Buchempfehlung – Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen

Fabian Scheidler: Der Stoff aus dem wir sind

Mario Lars: Bücher

Über den Autor:
Fabian Scheidler studierte Philosophie und Geschichte. Als Publizist schreibt er seit vielen Jahren über globale Gerechtigkeit und wurde mit dem Otto-Brenner-Medienpreis für kritischen Journalismus ausgezeichnet. Außerdem arbeitet er als Autor und Dramaturg für das Theater. 2015 erschien sein Buch »Das Ende der Megamaschine. Geschichte einer scheiternden Zivilisation«, es wurde in mehrere Sprachen übertragen. Das Nachfolgebuch »Chaos. Das neue Zeitalter der Revolutionen« erreichte 2017 Platz 11 der Spiegel-Bestsellerliste Wirtschaft. 2019 folgten »Die volle und die leere Welt. Essays und Bilder« sowie, als Herausgeber, »Der Kampf um globale Gerechtigkeit«.Klappentext:
Ökologische Krise und Klimachaos bedrohen die Zukunft der Menschheit. Eine der Ursachen dafür ist ein technokratisches Weltbild, das die Natur zu einer beherrschbaren Ressource in der Hand des Menschen degradiert. Fabian Scheidler zeigt, wie sich die Vorstellung einer durch und durch berechenbaren, maschinenartigen Welt zusammen mit dem Kapitalismus über die letzten 400 Jahre entwickelt hat – bis hin zum Geo-Engineering und den digitalen Fantasien des Silicon Valley. Währenddessen haben die Wissenschaften selbst jedoch eine ganz andere Entwicklung genommen: Von der Quantenphysik über die moderne Biologie bis zur Bewusstseinsforschung haben sie eine Welt zutage gefördert, die auf Verbundenheit, Selbstorganisation, Empathie und Kreativität beruht. Mit einem überraschenden neuen Blick auf das Leben, die Wissenschaft und uns selbst eröffnet dieses Buch Perspektiven für einen tiefgreifenden gesellschaftliche Wandel.

»Das Buch ist ein großer Wurf.« Ernst Ulrich von Weizsäcker (Club of Rome / World Future Council)

Zum Inhalt:
In seinem aktuellen Buch beschreibt Fabian Scheidler unser Verhältnis zu dem, was wir „Natur“ nennen, und das vor dem Hintergrund eines drohenden Kollapses globaler Ökosysteme. Seidlers Vorwurf: „Wir betrachten die  Natur oft als  etwas, das getrennt von uns ist, das wir als Freizeitkulisse genießen, als Ressource ausbeuten oder als Umwelt schützen können. Dabei ist sie der Stoff, aus dem auch wir selbst sind, unser Körper, unser Geist, unsere Fähigkeit zu fühlen.“ Nach seiner Überzeugung – und die legt er im vorliegenden Buch dar – ist dieser Stoff ganz anders, als wir denken. Und damit zusammenhängend, ist er überzeugt, dass der dringend benötigte gesellschaftliche Wandel, nicht ohne eine Veränderung unserer Sichtweise auf uns selbst und die übrige Natur zu haben ist.

Ein Ausgangspunkt seiner Kritik ist das derzeitige Verständnis von Wissenschaft. Die Naturwissenschaften seien vor 400 Jahren mit der Idee ausgezogen, dass die Welt eine Art Maschine sei, die sich vollständig berechnen und kontrollieren lasse. Diese Weltsicht sei in den letzten100 Jahren gescheitert. Trotzdem werde uns immer wieder erzählt, wir seien nichts als „biologische Roboter in einer maschinen-artigen Welt“. Diese Sichtweise kann er nur als anti-wissenschaftliche  technokratische Ideologie bezeichnen. Deswegen ist er auch skeptisch, dass wir die Klimakrise bewältigen werden, denn solange wir glauben, dass wir durch Technik alles kontrollieren können, seien wir unfähig, die Strukturen, die unsere Zukunft bedrohen, zu erkennen und zu verändern. Deswegen: „Wir brauchen ein neues Verständnis der Natur, das nicht auf Herrschaft, Kontrolle und Ausbeutung beruht, sondern auf Kooperation mit komplexen lebenden Systemen.“

Fabian Scheidler hält einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel für erforderlich, denn wir sind Gefangene eines Wirtschaftssystems, „das mit den Grenzen der Biosphäre nicht vereinbar ist, weil es ständig wachsen muss und dazu die lebendige Natur in tote Waren verwandelt. Wir brauchen einen Umbau unserer grundlegenden Institutionen, in der Wirtschaft ebenso wie im Staat und in der Wissenschaft, damit sie dem Leben dienen und nicht der endlosen Geldvermehrung.“

Dieser notwendig Umbau könnte aus zwei Gründen gelingen; zum einen hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen die Grundgesetzwidrigkeit einer Ökodiktatur festgestellt, die zwangsläufig eintritt, wenn wir weiterhin so hemmungslos unsere natürlichen Ressourcen verbrauchen und die Folgen den nachkommenden Generationen überlassen. Zum anderen haben wir im Herbst die Wahlen zum Bundestag. Das ist eine große Chance, wirkliche Maßnahmen für ein klimagerechtes Leben auf den Weg zu bringen. Es sollte das Ziel sein, nur den Parteien die Stimme zu geben, die überzeugend darlegen können, auf welche Weise der von Fabian Scheidler geforderte Umbau der grundlegenden Institutionen  – in Wirtschaft eben so wie im Staat und in der Wissenschaft gelingen könnte. Eine erste Voraussetzung: Die bevorstehende Bundestagswahl als Klimawahl deklarieren.

Wir werden sehen, ob das gelingt; dem Buch von Fabian Scheidler sind auf jeden Fall zahlreiche LeserInnen zu wünschen.

 

 

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