Stadtwald und Klimawandel

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 Vortrag beim Monatsstammtisch des Heimatverein Mengede

Über die Situation der Dortmunder Wälder referierte Forstamts-Leiter Erwin Fischer (li) im vollbesetzten Heimathaus Mengede.

Wer „Stammtisch“ mit Bierseligkeit und Verbreitung populistischer politischer Parolen gleichsetzt, der war noch nicht beim Monatsstammtisch des Mengeder Heimatvereins. An jedem ersten Mittwoch eines Monats gibt es dort i.d.R. Vorträge zu unterschiedlichen Themen, gehalten von sachkundigen Referenten, die ihr Wissen ehrenamtlich und honorarfrei weitergeben. Brandaktuell war das Thema des Auguststammtisches: Wie geht es den Dortmunder Wäldern im Hinblick auf die augenblickliche Dürreperiode und anderer Bedrohungen?

Welche Funktionen erfüllt der Wald im Stadtgebiet und was wird für seine Erhaltung getan?  Informationen aus erster Hand und von kompetenter Seite gab es für die knapp 60 Zuhörer im Heimathaus in einem spannenden Vortrag vom Dortmunder Forstamts-Leiter Erwin Fischer.

„Bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es alarmierende Berichte vom Waldsterben weit über unsere Region hinaus, das auf die Belastung der Umwelt durch die Industrie und den sich daraus bildenden ‚sauren Regen‘ ergab“, führte Fischer einleitend aus. Das Problem habe man aber durch Entschwefelung der Kohlekraftwerke weitgehend in den Griff bekommen, wenn man von den großen Mengen Gips einmal absieht, die durch den Entschwefelungsprozess entstanden sind. Aktuell könne man aber vom Waldsterben 2.0 sprechen, das auf ganz andere Ursachen zurückzuführen sei. Wir erleben im Augenblick  in unserer Region den zweiten heißen Sommer ohne ausreichende Niederschläge. Der vergangene Winter war nicht nur äußerst milde, auch er brachte wenig Schnee bzw. Regen, so dass der Boden nicht bis in tiefere Schichten mit ausreichend Flüssigkeit versorgt werden konnte.

Im vergangenen Jahr gepflanzt, in diesem Jahr vertrocknet: einer von mehreren jungen Bäumen im Mengeder Volksgarten.

„Wir erleben augenblicklich auch in Dortmund, dass besonders Bäume in solitärer Lage und an der Südrandseite der Wälder vertrocknen und absterben“, so Fischer.

Noch gravierender sei ein Problem, das im Zusammenhang mit Trockenheit und mildem Winter steht. Das ist die progressive Vermehrung von Schädlingen, vor allem der Borkenkäfer, die sich progressiv vermehrt haben. Sie überlebten den Winter, finden in abgestorbenen Bäumen genügend Nahrung und greifen jetzt in hoher Zahl gesunde Bäume an. Im Bereich der Hohensyburg, wo sich viele Nadelbäume befinden, ist bereits ein Absterben der Fichten zu beobachten, wie Fischer anhand von Bildern verdeutlichte.

Im übrigen Stadtgebiet ist der Anteil der Fichten aber eher gering. Gefährdet sind hier vor allem die Buchen, die 35% des Waldbestandes ausmachen. Pestizide zur Schädlingsbekämpfung werden in Dortmund schon seit 30 Jahren nicht mehr eingesetzt, bisher auch keine Borkenkäferfallen.

Die Fichten (li) sind besonders gefährdet. Ihr Anteil an den Dortmunder Wäldern liegt allerdings nur knapp über 1%.

Ein weiteres Thema war die Weiterentwicklung des Dortmunder Waldes, für die jeweils langfristige Pläne aufgestellt werden, die in regelmäßigen Abständen überprüft und angepasst werden. Es ist geplant, zukünftig 90% der 2500 ha Waldfläche als Naturschutzgebiete auszuweisen. 1,25 ha davon sind bereits für die natürliche Waldentwicklung überlassen, mit so wenig menschlichen Eingriffen wie möglich. Auch im Mengeder Raumen sind 4 Flächen hierfür ausgewiesen. Großflächige Kahlschläge in den übrigen Wäldern gibt es im Dortmunder Gebiet schon lange nicht mehr, es werden durch Abholzungen höchstens kleinere Lichtungen eingerichtet, die nachwachsenden Bäume eine Lebenschance geben. Und auch der Abtransport geschlagener Bäume geschieht wald- und umweltschonend auf eigens hierfür ausgewiesenen „Holzwegen“.

 Für die Stadt Dortmund spielt die wirtschaftliche Nutzung des Waldes nur eine untergeordnete Rolle. An erster Stelle steht die Erholungsfunktion. Auf 188 Kilometer Waldwegen kann die Bevölkerung  von der „grünen Lunge Wald“ profitieren. Aktuell war auch die letzte Fragestellung, die Fischer aufwarf: „Kann der Wald das Klima retten?“ Theoretisch ja. Aber um das schädliche CO2 zu  binden, müsste die Waldfläche auf der Erde um etwa eine Mrd. ha vergrößert werden. Diese zusätzlichen Flächen müssten weltweit gefunden und aufgeforstet werden. Augenblicklich erleben wir eher gegenläufige Tendenzen wie die Abholzungen der tropischen Regenwälder in Brasilien, oder die verheerenden Brände wie z.B. in Russland. Selbst im Dortmunder Stadtgebiet ist es schwierig, neue Fläche zu finden, die aufgeforstet werden können. Würden welche gefunden, müssten sie zu Marktpreisen erworben werden, wobei der Buchwert dann extrem sinkt, wenn sie erst als Waldflächen ausgewiesen sind. Diesen Werteverlust  wird auf Dauer kein Kämmerer mittragen.

Zum Abschluss beantwortete Fischer Fragen aus dem Zuhörerkreis. Die Art der Fragestellung und die Diskussion zeigte, wie sehr die Zuhörer für das Thema sensibilisiert waren. Zum Schluss bedankte sich Heimatvereinsvorsitzender Hans-Ulrich Peuser beim Referenten für den fundierten und gleichzeitig spannenden Vortrag mit dem obligatorischen Remigiustropfen. Dadurch angeregt, gab Erwin Fischer noch sein persönliches Geheimrezept zur Herstellung eines Kräuterlikörs auf Nussbasis bekannt.  

 

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