Der Herr Reschtle von der ARD – Eine Kolumne von Peter Grohmann

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Der Herr Reschtle von der ARD

Eine Kolumne von Peter Grohmann

KONTEXT:Wochenzeitung vom 13.11.2019

Über die ARD kann man sagen, was man will, über Herrn Restle nicht. Georg Restle, “Monitor”-Redaktionsleiter, warnt eindringlich vor der AfD. Er ist die neue ApO. Für die jugendlichen Leser*innen: ApO ist das Kürzel für “außerparlamentarische Opposition”.

Das waren die, die vor 50 Jahren beim Ostermarsch der Atomwaffengegner, meist studentenfrei und nicht von der DDR finanziert, durch Feld und Flur und Stadt und Land demonstrierten und den Rechtsstaat ausprobierten: für eine kritische und freie Presse, für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt.

Da gab’s keine avantgardistischen Kader, die wie Lehrer in der Schule das richtige Lernergebnis wussten und paukten. Stattdessen galt: Lernen aus eigenen Erfahrungen. Klar, das hat nicht überall geholfen, wie wir heute wissen.

Die gedruckte Presse feiert sich dieser Tage in Zeiten fataler oder schlicht weggelassener Fakten (aus Platzgründen) als “frei, unabhängig und kritisch”. Da muss man danken – und nachhaken. Unabhängig? Dabei sagen doch die Meinungseigner offen und frei, also ehrlich, dass sich das Geschäft vor allem lohnen muss, dass wichtig ist, was unten rauskommt. Jubelartikel für die neue Kreuzfahrtflotte bringen nun mal Anzeigen für Kreuzfahrten. Basta. Deshalb werden wir die neue ApO (kritisch) selten bei den Printmedien finden, eher bei “Monitor”, gar dem “Bayrischen Fernsehen”, der “Anstalt” oder der “Heute-Show”.

Selbst meine Omi Glimbzsch aus Zittau schlägt sich auf die alten Schenkel oder geht hoch wie Carola Rackete, wenn “Monitor” die Autokonzerne samt Großer Koalition und dem Mogelpäckle Klimaschutz kenntnisreich ins Abseits stellt. Omi ärgert sich sowieso rot und grün, und die Parteizentralen sind peinlich berührt, weil Restle schneller als die Berliner Zentralen ist.

Der Fachmann jauchzt, der Laie wundert sich, wenn Max Uthoff und Claus von Wagner belegen, wie die DDR vollends liquidiert wurde oder die Bahn Stuttgart 21 ruiniert. Geschmackvoll, viel scharfe Paprika und feine Sahne – alles, was den Traditionsvereinen fehlt. Wie vorteilhaft also, dass man ApO 50 Jahre später immer noch zuverlässig selber machen kann. Plakate selbst entwerfen, drucken, wild kleben, Kundgebungen machen, angemeldet oder nicht, blockieren, diskutieren.

Ein schönes Geschenk zum Nikolaus, auch wenn wir uns wegen Greta geschworen haben: dieses Jahr keine Geschenke. Aber Grundrente und mehr Bundeswehreinsätze könnten uns noch umstimmen: Streiten für die freie Republik! Dammit unten mehr rauskommt.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. 

Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit mehr als 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne. Näheres unter:

https://www.kontextwochenzeitung.de/kolumne/450/der-herr-reschtle-von-der-ard-6309.html

 

 

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