50 Jahre domicil: MKK zeigt Jubiläumsausstellung zur Dortmunder Jazz-Geschichte

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„domicil – ein halbes Jahrhundert Forum Jazz und Creative Music in Dortmund“

Günter Maiß am Schreibtisch

Vom Keller-Club zur ersten Adresse für Jazz in der Region: Das domicil an der Hansastraße feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) präsentiert vom 5. September bis 27. Oktober 2019 eine Ausstellung, die die Arbeit des international renommierten und von Musikern aus aller Welt geschätzten Jazzclubs würdigt.
Der Eintritt zu dieser Ausstellung ist frei!

Im Mittelpunkt steht der Jazzclub selbst: Ende 1968 wurde das domicil als gemeinnütziger Verein von Jazzmusikern und -enthusiasten gegründet und Anfang 1969 ins Vereinsregister eingetragen. Das erste Konzert fand bereits am 14. März 1969 im Keller der Kindertagestätte in der Leopoldstraße statt. In dieser kurzen Zeit gelang es dem domicil, mit einer Handvoll ehrenamtlich Aktiver, wenig Geld, aber unbändigem Willen und großer Kraft einen Keller zu einem Jazzclub umzubauen und damit erstmals in Dortmund eine feste Spielstätte für Jazzmusik zu schaffen. Für viele wurde damit ein Traum wahr.

Dortmund – Metropole des Jazz

Bereits in den „goldenen 1920er-Jahren“ war die Stadt der Montanindustrie eine Metropole des Jazz. In zahlreichen Lokalitäten vor allem im heutigen Brückstraßenviertel gehörte Jazz zum festen Bestandteil des Musikprogramms. Und auch im Vergnügungspark Fredenbaum waren regemäßig Jazzkonzerte angesagt. Dazu wurde getanzt. In der Zeit des Nationalsozialismus war Jazz als entartete Musik offiziell verboten. Gleichwohl verschafften sich die Liebhaber des Jazz immer wieder Gelegenheiten, ihre Musik trotz des Verbots zu hören.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs dauerte es nur wenige Jahre, bis Jazz in Dortmund wieder salonfähig wurde. Es war vor allem der 1949 gegründete Hot-Club Dortmund, der das Jazz-Leben der Stadt prägte und viele nationale und internationale Stars nach Dortmund lockte. Seine Schließung im Mai 1962 war ein Einschnitt für den Jazz in Dortmund, bedeutete aber keineswegs sein Ende. Doch der Wunsch nach einer festen Spielstätte wurde immer lauter.

Vor allem der Journalist Werner Panke und der Lehrer Albert Schimanski kanalisierten die Interessen der Jazzmusiker und -fans, was schließlich zur Gründung des domicil-Vereins führte. Erster Vorsitzender war Glen Buschmann, damals Dozent und später Leiter der Musikschule Dortmund.

Zeitreise in die domicil-Welt

Ein großformatiger Zeitstrahl in der Ausstellung visualisiert die Anfänge des domicils vom Kellerclub und seine Entwicklung zu einer Spielstätte, die heute über die Jazzmusik hinausgeht und in den vergangenen Jahren stets zu den Top 100-Jazzclubs weltweit gekürt wurde. Die Entwicklung des domicils wird dabei mit lokalen, nationalen und internationalen Ereignissen verbunden.

Einschneidende Ereignisse in der Geschichte des domicils waren die Aufnahme des Clubs in die institutionelle Förderung der Stadt Dortmund 1998 und der Umzug 2005 in ein ehemaliges Kino mitten in die City. Die finanzielle Unterstützung durch die Stadt bot erstmals eine wirtschaftliche Planungsgröße. Mit dem Umzug beendete das domicil sein „Kellerdasein“ und verschaffte sich neue räumliche und technische Möglichkeiten.

