Objekt des Monats Januar 2022 im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK)

MKK

Lovis Corinths Porträt des Kunstsammlers Henry Simms

Das „Objekt des Monats Januar“ hat MKK-Direktor Dr. Jens Stöcker ausgesucht und beschrieben. Es ist ein Öl-Gemälde des impressionistischen Malers Lovis Corinth, der im Jahr 1910 den Kunstsammler Henry Simms porträtierte. Zu finden ist es in der Gemäldegalerie des Museums für Kunst und Kulturgeschichte. Der Eintritt ist frei.
Im Juni 1976 konnte das MKK in einer Auktion aus dem Nachlass von Gertrud Simms (geb. Sauber) ein von Lovis Corinth 1910 gemaltes Porträt ihres Mannes Henry Simms erwerben.

Henry Simms (1861-1922), der Corinth selbst mit seinem Porträt beauftragt hatte, war ein Hamburger Unternehmer und Kunstsammler. Er steht stellvertretend für eine Generation der wohlhabenden Kunstmäzene am Anfang des 20. Jahrhunderts und war ein großer Förderer zeitgenössischer Künstler wie Lovis Corinth (1858-1925), von dem er nicht nur zahlreiche Gemälde erwarb, sondern ihm auch eine Fülle von Aufträgen in der (Hamburger) Unternehmerschaft vermittelte. Als Porträtmaler war Corinth äußerst erfolgreich.
Simms stammte aus einer britischen Industriellen- und Unternehmerfamilie, die zur Geburt von Henry Simms schon in der zweiten Generation in Hamburg lebte. Als Sohn dieser international vernetzten Familie begann Simms seine berufliche Karriere im väterlichen Unternehmen und reiste schon mit 19 Jahren zur Handelsdépendance nach Sidney. Wenig später wurde Simms Generalvertreter für den weltweiten Export des Münchener Hofbräuhaus Bieres, sowie Generalvertreter für die um die Jahrhundertwende größte deutsche Brauerei Löwenbräu in München sowie für Pilsener Urquell.

Durch seine Heirat mit der Hamburger Reederstochter Getrud Sauber wurde Simms zu einem der wohlhabendsten Bürger Hamburgs. Das junge Ehepaar zog in eine Wohnung in Hamburg-Uhlenhorst. In diesem Haus wohnte auch Alfred Lichtwark (1852-1914), der erste Direktor der Hamburger Kunsthalle.
Vermutlich war Simms bereits ein begeisterter Kunstliebhaber, so dass es Alfred Lichtwark leicht fiel, Simms für die aktuelle Kunst zu begeistern und zu Bildungsreise nach München, Florenz, Venedig und Rom zu überreden, wo der junge Unternehmer seine ersten Kunstwerke kaufte. Neben seinem Unternehmen widmete sich Simms zunehmend dem Studium der Kunstgeschichte und gehörte bald auch der Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde an und war Mitglied im Hamburger Kunstverein.

Die ersten Kunstwerke, die Simms kaufte, waren grafische Arbeiten von Dürer und Rembrandt. Mehr und mehr entwickele Simms aber Freude daran, die Künstler seiner Werke selbst kennenzulernen und besuchte in Rom und München Künstler wie Otto Greiner, Joseph von Kopf, Georg Kolbe, Fritz von Uhde oder Franz von Stuck, von denen er Werke erwarb. Ein großes Vorbild für ihn wurde die Kunstsammlung von Alfred Friedrich Schack in München.
In Hamburg ließ er sich von George Radel in Harvestehude eine Villa errichten. Seine Sammlung hatte er inzwischen um zahlreiche Werke erweitert, u.a. von Ferdinand Hodler, Max Klinger, Wilhelm Leibl und Arnold Böcklin. Drei Maler allerdings waren außergewöhnlich zahlreich in Simms Villa vertreten: Insgesamt 26 Arbeiten stammten von Auguste Herbin, 15 Gemälde von Max Beckmann und 14 von Lovis Corinth. Durch die Vermittlung des Kunstkritikers Wilhelm Uhde erwarb Simms auch Werke von Claude Monet, Alfred Sisley, Gustave Courbet und nicht zuletzt von Pablo Picasso.
Der genaue Umfang der Sammlung von Henry Simms ist heute nicht mehr bekannt. Bekannt ist allerdings, dass er der Hamburger Kunsthalle 1918 insgesamt 168 Gemälde für eine Ausstellung zur Verfügung stellte.
Auch in Dortmund gab es mit dem Geheimen Kommerzienrat und Brauereibesitzer Joseph Cremer einen kunstliebenden Unternehmer, der dem Museum 1911 zur Wiedereröffnung am neuen Standort am Ostwall einen großen Teil seiner Gemäldesammlung als Leihgabe zur Verfügung stellte. 1918 kamen durch die testamentarische Verfügung des kgl. Kommerzienrats Carl Joseph Kremer, Mitinhaber der Dortmunder Maschinenfabrik Schüchtermann und Kremer, 27 Ölgemälde ins Museum, die letztlich den Schwerpunkt der Gemäldesammlung auf das 19. Jahrhundert begründeten.
2001 kehrte das Porträt von Henry Simms für die Ausstellung „Picasso, Beckmann, Nolde und die Moderne – Meisterwerke aus frühen Privatsammlungen in Hamburg“ noch einmal in die Hamburger Kunsthalle zurück.

Auf dem Porträt blickt uns ein sitzender Mann in dunklem Anzug direkt in die Augen. Sein Gesicht ist scharf konturiert und lässt sowohl seine Mimik wie seine Physiognomie sehr deutlich erkennen. Henry Simms sitzt auf einem Armlehnstuhl vor einer Flügeltür mit Sprossenfenstern. Schauplatz ist möglicherweise sein Wintergarten, hinter dem der Garten zu liegen scheint. Auch zu seiner Rechten ranken die langen, schmalen Blätter einer Pflanze empor.
Simms selbst trägt einen dunklen Anzug mit Weste und einer goldenen Uhrkette, seine goldenen Manschettenknöpfe blitzen an dem wie gestärkt wirkenden weißen Hemd unter den Anzugärmeln hervor. Seine linke Hand ruht auf der Armlehne des Stuhls. Mit seiner rechten Hand hält er ein auf seinem Schoß liegendes Buch.
Es ist verlockend zu vermuten, dass es sich um sein eigenes, im Entstehungsjahr des Gemäldes verfasstes Buch handelt: „Meine Bilder und einige Aufzeichnungen wie meine Sammlung entstand“. Den Band gab Simms 1910, anlässlich seines 25. Firmenjubiläums, heraus. Das Buch ist die zentrale Quelle zu seiner Kunstsammlung, tagebuchartig berichtet er darin über die Künstler seiner Sammlung – und natürlich auch über seinen Porträtisten, Lovis Corinth, der heute zu den wichtigsten Vertretern des Impressionismus in Deutschland zählt.

Quelle: Pressestelle der Stadt Dortmund.  Foto des Gemäldes: © Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Joana Maibach. Foto o.r.: Archiv MIT.

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