Cocktailtomaten gegen den Klimawandel

Dortmund auf dem Weg zur „Open- Source- Saatgut- Stadt“

Von Eva Latterner

Mit Tomatensaatgut den Folgen des Klimawandels begegnen?
Das mag auf den ersten Blick ungewöhnlich und befremdlich erscheinen. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt es sich als praktikabel und sinnvoll, die Sortenvielfalt unserer Nutzpflanzen zu erhalten und damit auf die sich verändernden klimatischen Rahmenbedingungen zu reagieren.

Die Koordinierungsstelle Klimaschutz und Klimaanpassung des Umweltamtes der Stadt Dortmund möchte daher möglichst viele Dortmunderinnen und Dortmunder von der Idee des „Open- Source- Saatgutes“  überzeugen und zum Mitmachen animieren. Eine Online- Veranstaltung am 19.01.2022, moderiert von Christian Nähle von der Koordinierungsstelle, fand reges Interesse, nicht nur in Dortmund, sondern auch bei überregionalen Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Was nun bedeutet Open- Source-Saatgut für die Landwirtschaft und für private Gärtnerinnen und Gärtner? Und was hat das mit dem Klimawandel zu tun?
Obwohl Saatgut traditionell Gemeingut ist, kontrollieren wenige Chemie- Konzerne einen großen Teil des kommerziellen Saatgutmarktes. Sie erzielen ihre Gewinne mit einigen wenigen Hochleistungssorten. Die Weiterzüchtung wird durch Patente eingeschränkt, die Landwirtschaft folglich zunehmend einheitlicher. Dadurch gehen nicht nur Sorten- und Geschmacksvielfalt verloren, auch die Anpassung an Veränderungen durch die Folgen des Klimawandels ist immer weniger gegeben.

Hier soll die Idee des Open- Source- Saatgutes (OSS) eine Veränderung bewirken, erläuterte Dr. Johannes Kotschi, Teamleiter OSS. Durch die OSS-Lizenz wird sichergestellt, dass jeder Erwerber das Saatgut nutzen, vermehren und weiterentwickeln darf. Niemand darf es privatisieren, was bedeutet, dass Patente und Sortenschutz ausgeschlossen sind.  Die Rechte und Pflichten aus der Lizenz werden mit dem Saatgut weitergegeben. Nur so kann Saatgut wieder Gemeingut und entsprechend geschützt, sowie selbstorganisiert und bedürfnisorientiert weiterentwickelt werden.

Neben verschiedenen Tomatensorten sind einige Weizensorten, Mais, Kartoffeln und Paprika durch die Lizenz geschützt und werden in gemeinnützigen Projekten eingesetzt. Als Beispiel sei das Modellprojekt „Ein Brot für freies Saatgut“ in Berlin und Brandenburg genannt. 

Um die OSS- Idee weiterzutragen, sind sowohl Werbung und Öffentlichkeitsarbeit als auch die Mitarbeit einer interessierten Gemeinschaft unabdingbar. 

In Dortmund hat die kleine Cocktailtomate Sunviva sich auf den Weg gemacht, die Stadtgesellschaft von den Vorteilen des samenfesten Saatgutes zu überzeugen.
Denn da Sunviva robust und sehr einfach zu ziehen ist, sollen durch sie möglichst viele Menschen überzeugt werden, sich für gesunde, regionale Ernährung zu interessieren. Gemüse aus eigenem Anbau, das problemlos auf kleinster Fläche gezogen werden kann, ist ein erster Schritt zur „Open-Source-Saatgut- Stadt“ und ein guter Einstieg in eine persönliche Ernährungswende. Wer das versuchen und Sunviva für sich entdecken möchte, kann sich an Christian Nähle wenden und um Zusendung des Tomatensamens bitten: cnaehle@stadtdo.de oder 0231 5028774.

Im Rahmen des kommunalen Handlungsprogramms „Klima-Luft 2030“ möchte das Umweltamt eine Dortmunder Ernährungswende erreichen. Klimafreundliche und nachhaltige Landwirtschaft soll gestärkt werden. Lokale Erzeugung hilft, den CO2 Ausstoß zu verringern und schafft regionale Arbeitsplätze. Die Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) Kümper Heide ist Partnerin des Umweltamtes beim Anbau und dem Verkauf von Sunviva und versorgt darüber hinaus viele Haushalte im Einzugsbereich mit frischem Gemüse. Auch die Dortmunder Kleingärten leisten auf ihren Anbauflächen schon seit Jahren einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz  und zu gesunder Ernährung.

Eine von der Stadtgesellschaft getragene Ernährungswende, die nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern auch dem Klimaschutz gilt, braucht jedoch einen langen Atem und erfordert Aufklärung und Weiterbildung. 

Wenn die kleinen Tomaten möglichst vielen Leserinnen und Lesern im Sommer schmecken und möglichst viel Samen geerntet wird- tragen Sie es einfach mit ein paar Samenkörnchen weiter.

Fotos: 1 o.r.: Koordinierungsstelle, 2 + 3: K.N. (Gärtnerei Gut Königsmühle)

 

 

 

 

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