema der Partizipation nicht- menschlicher Akteure auseinander – das Thema beschäftigt auch die zeitgenössische (Medien-)Kunst.„
Es erscheint empfehlenswert, sich für den Besuch der Ausstellung an den zahlreich angebotenen Führungen zu beteiligen, die z.B. sonn- und feiertags um 16.00 Uhr und donnerstags um 18.00 Uhr stattfinden.