Kranzniederlegung der Mengeder Knappenvereine am Volkstrauertag
Die Mengeder Knappenvereine BUV Mengede 1884 und BV Kleinzeche Max Rehfeld e. V. haben am Volkstrauertag zu einer Gedenkfeier für die Opfer von Krieg und Gewalt eingeladen. Die Feierstunde mit Ansprache und Kranzniederlegung fand traditionell am Denkmal für die Opfer des Grubenunglücks von 1935 auf dem evangelischen Friedhof in Mengede statt.
In seiner Ansprache erinnerte Detlef Adam, Vorsitzender des BV Kleinzeche Max Rehfeld e. V., daran, dass der Volkstrauertag nicht nur der Erinnerung, sondern auch der Verantwortung dient. Besonders gedachte er der Opfer des schweren Grubenunglücks vom 15. Juli 1935 auf der Zeche Adolf von Hansemann, bei dem 17 Bergleute ums Leben kamen. Dieses Unglück jährt sich in die- sem Jahr zum 90. Mal. Ebenso erinnerte er an das Unglück vom 1. Juli 1942 auf der Zeche Gus- tav, bei dem neun Bergleute ihr Leben verloren.
Auch die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkriegs unter un- menschlichen Bedingungen in den Zechen arbeiten mussten und dort ihr Leben verloren, wurden in das Gedenken einbezogen.
Zum Abschluss der Gedenkstunde sprach Adam ein stilles Versprechen aus: „Wir werden nicht vergessen. Wir wollen dazu beitragen, dass die Schrecken von Kriegund Gewalt sich nicht wie- derholen. Und wir wollen dafür sorgen, dass Mengede ein Ort des Zusammenhalts und der Menschlichkeit bleibt.“
Gemeinsam mit den Anwesenden wurde das Vaterunser gebetet, bevor der Kranz am Denkmal niedergelegt wurde. Anschließend begaben sich die Teilnehmer zur Grabstätte der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, die sich ebenfalls auf dem Friedhof befindet.
************************
Gedenken an das schwere Grubenunglück vom 15. Juli 1935 auf der
Zeche Adolf von Hansemann
Von Detlef Adam
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Damen und Herren,
heute stehen wir hier an diesem Ehrenmal, um innezuhalten. Der Volkstrauertag ist ein Tag des Gedenkens. Ein Tag, der uns mahnt, wie kostbar Frieden und Freiheit sind und wie tief die Wunden sind, die Krieg, Gewalt und Leid hinterlassen. Wir erinnern uns an die Menschen, die ihr Leben verloren haben – auf den Schlachtfeldern, in Lagern und Gefängnissen.
Doch unser Blick richtet sich heute auch auf unsere Heimat. Auf die Menschen, die hier in Mengede ihr Leben verloren haben – unter Tage bei der Arbeit, die diesen Ort, die gesamte Region so nachhaltig geprägt hat.
Wir gedenken daher heute des schweren Grubenunglücks vom 15. Juli 1935 auf der Zeche Adolf von Hansemann, bei dem 17 Kumpel den Tod fanden.
Und wir gedenken der neun Kumpel der Schachtanlage Gustav, die am 01. Juli 1942 starben, als eine Abbaulokomotive in einen Blindschacht stürzte und einen voll besetzten Förderkorb traf.
Wir erinnern heute aber nicht nur an diese großen Katastrophen, sondern auch an die vielen kleinen Unfälle, die sich über Jahrzehnte auf den Schachtanlagen ereigneten – Unfälle, die Familien erschütterten, Leben zerstörten und Lücken in unsere Gemeinschaft rissen.
Und wir gedenken der Menschen, die als Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen in den Zechen arbeiten mussten. Viele von ihnen starben an Entkräftung, Krankheit oder durch die Willkür ihrer Bewacher. Fünf von ihnen haben hier auf einem anderen Teil unseres Friedhofs ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Gedenken bedeutet nicht nur Erinnerung – es bedeutet auch Verantwortung. Wir lernen aus der Geschichte, um in der Gegenwart Orientierung zu finden und für die Zukunft zu handeln.
In einer Zeit, in der der Frieden nicht mehr selbstverständlich erscheint, ist unser Gedenken ein stilles Versprechen: Wir werden nicht vergess
en. Wir wollen dazu beitragen, dass die Schrecken von Krieg, Gewalt und Katastrophen sich nicht wiederholen. Und wir wollen dafür sorgen, dass Mengede ein Ort des Zusammenhalts und der Menschlichkeit bleibt.
Fotos: Volker Radick
*********************
Zeitzeugenbericht
…Es war ein kalter Wintertag und wir tobten uns an den Hängen der Steinhalde aus.. … Da kamen über den Weg, der zum Luftschutzstollen in der Steinhalde führte, zwei Männer herunter. Da wir wussten, daß das Zechengelände für uns ein verbotener Spielplatz war, beobachteten wir zunächst die beiden Gestalten. Als wir die Männer als einen Kriegsgefangenen mit einem Wachmann aus dem auf der Ostseite befindlichen Kriegsgefangenenlager erkannten, schenkten wir diesen beiden weniger Aufmerksamkeit, denn es waren keine Angestellten der Zeche oder gar gar der „Schlammkönig“, ein Arbeiter, der die Aufsicht in diesem Bereich führte und un unserenn Spielplatz immer streitig machte. … Der eine trug die Uniform eines Unteroffiziers der Wehrmacht, der andere eine der zerlumpten, erdfarbenen Uniformen der Roten Armee, auf der mit weißer Farbe die Buchstaben SU gepinselt waren. Wir Kinder schenkten den beiden kaum Beachtung, bis ein scharfer Knall die Nachmittagsstunde durchschnitt. Aber was war zur damaligen Zeit ein Knall, in einer Zeit, wo zu jeder Stunde Tiefflieger eine ganze Salve zur Erde oder die Flak ohne Vorwarnung ihre todbringenden Geschosse gen Himmel schickte. Danach wurden wir aber stutzig, als wir sahen, daß nur der Wehrmachtsangehörige den Weg zurückkam und noch an der Pistolentasche hantierte. Bei näherem Hinsehen konnten wir erkennen, daß auf dem Weg vor dem Splitterauffang in dem Gras eine Gestalt lag. Wir wollten uns davon machen, aber der Soldat winkte einen von uns … zu sich, und beauftragte ihn, keinen an die Stelle, an der der Getötete – denn er war tot – lag, heranzulassen. Es dauerte keine zehn Minuten, bis der Wachmann mit einer Bahre aus Zinkblech, wie sie im Bergbau Verwendung finden, und zwei Trägern zurückkam. Es wurde gesagt, der Russe habe Flecktyphus gehabt. … Monate später … fanden wir auf dem Stück zwischen dem Gütergleis nach Bodelschwingh und der Köln-Mindener-Eisenbahn zwei oder drei Gräber, die mit Holzkreuzen markiert waren. Wahrscheinlich hatte der Erschossene hier seine letzte Ruhe gefunden, im Haldenschutt einer Bergwerksanlage. Nach einigen Monaten war ich erneut auf dem Gelände. Ich sah keine Kreuze mehr, und statt der Gräber fanden sich körpergroße Mulden. In der Zwischenzeit waren die Unbekannten wohl umgebettet worden. Wohin, kann ich nicht sagen. …
Quelle: Heinz Garus
(06.05.1931-29.08.2011) in „Die Zeche Adolf von Hansemann/ Die Geschichte des Bergwerks in Dortmund-Mengede“. Klartext Verlag Essen 1995.