Eiter-Euter und Mondfinsternis – Eine Kolumne von Peter Grohmann

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Eiter-Euter und Mondfinsternis

Eine Kolumne von von Peter Grohmann

KONTEXT:Wochenzeitung vom  23.01.2019

Gestern Nacht hab’ ich geträumt, in Davos sei eine Lawine ungeheuren Ausmaßes runtergegangen und hätte alles mitgerissen, aber Trump fehlte. Gewaltfantasien gegen das Weltwirtschaftsforum, das mit seinen “Bonzen im Schnee” vom 22. bis 25. Januar 2019 alpin tagt. Beim Aufwachen habe ich den Traum sofort korrigiert: Keine Toten! Nicht mal Verletzte! Aber eben ein Schock. Die Jungs und Mädels wollen deshalb nachdenken, wo sie Scheiße gebaut haben, träumte ich.

Kein Traum ist hingegen der neue Horrorbericht über den Zustand der Erde: Ein Bild aus der Hölle, verheerend wie bei Hieronymus Bosch! Aber welche Gefahren bedrohen die Hautevolee am ärgsten? Wo kommt sie ins Schwimmen? Hunderte der bedeutendsten Manager und Ökonomen meinten (nein, nicht die AfD): Der Klimawandel ist an allem schuld. Kontext hatte recht. Die Wahrscheinlichkeit von Wetterkatastrophen, Wirbelstürmen, Überschwemmungen oder Dürren wächst und wächst und wächst und die Welt pennt und pennt und pennt.

Die größte Gefahr ist immer die Dummheit, sagte meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Wenn dann noch der Einfluss der Konzerne auf Parteien, Politik, Regierungen dazukommt, ist Matthäi am Letzten. Na klar, das wissen wir doch: Der Verlust der Artenvielfalt etwa geht Monsanto am Arsch vorbei. Doch um das Maß voll zu machen: Die in Davos warnen vor Cyberangriffen, Kriegsgefahren, Geldverlusten, Bankenkrisen, Ungerechtigkeiten. Das sieht dann aus wie der Blutmond über Köpenick und entspricht den gebündelten Parteiprogrammen einer GroKo aus Grünen, Linken und SPD (genehmigt von der FDP). Gelbe Westen, rote Socken, dreimal schwarzer Kater. Es kommt halt mal wieder alles auf einmal.

In Berlin naschen sich unterdessen Gutesser durch die Grüne Woche. Am Wochenende versammelten sich allerdings in der Hauptstadt und bei Boris Palmer die Andersesser auf die Gassen. “Wir haben es satt”, sangen sie. Andere nicht, das ist das Problem. Schon Lenin fragte seine Krupskaja wieder und wieder: Was tun? Besser werden. Wir wünschen den Protestantinnen aufmerksamere Passantinnen. Kritische Menschen, denen das Smartphone nicht am Haar klebt. Gute Ideen, Besetzungen von Bahnhöfen und Börsen, Banken dann im Frühling. Mehr Radikalität. Ein Umschwenken im Alltag, beim eigenen Leben. Freundlichkeit gegenüber den Andersdenkenden. Geduld beim Argumentieren. Lust beim Streiten. Weniger Wirtschaftswachstum. Nehmt die Hunde an die Leine. Und passt auf Eure Felder auf.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit mehr als 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne. Näheres unter:https://www.kontextwochenzeitung.de/kolumne/408/eiter-euter-und-mondfinsternis-5670.html

 

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