Alltags- und Lebenswelten aus 1700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland

Wanderausstellung im MKK

Ein Höhepunkt im bundesweiten Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ ist die Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Vom 24. Oktober bis 12. Dezember 2021 ist sie im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) zu sehen. Damit endet das gemeinsame Programm der Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR), die gemeinsam die Ausstellung seit Frühjahr dieses Jahres auf Wanderschaft durch die Regionen schickten.

Die Ausstellung
Die Ausstellung erzählt in Biografien und Bildern vom vielfältigen jüdischen Leben und von jüdischer Kultur im deutschsprachigen Raum seit der Zeit Kaiser Konstantins. Sie widmet sich den Themen Recht und Unrecht, Leben und Miteinander, Religion und Geistesgeschichte sowie Kunst und Kultur.
Die Erzählung ist an biografischen Zeugnissen von Menschen ausgerichtet, deren Lebenswege markante Ereignisse und Epochen jüdischer Geschichte in Deutschland widerspiegeln und die Perspektive auf den europäischen Raum ausweiten. Der Fokus liegt auf der Alltagsgeschichte. Vorgestellt werden Persönlichkeiten aus der deutschen Geschichte und Politik, etwa Moses Maimonides, Moses Mendelssohn, Heinrich Heine, Fanny Hensel, Regina Jonas, Leo Baeck, Heinrich Graetz, Louis Lewandowski, Hans Samuel, Friedrich Hollaender und Heinrich Böll.Die Ausstellung besteht aus vier begehbaren und multimedial bespielten Kuben, die sich je einem Thema widmen. Visuelle sowie akustische Eindrücke vermitteln die Inhalte, die die Besucher*innen durch Interaktion auch selbst entdecken können.

Recht und Unrecht
Kubus 1 behandelt im weitesten Sinne Recht und Unrecht, das der jüdischen Bevölkerung im Laufe der vergangenen 1700 Jahre widerfahren ist. Themen sind insbesondere das Pestpogrom von 1349, die spätmittelalterliche Ausweisung aus den Städten und die Schoa. Damit einher ging die Bildung neuer Gemeinden und die Beschränkung auf bestimmte Berufe. Es gab aber auch historische Phasen der Gleichberechtigung, in denen Religion keine Rolle spielte. Geänderte Verfassungen, neue Rechte, Wiedereinschränkung der Rechte, aber auch die Bildung eines jüdischen Staates auf der Grundlage des Zionismus gehören in diesen Themenkomplex. Dargestellt wird auch die Zeit nach der Schoa, ihre Aufarbeitung und Vermittlung sowie das Wiederaufleben der Gemeinden im 20. Jahrhundert und der Zuzug vieler Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion.

Leben und Miteinander
Der zweite Kubus thematisiert insbesondere das Zusammenleben von Jüdinnen und Juden sowie Christ*innen im Laufe der Jahrhunderte. Anhand von Befunden aus dem spätmittelalterlichen jüdischen Viertel in Köln werden der Alltag und das Miteinander erzählt. Die Neuzeit wird etwa durch Abraham von Oppenheim (1804-1878), einen jüdischen Bankier und Mäzen, repräsentiert, dessen Familie den Kölner Dombau maßgeblich unterstützte. Der protestantische Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner wiederum baute die Synagoge in der Kölner Glockengasse. Diese Verquickung jüdischer und christlicher Auftraggeber und -nehmer betont das selbstverständliche Miteinander in jener Epoche. Im Gegensatz dazu steht der Antisemitismus der heutigen Zeit, der ebenfalls in diesem Teil vorgestellt wird.

Religion und Geistesgeschichte
Kubus 3 erzählt vom 1. Jahrtausend, in dem insbesondere die Niederschrift des mündlichen Gesetzes von Bedeutung ist. Ebenso behandelt werden die jüdische Aufklärung (Haskala) und die damit hervorgehende Entwicklung neuer Strömungen im Judentum. Darüber hinaus werden grundlegende Schriften mit ihrer Verwendung für verschiedene Anlässe vorgestellt, etwa der in Köln entstandene Amsterdam Machsor, die Haggada Offenbach, sowie die hier kommentierte sogenannte Mischne Tora Kaufmann. Weitere Inhalte beschäftigen sich mit der Synagogenarchitektur oder der Konversion.

Dr. Christian Walda, Stellvertretender Direktor des MKK, Ann-Kathrin Mäker (MKK Bildung & Vermittlung).

Kunst und Kultur
Kubus 4 beleuchtet Kunst und Kultur mit dem Schwerpunkt auf rituellen und kulturellen Aspekten. Dabei werden die Feiertage mit ihren Riten und Symbolen erklärt, aber auch Einblicke in die Kunst, Musik und Unterhaltungskultur gegeben. Die Frage nach Begrifflichkeiten wie „jüdische Kunst“ wird aufgeworfen. Der Bogen spannt sich mit Gemälden von Felix Nussbaum, Marc Chagall und Max Liebermann über Architekturen von Erich Mendelsohn und Gottfried Semper bis hin zur Musik von Hermann Zivi, Friedrich Hollaender, Ben Salomo und Orphaned Land.

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„Menschen, Bilder, Orte – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“
24. Oktober bis 12. Dezember 2021
Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Dortmund (Studio)

Eintritt frei
Quelle: Pressestelle der Stadt Dortmund; Foto unten rechts: Katharina Kavermann/Stadt Dortmund; übrige Fotos: K.N.

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