Gewalt geschrien: Die Füßeküsser von Wiesloch – Eine Kolumne von Peter Grohmann

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Gewalt geschrien: Die Füßeküsser von Wiesloch

Von  Peter Grohmann

Junggesellenabschied – kennt man. Da muss meine Omi Glimbzsch aus Zittau beide Augen zudrücken, und gelegentlich darf mit Festnahmen gerechnet werden.
Hömma, wenn Nazis feiern, muss selbst ein Amtsgericht nachsichtig sein. Die Jungs hatten, im Suff, mit Heil Hitler und Sieg Heil eine Eisdiele in Wiesloch gestürmt, einem Typen eine Bierflasche auf dem Kopf zertrümmert (Frau und Kind des Mannes waren dabei). Sie traten auf den Mann, der schon in die Knie gegangen war, weiter ein.

Die kleine Tochter geht seitdem nicht mehr so gern aus dem Haus, schreibt die Zeitung. Klar, als die Jungs mit Stühlen die Gäste der Eisdiele angriffen, kam es auch zu Ausfällen der Zivilcourage. Fremdstämmige Leute (offenbar Griechen und Portugiesen) hörten mit dem Eisschlotzen auf und protestierten – aber Hallo! Dass da keiner Krankenhausreif wurde, ist purer Zufall.

Sei’s drum, nun wurde Recht gesprochen. Auch unter dem Eindruck, dass die Schläger landauf, landab bekannte und aktive Nazis waren, fiel die gerechte Strafe Ende Juli 2020 auch entsprechend aus: Bewährung, zwischen 10 Monaten und zwei Jahren. Ach so, und 2000 Euro Geldstrafe. Das Urteil sieht so aus, als küsse das Amtsgericht den Junggesellen noch die Füße. Doch halte – es kommt ein weiteres Verfahren: Drei weiteren Beteiligten steht der halbe Freispruch noch bevor, denn Sechse auf einen Streich wollte das Gericht wegen der Pandemie machen. Einer der Beklagten arbeitet übrigens als Waffenmechaniker bei der Polizei. Ja, dann. Wenn junge Leute mal Dampf ablassen, schreit unserein ganz aufgeregt gleich “Skandal!, Skandal”. Als ob es nichts Wichtigeres gäbe.

Nehmen wir das irgendwie kommende oder eventuelle nicht kommende Verbot der Leiharbeit beim Massenfleischer, ein sozialdemokratischer Coup und fast so gut we die neue grüne Gentechnik. Georg Restle, der vom öffentlich-rechtlichen wdr, macht in seinen Sendungen vieles gut, was die profitorientierten Medien und viele glattrasierte Beiträge sonstewo versäumen. Rechtzeitig vor meinem Urlaub nahm Restle den Heiligen Arbeitsminister und sein verlogenes – ja, kann man sagen – Gesetz zur Leiharbeit auseinander. Zugabe? Die scharfe, massive Kritik an Justiz- und Innenminister, die der Polizei den Segen für noch mehr Zugriffe auf vertrauliche Daten ermöglichen sollen. Hongkong? Waschinkton? Moskau? Gewalt geschrien.

Peter Grohmann* ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten. Dank an Peter Grohmann für die Zustimmung zur Veröffentlichung dieser Kolumne.
*peter-grohmann@die-anstifter.de

 

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