Eröffnung der neuen Staffel von MiA mit „The Klezmer Tunes“

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Begeisterter Applaus für Klezmer Musiker aus Köln

Wieviel Fröhlichkeit, Lebensfreude und Humor neben dem Klangerlebnis in der Musik stecken können, das erlebten die Besucher am Samstagabend beim Auftaktkonzert der 7. Staffel der Musik im Amtshaus. (MiA) Dabei zeigten die „The Klezmer Tunes“ aus Köln, dass in ihrem Namen bereits die programmatische Richtung vorgegeben ist.

Unter dem Titel „Back to Odessa“ schöpften sie aus der sprudelnden Quelle der Klezmer Musik ihre Melodien und die musikalischen Anregungen für deren Weiterentwicklung. Gleichzeitig bereicherten sie diese Musikrichtung durch Aufnahme von Elementen und Titeln von Jazz, Funk, Gypsy bis hin zum Rock’n’Roll.

„Klezmer“ war ursprünglich die Musik der jüdischen Wandermusikanten in Osteuropa, oft gar nicht aufgeschrieben, sondern von Mund zu Mund weitergegeben. „Diese Musik steht für kulturelle Vielfalt, Weltoffenheit, Toleranz und demokratische Gesinnung“, betonte die künstlerische Leiterin Elisabeth Sedlack-Zeitler, „auch wenn wir bei der Programmzusammenstellung von den Ereignissen in Chemnitz noch nichts ahnen konnten, so können wir doch an diesem Abend ein Zeichen für die angesprochenen Werte setzen.“
Sie führte aus, dass bedeutende Komponisten von dieser Art der Musik beeinflusst und geprägt wurden. Sie nannte in diesem Zusammenhang Leonard Bernstein und George Gershwin. „So ist z.B. weltberühmte „Rhapsodie in Blue“ eine Ausprägung von Klezmer.

Dem traditionellen Bereich dieser Musikrichtung widmete das Trio mit Dimitri Schenker (Klarinette und Moderation), Igor Mazritsky (Violine und „Fußschellen“) und Vadim Baev (Akkordeon) den ersten Teil ihres Programms. Die tiefe Melancholie, die häufig als Folge von Verfolgung und Diskriminierung in Klezmer steckt, klammerten sie bewusst aus und konzentrierten sie sich auf die lebenslustige Seite dieser Musik.

Igor Maritsky

Die Solisten begannen ihr Spiel im Saalhintergrund, schritten durch den engen Mitteldurchgang der vollbesetzten Stuhlreihen und setzten es auf der Bühne fort. „7.40 pm“ hieß ihr erstes Stück, und diese Uhrzeit trafen sie auf den Punkt. Dieses Lied wird zu eben dieser Zeit auf vielen jüdischen Hochzeiten gespielt, wirft aber auch inhaltlich eines Blick am die Uhrzeit am Morgen in einer erwachenden Großstadt mit Straßenbahn und beginnendem Autoverkehr. „Bei dem folgenden Lied werden Sie nicht mehr sicher sein, dass der Tango wirklich aus Südamerika kommt, er könnte seine Wurzeln auch in Odessa haben“, behauptete Violinist Igor Mazritsky augenzwinkernd.

Um das zu belegen, hatten die Musiker in „Begelah“, das Klagelied einer alten Dame, die auf dem Markt kaum etwas verkauft, den weltberühmten Tango „Jalousie“ von Jacob Gade eingeflochten. Fazit: Nicht nur Bilder und Filme lassen sich manipulieren. „So entstehen Gerüchte“, meinte eine Zuschauerin.

Humorvoll ging es weiter. Das Lied von den Zitronen enthielt nicht nur musikalische Überraschungen, es enthielt auch Wortspiele im textlichen Bereich, können „Limonchiki“ doch auch Millionen bedeuten, die unter einem Zitronenbaum vergraben und kräftig gegossen werden, damit sie sich vermehren.

Vadim Baev

Oder, wie in einer anderen Strophe, ein Loblied auf die Geschicklichkeit der Diebe in Odessa, die einen gefüllten Koffer in Sekundenschnelle verschwinden lassen können. Auf deutsch und russisch boten die Solisten das Lied vom „Armen Juden Heim“, dessen Frau immer mehr Kinder bekam und der schließlich (mit eingearbeitetem Trauermarsch) zu Grabe getragen wurde. Beim „Mitmach-Bulgar“ konnte das Publikum lautmalerisch mit „la, la, la“, „ha, ha, ha“ und sogar mit Schnarch-Geräuschen einschließlich nachal(l)tigem Pfeifen mitmachen. Mit einem „heißen Bulgar“ von Nafthule Branntwein ging es dann in die Pause.

Im zweiten Programmteil boten die Solisten dem Publikum internationale Titel im Klezmer-Sound, wobei der erste Titel „Let’s be happy“ die Richtung vorgab. Zur Abwechslung spielten sie dann auch mal einen Titel mit dem Rücken zum Publikum, „damit die Konkurrenz nicht sieht, was wir alles drauf haben“. Es gab im weiteren Programmablauf eine finnische Polka, den weltberühmten „Czardas“ von Monti, Glenn-Millers „In the Mood“, den Comanchero, „Wenn ich einmal reich wär“ bis zu Welthits wie „Bei mir biste scheen“, oft zusammengefügt in kunstvolle musikalische Kollagen. Dabei zeigten die Solisten immer wieder, wie schon im ersten Teil, ihr großes Können und ihre Virtuosität, ließen die Finger auf ihren Instrumenten tanzen, Violine und Saxophon schluchzen und vereint weinen und das Akkordeon jauchzen.

Dimitri Schenker

Ein wahrer Genuss war das Hava Nagila als Zugabe, bei dem sie schnell begannen und dann das Tempo rasant steigerten. Der begeisterte Applaus der Zuschauer forderte auch noch eine zweite Zugabe, mit der die Solisten dann die Bühne verließen und wie zum Konzertbeginn wieder durch den Mittelgang. „Alle drei waren großartig, mir gefiel aber besonders das Klarinettenspiel, weil es so ausdrucksstark war und Seelenzustände transportierte“, urteilte Besucherin Irmgard Neuvians. Andere Zuschauer hielten ihre positiven Eindrücke im Gästebuch fest: „Das war ein sehr schöner Musikabend, ein wunderschönes Erlebnis“, war eine der begeisterten Eintragungen.

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