Büßen und Sühnen ohne Reue – Eine Kolumne von Cawi Schmälter

Büßen und Sühnen ohne Reue

Von Cawi Schmälter

Den Buß- und Bettag gibt´s nur noch in Sachsen, aber Büßerinnen und Büßer gibt’s überall in Deutschland. Und das nicht zu knapp!
Mit der ursprünglich ausschließlich religiösen Bedeutung der Worte „Buße“ oder „büßen“ kam man ja noch prima davon. Die katholische Version: Im Karneval die Sau rauslassen, verkatert zur Kirche gehen, alle begangenen Sünden bekennen, sprich büßen, ein Vaterunser oder Rosenkränze murmeln (auf Beichtvateranordnung auch mehrere hintereinander), Aschekreuz mitnehmen, fertig!Bei den Protestanten gab´s für das Sündenbekenntnis den Buß- und Bettag. Und für alle galt: Mein Gewissen ist rein, mein Sündenregister ist leer, alles wieder auf Null!
So bequem ist das heute im zivilen Leben nicht mehr: Mit dem Wortzusatz „Geld“ bekommt die Buße eine unangenehmere Bedeutung. Schon zu Luthers Zeiten gelang es den sogenannten Ablasspredigern um den Dominikaner Johann Tetzel, die (Gut-)Gläubigen mit dieser Parole zur Kasse zu bitten: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“. Dabei spielte die Buße oder Reue nur noch eine untergeordnete Rolle, denn in diesem rein kommerziellen Gebaren war es ausschließlich wichtig, den Menschen zu verklickern, ihre Gabe bewahre sie vor dem auch von den heutigen Gläubigen noch so gefürchteten „Fegefeuer“. 

Trotz Luthers 95 Thesen gegen diesen Ablasshandel hat sich der Geschäftszweig Geldbuße mittlerweile fest im gesellschaftspolitischen Miteinander etabliert. Hier geht es nicht mehr ums Seelenheil, vorrangig handelt es sich jetzt um eine Sanktion, welche eine begangene Verfehlung „sühnen“ soll. Die eigentlich mit der Buße erwünschte Koppelung mit der Reue findet zumeist nicht statt. Es überwiegt nicht die Einsicht, sich bei der nächsten Verfehlung gesetzestreuer zu verhalten, sondern eher damit, sich zukünftig nicht mehr erwischen zu lassen. Der verniedlichende Begriff „Knöllchen“ wird gern kokettierend verwendet, obwohl bei den zu sühnenden sogenannten „Ordnungswidrigkeiten“ das verordnete Bußgeld rasch zu einer stattlichen „Knolle“ anwachsen kann.

Neben dem Bußgeldkatalog für die Ahndung von Verfehlungen im Straßenverkehr (hier werden bekanntlich neben den finanziellen Forderungen auch Punkte im Verkehrssündenregister eingetragen), sind aktuell auch viele Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung in das Visier der Ordnungsämter geraten. Hier kommt es darauf an, in welchem Bundesland man sich erwischen lässt. Dem Föderalismus geschuldet: Jedes Bundesland hat einen eigenen Katalog, wobei, was Wunder, die Bußgeldhöhe höchst unterschiedlich ist.

Unterschiedlich ist auch der Personenkreis, der ins engere Visier der Ordnungshüter gerät. Während man als Krakeeler an einer nicht genehmigten Querdenker-Demo mit einiger Sicherheit ohne Bußgeld davonkommt, ist man als ohne Schutzmaske einkaufende Einzelperson weitaus gefährdeter. In diesem Fall würde man dann im Verhältnis zu den strafverschonten Protestierenden (Achtung, Wortspiel) zum Lückenbüßer.          

Fotos: Archiv MIT

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