Plastik im Hirn – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Plastik im Hirn

Von Peter Grohmann 

Gratulation! Wir haben jetzt nicht nur Plastik im Meer, im Fisch, im Salz – wir haben es im Kopf. Unser Gehirn, manchmal größer, manchmal kleiner., also das Ding, mit dem wir denken, fühlen, handeln, ist mittlerweile mit Polyethylen versetzt. Studien zeigen: In den letzten Jahren hat sich die Plastikmenge im Hirn verdoppelt. Wir sind die erste Spezies, die ihren eigenen Verstand in Plastik einwickelt. PFAS, fass!

Während wir langsam zum Sondermüll auf zwei Beinen werden, mühen sich die Vereinten Nationen um ein weltweites Abkommen – und scheitern. Die Geld- und Plastikmacher blockieren ein globales Abkommen. Ergebnis: kein Schutz für die Meere, kein Schutz für uns, kein Schutz für die Kinder, die schon mit Mikroplastik im Blut zur Welt kommen. Das ist ein Verbrechen – nicht weniger.

Jede Minute kippen wir weltweit 21.000 Kilo Plastik in die Ozeane. Jede Minute! In Deutschland alleine 300.000 Tonnen Mikroplastik pro Jahr. Es kommt nicht zurück. Es zerfällt, es vergiftet, es tötet – Tiere, Natur, uns. Und die Politik? Die verbietet Plastikstrohhalme. Toll. Währenddessen sind Brot und Shampoo, Chips, Fleisch, Käse und Konsumenten dreifach eingewickelt.

Nu ja ja, nu ne ne, tät‘ jetzt meine Omi Glimbzsch in Zittau rufen. „Das is doch alles keen Zufall, das is bolitisches Kalkühl!“. Es ist so oder so das Ergebnis der „schlafenden Gesellschaften“ (Oskar Negt), die wir wach zu küssen haben. Es ist das und Ergebnis raffinierter, schlauer Lobbyarbeit. Das Recherche-Netzwerk Correctiv nennt es brainwashing, Gedankenkontrolle, Bewusstseinskontrolle oder Mind Control – ein hervorragend funktionierendes Konzept zur psychologischen Manipulation.

Wir trennen weiter Müll, wettern wöchentlich gegen Kapitalismus und Kriege, streiten über die korrekte Beurteilung völkermordender Staaten und setzen auf Strohhalme. Schade, dass sich die Forschung so selten übers Ohr hauen lässt. Sie pocht darauf: Plastik setzt sich in Blutgefäßen fest, erhöht Schlaganfall- und Herzinfarktrisiken, lagert sich in Gehirnen von Demenzkranken ab, selbst in meinem. Und PFAS ist nicht abbaubar. Kurz: Es macht uns krank und dumm. Aber Hauptsache, die Kohle stimmt, die Dividenden sprudeln. Wenn’s blöd läuft, landen wir alle mit Polyethylen oder sonstewas im Koppe im Pflegeheim – nur dass es dann keine Pflegerinnen mehr gibt, weil auch die krank sind. Die Pfleger auch.

Es sind Gesetze, Verträge, Subventionen, die dieses System weltweit am Leben halten. Sie können geändert werden.

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de