Was wir in der letzten Woche gelernt haben

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Vom Niedergang der SPD

Anfang der letzten Woche teilte Marco Bülow, Mitglied der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, seinen Austritt aus der SPD mit. Der Schritt kam für viele nicht überraschend.
1992 ist er in die SPD eingetreten, seit 2002 hat er sein Bundestagsmandat in seinem Wahlkreis Dortmund I, zu dem auch der Stadtbezirk Mengede gehört, stets direkt gewonnen.

Die ausführliche Begründung seiner Entscheidung kann als realistische Analyse der Probleme angesehen werden, mit denen sich die SPD inhaltlich auseinandersetzen müsste, wollte sie jemals wieder als politisch relevant wahrgenommen werden. Es reicht, allein die Überschriften seiner Analyse zu zitieren:

  • Mutlose Partei ohne klare Haltung;
  • Keine Vision, keine Kapitalismuskritik, keine Alternative;
  • Absturz ohne Lerneffekt;
  • Ungleichheit wird zementiert;
  • Klima- und Umweltschutz werden vernachlässigt;
  • Keine ausreichenden Konzepte für den Arbeitsmarkt und für bezahlbares Wohnen
  • Keine Eindämmung des Lobbyismus
  • Sozialdemokratische Finanzpolitik – Fehlanzeige.

Schon für eine intakte Partei wäre es ein Riesenaufgabe hierzu ein mehrheitsfähiges politisches Programm zu formulieren. Die SPD in ihrem jetzigen Zustand dürfte kaum dazu in der Lage sein. Schauen wir beispielsweise mal, was zwei Vertreter – einer des rechten und einer des linken Flügels – zum Austritt von Marco Bülow aus der SPD zu sagen haben.
Johannes Kahrs, einer der Sprecher des konservativen „Seeheimer Kreises“ lässt zu dem Austritt verlauten: „Der Typ ist kein Verlust, eine ewige Ich-AG. Der hat mit der SPD noch nienix was zu tun gehabt.“ (Berliner Morgenpost vom 27.11.2018). An derartige Verlautbarungen werden sich spätestens bei der nächsten Bundestagswahl all diejenigen erinnern, die mit der Wahl des SPD-Kandidaten in Dortmund Hoffnungen auf einen gesellschaftspolitischen Wandel verbunden haben.

Aziz Bozukurt, Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt in der SPD, keilte daraufhin zurück: „Was für ein Armleuchter, dieser Rüstungslobbyist! Und da muss man noch nicht mal Bülow-Fan sein. Jemand, der die Fahrt dieser stolzen Partei an die Wand ewig mitbetrieben hat, will wissen, wer was mit der SPD zu tun hat. Könnte witzig sein, ist es aber nicht. Gar nicht. Idiot!“ (Der Freitag vom 29.11.18).

Schon allein dieser Disput lässt Rückschlüsse auf die innere Verfasstheit der Sozialdemokraten zu. Manch Außenstehender wird sich fragen, wie kann ein solcher Haufen Antworten auf die aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen finden.
Eines wird jedoch immer klarer: Die Kluft zwischen denen, die ihre Ämter behalten wollen und denen, die sich für gesellschaftliche Veränderungen einsetzen, ist vermutlich nicht zu überwinden. Und im Augenblick haben in der SPD offenbar diejenigen das Sagen, die ihre Posten behalten wollen.

Dummerweise wird durch Bülows Austritt der linke Flügel in der SPD geschwächt – die Genossen um Johannes Kahrs wird es freuen. Denn vermutlich wird es nicht helfen, neue Bündnisse ins Leben zu rufen. „Aufstehen“ für einen gesellschaftlichen Neubeginn – initiiert von Sara Wagenknecht und die „Progressive Soziale Plattform – initiiert von Marco Bülow müssen erst einmal den Beweis erbringen, dass sie fähig sind, die unterschiedlichen Vorstellungen linker Politiker auf einen Nenner zu bringen.
Möglicherweise hat da die am letzten Wochenende von Bernie Sanders und Yanis Varoufakis ins Leben gerufene „Progressive Internationale“ bessere Chancen, das linke Lager zu einen. Wir werden sehen. Spätestens zur Wahl zum Europaparlament im nächsten Jahr werden wir mehr wissen.

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