Zum Tod von Karlheinz Bohnmann

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Nachruf auf den letzten Mengeder “Lokalreporter”

Karlheinz Bohnmann (li) mit seinem Klassenkameraden, dem Schriftsteller, Maler und Bildhauer Paul Reding.

Er war mehr als ein Lokalreporter, mehr als ein Redakteur, mehr als ein leidenschaftlicher Journalist. Er war jahrzehntelang eine Institution in Mengede und Umgebung. Am vergangenen Dienstag ist Karlheinz Bohnmann, ist unser Charly im Alter von 82 Jahren gestorben. Da er bis kurz vor seinem Lebensende schrieb, kannten ihn nicht nur die älteren Zeitungsleser. Er kannte viele Personen im Stadtbezirk, die man als engagierter Reporter kennen sollte oder solche, die man manchmal zwangsläufig kennenlernen musste.

Er kannte aber noch mehr Menschen, die man als „Menschen wie du und ich“ bezeichnet. Mit vielen pflegte er persönliche Kontakte. Wenn es noch eine Lücke im Lokalteil der „Mengeder Zeitung“ oder nach deren Ende später bei den „Ruhr Nachrichten“ gab, ging er auf den Wochenmarkt, in eines der Geschäfte, suchte Gespräche und schon hatte er seine Geschichte. Er wusste, dass man auch beim Dämmer- oder Frühschoppen Material für Artikel sammeln konnte. Aber, „ein Kneipengänger war ich nie“, verriet er mir einmal.

Doch nicht nur aus der jüngsten Vergangenheit und dem Hier und Heute holte er den Stoff für seine Artikel. Er war auch ein Kenner und wandelndes Lexikon der Mengeder Stadt(teil)-Geschichte. In früheren Jahren tauschte er sich u.a. mit dem Heimatforscher Pastor Albrecht Stenger aus. In den letzten Jahren arbeitete er eng mit dem heimatkundlich engagierten Franz-Heinrich Veuhoff zusammen. Als Vereinsmitglied schrieb er für die Blätter des Heimatvereins so manchen geschichtlichen Beitrag. Es gab kaum ein Treffen mit Charly, bei dem er nicht mindestens eine Anekdote aus früheren Zeiten oder jüngster Vergangenheit erzählte. 

Meine ersten Erinnerungen an ihn sind aus den 60-er Jahren des vergangen Jahrhunderts. Zu der Zeit brachte er seine damalige Freundin und spätere Frau jeden Morgen zum Bahnhof. Die innigen Umarmungen, die ich vom Zeitungskiosk meines Großvaters aus beobachten konnte, haben sich bei mir bis heute eingeprägt. Die nächsten Erinnerungen gehen in das Jahr 1975 zurück. Damals plante ich meine erste Alpenüberquerung und erzählte „Herrn Bohnmann“, wie ich ihn damals noch nannte, am Telefon von meinem Vorhaben. Sofort hatte ich sein journalistisches Interesse geweckt. Wenige Stunden später trafen wir uns im Garten des Verlags Arnold, ich in Wanderkluft mit Karte und Rucksack. Er schoss ein Natur-Foto von mir mit einem Strauch im Hintergrund für seinen Artikel „Mengeder wandert bis Verona“.

Als ich den Hof verließ, hatte ich den Auftrag für meine erste Reiseberichtserie. Darauf aufbauend entwickelte sich eine jahrelange Zusammenarbeit. Ich schickte ihm mehrmals jährlich aktuelle Reiseberichte von unterwegs, damals noch mit dem Füller handgeschrieben und mit Bildern, die ich vor Ort oder im Mengeder Fotohaus Wateler entwickeln ließ. Charly interessierte es nicht, dass ich der einzige lokale Bezug war und die Berichte von anderen Orten und fernen Erlebnissen handelten, auch nicht, dass die Artikel nach damaligen Maßstäben extrem lang waren. Er wusste, sie wurden gelesen, und darauf kam es ihm an. Da er unter dem Namen „Spitz“ eine Kolumne mit den „Spitzfindigkeiten der Woche“ hatte, schickte ich ihm einmal als Anerkennung  aus Spitz an der Donau einen spitzen Bleistift und einen Bleistiftanspitzer, was er dann in der genannte Kolumne erwähnte.

Charly war ein Journalist der alten Schule. Er war in Ickern geboren und machte seinen Realschulabschluss an der „Mengeder Mittelschule für Jungen und Mädchen“, die Ende der 50-er Jahre den Namen Albert-Schweitzer-Realschule erhielt. Ein historischer Rückblick auf den Besuch des Namenspatrons bei „seiner“ Schule war übrigens einer der letzten Artikel von ihm in den Ruhr Nachrichten vor wenigen Wochen. Schon während der Schulzeit fiel Schüler Bohnmann (die Jungen wurden damals von ihren Lehrern mit Nachnamen angeredet)  durch seine Formulierungskünste und seine zeichnerischen Fähigkeiten beim Zeichenlehrer „Ülle“ Oasthaus auf. Das journalistische Handwerk lernte er dann bei Günter Schulte, der ab Mitte der fünfziger Jahre Chefredakteur der Lokalausgabe der Dortmunder Nord-West-Zeitung war. Schulte war es, der die Zeitung und auch Bohnmann wesentlich geprägt hat. Als der vielen als stets qualmender Zeitgenosse in Erinnerung gebliebene Journalist Pressesprecher der damaligen Stadtsparkasse wurde, wurde der junge Karlheinz sein Nachfolger. 

Bis kurz vor seinem Lebensende erschienen Charlys Artikel in den Ruhr Nachrichten mit seinem Namen oder unter dem Kürzel bo. „Ich brauche das, damit ich wenigstens geistig fit bleibe“, sagte er mir in einem der letzten Telefongespräche. Körperlich ging es ihm sehr schlecht, selbst in der eigenen Wohnung konnte er sich nur mit dem Rollator fortbewegen. Doch Recherchieren hatte er gelernt, konnte es auch von zu Hause, und dann schrieb er einen Artikel, als sei er selbst dabei gewesen. Kritisch und besorgt beobachtete er die Medienlandschaft und die Entwicklung seines Berufsstandes. Oft fragte er sich, was vom Journalismus seiner Zeit noch übrig geblieben ist.

Große Sorgen machte er sich um die Zukunft der gedruckten Zeitung. „Heute ist alles auf das Medium Internet ausgerichtet“, beklagte er sich einmal, „aber es kann doch nicht sein, dass die Artikel nur nach den Klicks im Internet bewertet werden. Schließlich sind die Zeitungsleser doch eine ganz andere Zielgruppe. Minderheiten müssen doch auch bedient werden.“ Hier hatte er wohl den Rückgang der kulturellen Berichterstattung im Auge. Der gehörte seine heimliche Liebe. Des Öfteren erzählte er von seinen Begegnungen mit der Mengeder Kammersängerin Christel Goltz, mit Hans Albers oder Freddy Quinn. Wie gesagt, Anekdoten hatte er immer parat.

Text: Diethelm Textoris

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