Staatsstreich an Himmelfahrt – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Staatsstreich an Himmelfahrt

Von Peter Grohmann

Man müsse die Demokratie wetterfest machen, fordert das Recherchenetzwerk Correctiv. „Nu jaja, nu nee nee“, tät das meine Omi Glimbzsch aus Zittau rauf nach Berlin rufen: „Dazu braucht‘ aber wedderfeste Demokratn“. Ganz unter uns linken Klosterbrüdern: Viele ducken sich ja schon weg, wenn’s um den Dienst am Infostand geht, um Haltung auf der Straße, ein Widerwort gegen rassistischen Mundmüll oder gar einen Klarnamen beim Leserbrief – „der Name ist der Redaktion bekannt“. Möglich, dass eine dicke Sonnenbrille der Zivilcourage auf die Sprünge hilft. In den USA jedenfalls kommen die Proteste gegen die regierenden Mafiabosse vermutlich zu spät, sagen die Auguren der KI: Den Priestern, die im ollen Rom den Willen der Götter durch Vogelflug und Blitz deuteten, hat man in Amerika über Nacht die Kanzeln geklaut.

Zugegeben: Mit Ansage von Trump und ein paar Jahre vorher schon. Nun sind die wirklich mächtigen, wenn auch nicht wahrheitsliebenden Medien dort in einer Handvoll schmutziger Hände versammelt: Nach Herzenslust herrschen. Ganz übel sieht es Claus Kleber, Pensionär des ZDF mit Deutungshoheit und Arsch in der Hose: Die Demokratie in den USA wird abgeschafft, ohne wenn und aber und Gelaber. Tech-Eliten managen Desinformation, Pustekuchen bei Gewaltenteilung: Angst und Korruption – so sieht’s der Mann und seine kompetenten Gesprächspartner. „Sie haben den Staat übernommen.“ Zuckerberg, Bezos, Musk, Thrun und Thiel – der eine möchte auf dem Mond seine Samen spenden, der andere will uns die Kleider auf den Leib drucken. Sie scheißen den Staat und Trump zu mit Geld. Ist das jetzt Kapitalismus in Reinkultur oder nur ein Ausrutscher westlicher Werte, frei nach Lilie Marlee: Es geht alles vorüber…?

„Trump und das Silicon Valley“ (ZDF-Mediathek) ist eine Besorgnis erregende Reportage, bei der einem das letzte Lachen vor Christi Himmelfahrt im Halse stecken bleibt. Die neue amerikanische Revolution hat das Kapital an die Hebel der Macht gespült. Eine Handvoll weißer Egomanen herrscht nach Herzenslust, meint er. Der Rest ist Schweigen, hier wie dort. Die Intelligenz hat sich verkauft, verkrochen, sitzt auf gepackten Koffern oder hat schon das Weite gesucht. Helmut Schmidt, einst deutscher Ansager, meinte mal mit Blick auf die Zukunftsarbeiter gestern: „Wer Utopien hat, sollte zum Arzt gehen“ – und an anderer Stelle: Demokratie ist kein Zustand, Demokratie ist ein Prozess.

Die erste Instanz haben wir verloren. Keine Ahnung, ob Berufung möglich ist. Bin ich zum Schwarzseher geworden? Im Gegensatz zu den Untergetauchten in der Nachbarschaft bleibe ich öffentlich, auch wenn ich öfters mal falsch liege.

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de