Objekt des Monats Juli: Eine Rarität im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte (MKK)

Biedermeier-Gemälde der Künstlerin Louise Henry ist Objekt des Monats Juli

Das „Objekt des Monats Juli“ hat Joana Maibach, Museologin im MKK ausgesucht und beschrieben. Das Öl-Gemälde „Die Familie Felix Henri du Bois-Reymond“ der Malerin Louise Henry aus dem Jahr 1832 ist in „Biedermanns Wohnzimmer“ in der dritten Etage im MKK zu finden. Der Eintritt ist frei.
„Do women have to be naked to get into the Met. Museum?“, fragte die anonym operierende Künstlergruppe „Guerilla Girls“ ironisch auf einem Plakat aus dem Jahr 1989, „müssen Frauen nackt sein, um ins Metropolitan Museum zu kommen?“ Auf dem Plakat abgedruckt finden sich erstaunliche Zahlen: So waren 1989 im New Yorker Metropolitan Museum nur 5 Prozent der ausgestellten Kunstschaffenden weiblich, dafür aber 85 Prozent der gezeigten Akte. Bei einer Untersuchung 2012 waren die Zahlen immer noch ähnlich.

Die von der Gruppe begründete Institutionskritik am männerdominierten Kunstbetrieb und die Diskussion um Gendergerechtigkeit im Ausstellungsbetrieb ist also noch hoch aktuell, obwohl seit Jahren mit Sonderausstellungen und neu strukturierten Dauerausstellungen dieser Unterrepräsentation entgegengewirkt wird. Sehr viele Künstlerinnen sind aufgrund des männlich geprägten Kunstkanons in Vergessenheit geraten. Es geht also um eine Stärkung der Sichtbarkeit von Künstlerinnen sowie von Frauen generell.

L. Henry_Die Familie Felix Henri du Bois-Reymond_©MKK, Madeleine-Annette Albrecht

Das Gemälde „Die Familie Felix Henri du Bois-Reymond“ aus dem Jahr 1832 zeigt ein gesittetes Familienbild aus dem Biedermeier. Gemalt wurde es von einer Frau: Louise Henry (1798 – 1839). Es ist das einzige Gemälde einer Künstlerin, das derzeit in der MKK-Dauerausstellung zu sehen ist. Eine Bestandsaufnahme am Museum hat gezeigt, dass auch im MKK ein großes Ungleichverhältnis herrscht. Louise Henry, eine in Vergessenheit geratene Berliner Künstlerin, zählt zu den wichtigen Vertreter*innen der Kunst des Berliner Biedermeiers, die es verdient hat, sichtbar gemacht und wiederentdeckt zu werden.

Louise Henry, geborene Claude, kam 1798 als Kind einer aus Frankreich emigrierten Familie in Berlin zur Welt. Sie erhielt ab ihrem 14. Lebensjahr Zeichenunterricht. Ab 1817 war sie Schülerin im Atelier von Wilhelm Schadow, Sohn des Bildhauers Johann Gottlieb Schadow, und erhielt dort Unterricht im Portraitmalen. Frauen wurde zu dieser Zeit eine Ausbildung in der Kunst vielfach erschwert, so wurde ihnen zum Beispiel das anatomische Zeichnen und das Studium lebender Modelle an den öffentlichen Akademien verwehrt, welches seit der Renaissance den Kern der künstlerischen Lehre bildete. Der Zutritt zum Aktsaal mit ausschließlich männlichen Modellen war aus sittlichen Gründen versperrt und galt ohnehin als eine rein männliche Domäne.

Mit ihrer Vermählung mit dem Pfarrer Paul Henry heiratete die Künstlerin in eine traditionsreiche Künstlerfamilie ein: Ihr Ehemann war der Enkel des berühmten Kupferstechers Daniel Chodowiecki. Dessen Nachfahren, die Familie Henri du Bois-Reymond, sind auf dem Gemälde der Künstlerin zu sehen, und auch er selbst ist darin in der Büste im rechten Hintergrund und in der Zeichenmappe, die Arbeiten von ihm enthalten, verewigt.

Seit 1812 war Louise Henry mit ihrer Kunst an den Berliner Akademie-Ausstellungen beteiligt und präsentierte dort in insgesamt 14 Ausstellungen rund 80 Werke in verschiedenen Techniken. Ihr OEuvre umfasst Portraits, Gruppen- und Familienbilder sowie Genreszenen. Der überwiegende Teil davon befindet sich heute in Privatbesitz. 1833 verlieh ihr die Preußische Akademie der Künste die „Außerordentliche Mitgliedschaft“. Allerdings sollte sie die vorerst letzte Frau sein, der diese Ehre zuteil wurde – erst 1919 wurde mit Käthe Kollwitz die nächste Künstlerin in die Akademie aufgenommen.

Text: Pressestelle der Stadt Dortmund; Foto o.r.: Archiv MIT

 

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