Eindrucksvoll ist die zur zeitlichen Entwicklung laufende Aufzählung hunderter Musikerinnen und Musiker, die sich im domicil das Mikro in die Hand gaben. In Bildern und teils bislang unveröffentlichten Tondokumenten (Konzertmitschnitten, Interviews) erleben die Ausstellungsbesucher ein Stück Club- und Jazzgeschichte: Zu hören sind Chet Baker, Archie Shepp, Jimmy Giuffre, Arturo Sandoval, Joe Pass, Albert Mangelsdorff, Enrico Rava, Django Edwards, Elvin Jones, Bill Frisell, Joe Zawinul, David Murray, Robert Glasper, Kamasi Washington, Rolf & Joachim Kühn, Lizz Wright, Betty Carter, Pharoah Sanders, Vienna Art Orchestra, Hermeto Pasocal, Bill Evans, Airto, Udo Lindenberg, Allan Holdsworth, Götz Alzmann, Heinz Sauer und viele andere.

Zu den Ausstellungsobjekten gehört die ehemalige Registrierkasse des domicils, die anfangs während der Konzerte lautstark klingelte. Von rechts: MKK-Direktor Dr. Jens Stöcker, Prof. Oliver Langbein (FH Dortmund), domicil-Geschäftsführer Waldo Riedl, Udo Wagener, Michael Kalthoff-Mahnke und Günter Maiß (domicil e.V.) und Ausstellungsmacher Cornelius Uerlichs.

Mehr als Musik

Die Ausstellung verdeutlicht, was auf der Bühne unsichtbar bleibt: Das domicil war und ist ein Verein, der getragen wird vom bürgerschaftlichen Engagement seiner ehrenamtlich tätigen Mitglieder. Zwar wurde für den Veranstaltungsbetrieb und den gastronomischen Bereich eine gemeinnützige GmbH geschaffen, das Ehrenamt bleibt aber eine tragende Säule des Clubs und prägt das bunte Vereinsleben der „domicil-Familie“. Ob der Umbau des Kellers an der Leopoldstraße, der Umzug in die City oder der Alltagsbetrieb im Club: Ohne Tausende Ehrenamtsstunden, ohne den Willen und die Tatkraft seiner Mitglieder wäre das domicil in seiner bekannten Form undenkbar. Dieser Aspekt wird durch Interviews mit Ehrenamtlichen gewürdigt.

Ausstellungskonzeption

Die Ausstellungsgestaltung nimmt Bezug auf das Kerngeschäft des domicils: die Konzerte und Veranstaltungen. So dienen eine Bühne sowie Flightcases (Transportkisten für Musikerequipment) als Gestaltungselemente. Abgerundet wird die Ausstellung durch einige Hör- und Videostationen mit Musikerportraits und Konzertmitschnitten. Ehrenamtler geben Auskunft über ihre Motivation und ihren Bezug zu dieser in NRW einmaligen Kulturinstitution.

Zwei Jahre Vorbereitung

Im Oktober 2017 trafen sich Vereinsmitglieder, um über Aktivitäten im Geburtstagsjahr 2019 zu beraten. Ein illustratives Buch zur Geschichte des domicils ist bereits im März dieses Jahres erschienen (bei Klartext, Preis 24,90 EUR). Seit Frühsommer tourt ein zur mobilen Jazzbühne umgebauter Sprinter der Fachhochschule Dortmund durch Dortmunder Stadtteile und Quartiere. Die Ausstellung ist ein weiterer Höhepunkt. Das Jubiläumsjahr findet seinen krönenden Abschluss am 2. Weihnachtstag mit der traditionellen Jazzmatinee im Dortmunder Opernhaus.

Für die Ausstellung kooperieren die ehrenamtlichen Mitglieder des domicil e.V. mit Masterstudierenden im Fachbereich Design der Fachhochschule Dortmund unter der kuratorischen Leitung von Prof. Oliver Langbein und Cornelius Uerlichs. Die Texte in der Ausstellung stammen von Michael Kalthoff-Mahnke, Günter Maiß, Waldo Riedl. Die Fotos stammen von Kurt Rade, Oskar Neubauer, Mark Wohlrab, Werner Panke, Günter Maiß u.a.

Text und Fotos: Katrin Pinetzki, Pressestelle der Stadt Dortmund

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