Zur Wahl von Joseph Blatter – Ein Blick zurück !

Brief von Theo Zwanziger – Präsident des DFB an Joseph Blatter – Präsident der Fifa

Ein Blick zurück lohnt sich manchmal. Mehrfach schon – so wie  vier Jahre vorher,  im Frühsommer 2011 – wurde in der Fifa der Präsident gewahlt. Auch im Jahr 2011 stand Joseph Blatter zur Wiederwahl an. Der Newsletter des TV Mengede – Schwitzkasten – veröffentlichte damals den folgenden Brief des amtierenden Präsidenten des DFB – Theo Zwanziger – an den Präsidenten der Fifa – Joseph Blatter.

Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Sepp,

lange habe ich persönlich und mit dem DFB, dem ich vorstehe, darüber nachgedacht, wie ich mich bei der bevorstehenden Abstimmung verhalten soll. Das war lange Zeit unklar, aber nun steht die Entscheidung: Der Deutsche Fußballbund – vertreten durch mich – wird Dir seine Stimme zur Wiederwahl als Präsident der Fifa nicht geben; er wird zudem den Antrag des „Fußball-Mutterlandes“ England unterstützen, die Wahl zu verschieben, bis die neuesten Korruptionsvorwürfe geklärt sind.

Zwei Gründe sind für diese Entscheidung von besonderer Bedeutung. In der deutschen Öffentlichkeit wird der DFB nicht mehr ernst genommen, wenn angesichts der Turbulenzen der letzten Tage, eine Wahl vorgenommen würde, als sei nichts geschehen. „Wer soll Reformbewegungen im Weltverband unterstützen, wenn nicht Deutschland mit seinem an Mitgliedern größten Einzelverband der Welt“, werde ich in der Öffentlichkeit gefragt, und ich finde, die Fragesteller haben Recht.

Korruption ist in diesen Tagen ein häufiges Thema gewesen. Korruption in der Umgebung des Präsidiums der Fifa, aber auch bezogen auf die Arbeit der Verbandspräsidenten. Ich möchte den DFB mit der mehrheitlich in unserem Präsidium getroffenen Entscheidung – und um das klar zu sagen: unser Franz Beckenbauer hat an der Meinungsbildung entscheidend mitgewirkt – nicht in den Verdacht bringen, im Zusammenhang mit der Wahl des Präsidenten in irgendeiner Weise in die Nähe korrupten Verhaltens gebracht zu werden.

Ich weiß ja sehr wohl, dass Dir Kritik aus den eigenen Reihen oder aus den Medien schon immer – wie die taz am 3.6.2011 zutreffend schrieb, „am Arsch vorbeigegangen“ ist. Gleichwohl kann es aus unserer Sicht kein „weiter so“ geben. Der von Dir oftmals angestellte Vergleich der Fifa mit einer Familie bringt gedanklich ganz andere Verbindungen hervor: So ist man hierzulande der Meinung, der Fußballweltverband und die Mafia unterscheiden sich im Augenblick lediglich durch die unterschiedlichen Telefonnummern.

Und zweitens ist es wichtig auf folgendes hinzuweisen: Der DFB wird nicht nur durch den Profifußball repräsentiert. Wir sind stolz auf die vielen kleinen und mittleren Vereine, die aus Spaß und Vergnügen am Sport Fußball spielen und mit einem enormen ehrenamtlichen Aufwand eine hervorragende Schüler- und Jugendarbeit betreiben. All denen versuchen wir den Gedanken des Fair-Play zu vermitteln. Wir könnten über Spieler und Betreuer, die diese Grundüberzeugungen mit den Füßen treten, über Schiedsrichter, die ein Team absichtlich benachteiligen eigentlich nur noch die Schultern zucken, denn der Weltverband lebt es ja vor, worum es Fußball geht, nach unserer Meinung aber nicht gehen sollte: Ums eigene Fortkommen auf Kosten der anderen, um maximalen Profit. Wer das weiterhin widerspruchslos unterstützt, zerstört den Fußball.

Dem wollen wir nicht tatenlos zusehen.
Mit sportlichen Grüßen
Dr. Theo Zwanziger
Präsident des Deutschen Fußballbundes

Anmerkung zu dem vorstehenden Brief:
Wie der TV Mengede erfahren hat, ist der vorstehende Brief leider nicht bei der Fifa angekommen; warum – ganz einfach: er wurde gar nicht erst vom Präsidenten des DFB geschrieben. Sepp Blatter wurde mit großer Mehrheit wiedergewählt, auch mit der Stimme von Dr. Theo Zwanziger. Die Engländer wurden als Nestbeschmutzer beschimpft, als seien sie es, die dem Fußball schaden würden.
K.N.

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