Leichen im Keller
Eine Kolumne von Peter Grohmann
KONTEXT:Wochenzeitung vom 26.04. 2017
Der Franzose an sich liebt die Trikolore, egal, wer sie schwenkt, singt die Marseillaise und ruft mehrfach am Tage Liberté, Égalité, Fraternité. Aber keine Angst, er meint’s nicht so.
In diesen Tagen wird der ohne Partei marschierende Genosse Emmanuel Macron als Sozialliberaler bejubelt und mit allerhand Vorschuss-Lorbeeren geschmückt: Der Retter Frankreichs könnte nebenbei partei- und gewaltfrei auch Europa retten, weil die anderen Schwadroneure vom Wähler getunkt wurden. Wir können wieder durchatmen, auch wenn die europäische Demokratie noch einige Leichen im Keller hat.
Eben jetzt gibt es Krach um den Welfenschatz. 1929 hatten jüdische Kunsthändler einen Teil der mittelalterlichen Goldschmiedearbeiten erworben, mussten den Schatz aber 1935 wieder herausrücken und verkaufen – unter Wert, behaupten die jüdischen Nachfahren – weil sich die Verhältnisse geändert hatten. Nanana! Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz legt Wert darauf, dass solcher Handel damals OK war. Meine Omi Glimbzsch in Zittau würde sofort an ihre schrägen Cum-Ex-Geschäfte denken, die auch OK waren, und in die gar öffentlich-rechtliche Sparkassen verwickelt sein könnten – sagt man.
Ich denk‘ da eher an den Handel mit gemeinnützigem Wohnungseigentum, das unsere Kommunen aus Dummheit versilbern (auch legal), an fette Gewinne mit Schadstoff-Emissionen, an deutsche Elendsviertel an der B27 und einen stinkenden Diesel (auch legal). Da wächst doch Moos drüber, mag sich der grünschimmernde Teil der Landesregierung sagen. Wenn Spritverbrauch und CO2-Ausstoss nicht von Kretschmann selbst, sondern auf der Straße gemessen werden, liegen die Werte 30 bis 40 Prozent überm krebsmäßig Erlaubten. Legal? Illegal? Scheißegal! Das haben wir in der vielzitierten guten alten Zeit gerufen. Und morgen fragen wir uns, ob wir die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.