Bemerkenswerte Rede von NRW-Arbeitsminister
Rainer Schmeltzer
Seit einigen Jahren ist festzustellen, dass die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai immer weniger Zulauf haben. Viele, vor allem junge Leute, machen ihren „Maigang“ und sehen den Tag als Feiertag an, an dem man kräftig feiern kann. Auch die mittleren Generationen verbringen den Tag eher im Kreis der Familie beim Grillen im heimischen Garten.
In unserer Nachbarstadt Lünen wird seit gut 20 Jahren von der Gewerkschaft und dem Kulturbüro ein Konzept angeboten, welches das eine mit dem anderen verbindet: Erst steht die Arbeit im Mittelpunkt, dann kommt das Vergnügen. Erst Maikundgebung, dann das Familienfest.
Deshalb passte in diesem Jahr das gewerkschaftliche Motto „Wir sind viele. Wir sind eins“ auch so gut zu der Veranstaltung. Trotz des trüben und kalten Wetters waren bis zum frühen Nachmittag wieder viele Besucher in den Seepark gekommen. Bei der politischen Kundgebung waren, vielleicht wegen der hochkarätigen Rednerliste, sogar mehr Zuhörer als in den Vorjahren.
Die DGB Ortsverbandsvorsitzende Martina Vogelgesang blickte in ihrer Rede auf gewerkschaftliche Erfolge zurück, auf Errungenschaften wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den Mindestlohn, die ohne den Druck von unten nie zustande gekommen wären. Sie ermahnte die Zuhörer, gerade im Wahljahr nicht auf Parolen und die vermeintlich einfachen Lösungen der Rechtspopulisten hereinzufallen.
Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns erinnerte am Tag der Arbeit auch an die 30.000 Ehrenamtlichen im Stadtbezirk, die ihre Dienste ohne Bezahlung verrichten.
In einer kämpferischen Rede warb der NRW-Minister für Arbeit, Integration und Soziales Rainer Schmeltzer für mehr Fairness, soziale Gerechtigkeit, Respekt und Toleranz. „Das ‚Wir‘ im diesjährigen Gewerkschaftsmotto steht unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sexuelle Ausrichtung.“ Er wies darauf hin, dass die 4,3 Millionen Bürger mit Migrationshintergrund seit Jahrzenten, Nachbarn, Freunde und eben auch Kolleginnen und Kollegen seien. Arbeit sei der beste Integrationsmotor. Vehement setzte er sich für Arbeitsschutz und faire Arbeitsbedingungen ein: „Solange es in unserem Land gesetzwidriges Verhalten, Ausbeutung, Lohndumping und Arbeitszeitvergehen gibt, werde ich als Arbeitsminister Schwerpunktkontrollen durchführen und mit entsprechenden Sanktionen bei denen reagieren, die Schutzrechte umgehen.“
Seine weiteren Themen waren der Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit und gegen Ausbeutung bei Leiharbeit und Werkverträgen, der Abbau von Minijobs zugunsten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und die weitere Stärkung der Mitbestimmung. Den Ausbau der Tarifbindung sah er als ein Mittel zur Zielerreichung. Als gewerkschaftlicher Politiker (früherer Gewerkschaftssekretär bei ver.di) stellte er die Bedeutung der Gewerkschaften im Rahmen der Tarifpartnerschaft für die Lösung augenblicklicher und zukünftiger Probleme heraus.
Er erinnerte an das Motto von 1965: „Samstags gehört Vati mir.“ „Ich will nicht, dass diese Plakate wieder herausgeholt werden müssen. Unser Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz. Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten dienen der Gesundheit. Es kann doch nicht sein, dass die, die Arbeit haben, rund um die Uhr zur Verfügung stehen müssen und keinen Feierabend kriegen, und die, die keine Arbeit haben, kriegen auch keine.“
Nach den Reden sorgte das DJ-Team Joe und René für stimmungsvolle Unterhaltung. „Three 4 you“ versorgten die Ohren der Zuhörer mit Rock, Pop, Schlager, Oldies bis hin zu den neusten Charts. Auch die ganz jungen Besucher hatten ihr Vergnügen bei der „Comanchi Kinderanimation“ und am Stand der evangelischen Gemeinde Horstmar Preußen. Trotz des ungemütlichen Wetter hatten Familien am Vormittag ihre Decken auf dem Rasen ausgebreitet.
Als nach 13.00 Uhr stärkerer Dauerregen einsetzte, wurde es merklich leerer auf dem Festgelände. So endete das Fest dann auch gegen 16.00 Uhr eine Stunde früher als geplant.