Buchempfehlung: Was kann Künstliche Intelligenz?

Mario Lars Bücher

KAI – FU LEE  / QIUFAN CHEN:  KI 2041 – 10 Zukunftsvisionen

Künstliche Intelligenz (KI) ist eines der wichtigen Themen unserer Zeit, denn KI wird unsere Welt und das Leben in ihr nachhaltig verändern. Mit dem vorliegenden Buch – KI 2041 – haben die Autoren eine außergewöhnliche Mischung aus Sammlung von Kurzgeschichten und Sachbuch geschrieben, welches sich mit Entwicklung, Ausbau und Nutzen von Künstlicher Intelligenz bis zum Jahr 2041 befasst – mit all den positiven wie auch negativen Folgen und Möglichkeiten. Und hiervon handelt KI 2041 in zehn Essays und den dazugehörenden Kurzgeschichten.

Während sich die ersten sieben Erzählungen mit der zunehmenden technologischen Komplexität von KI-Anwendungen sowie deren ethischen und gesellschaftlichen Folgen befassen, geht es in den letzten drei um geopolitische und soziale Konsequenzen.
Die Schauplätze der Geschichten sind nicht auf China beschränkt – wie möglicherweise mit Blick auf die Autoren vermutet werden könnte – sondern über den gesamten Globus verteilt: China, Indien, Nigeria, Südkorea, Japan, Sri Lanka, Island, Katar und Australien.

Buchtip
Manon Bischoff, Spektrum der Wissenschaft, 15.03.2022
Ein […] hervorragendes Buch. Es spricht gleichermaßen Laien als auch in dem Fach bewanderte Personen an, denn es macht Spaß, den Zukunftsvisionen der Autoren zu folgen. Das Werk lässt sich als möglicher Wegweiser nutzen, der aufzeigt, welches Potenzial in den Technologien steckt, aber auch mahnt, die möglichen Folgen der Nutzung genauer zu hinterfragen. Denn wie die Autoren immer wieder verdeutlichen: Die eigentliche Gefahr geht nicht von der Technologie aus, sondern von den Menschen, die sie nutzen.

Die Autoren
Die Autoren des Buches sind Kai-Fu Lee und Qiufan Chen.

Kai-Fu Lee ist CEO der Risikokapitalgesellschaft Sinovation Ventures, Co-Vorsitzender des Artificial Intelligence Councils beim Weltwirtschaftsforum und Autor des Bestsellers AI-Superpowers, 2019 im Campus Verlag erschienen. Er hat einen Doktortitel der Carnegie Mellon University und hatte Führungsrollen bei Microsoft, SGI und Apple inne. Lee ist ehemaliger Präsident von Google China und stand bereits auf der Time 100-Liste. Er lebt in Beijing.

Qiufan Chen ist preisgekrönter Autor, Übersetzer, kreativer Produzent, Kurator und Präsident der World Chinese Scienc Fiction Association. Sein Roman Die Siliziuminsel erschien 2019 in deutscher Übersetzung. Chen ist Gründer und COO des Content-Produktionsstudios Thema Mundi und lebt in Beijing und Shanghai.

Beide haben sich für „KI 2041“ zusammengetan und haben Zukunftsvisionen für das Jahr  2041 entworfen,  die mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreffen werden. „Dieses Buch basiert also auf realistischer KI bzw. auf Technologien, die es entweder schon gibt oder von denen man vernünftigerweise annehmen kann, dass sie innerhalb der nächsten 20 Jahre anwendungsreif sein werden. Sie basieren auf Technologien, die mit einer Wahrscheinlichkeit von über 80 % in diesem Zeitraum am Markt eingeführt werden“. (S. 14)

Die Geschichten
Zu jeder der zehn Geschichten von Quifan Chen gibt es eine Einleitung von Kai-Fu und im Anschluss eine Analyse, in der die verwendeten Technologien genauer erklärt werden, sowohl was die Vorteile anbetrifft, wie auch die Nachteile – und vor allem wie realistisch sie angesichts aktueller wissenschaftlicher Forschung einzuschätzen sind.

In Der goldene Elefant wird gezeigt, wie in Indien die Diskriminierung der Kastenzugehörigkeit durch Einsatz von KIs bekämpft werden kann, geht aber auch auf kleine Alltagsvorteile ein, die durch eine gesunde Lebensführung mit Hilfe der Ki erreicht werden können.

Götter hinter den Masken erzählt von den Tücken der Deepfake-Technologie und welche Auswüchse sie in der Zukunft vermutlich noch haben wird.

Ungleiche Zwillinge zeigt, wie KI unser Bildungswesen unterstützen könnte.

In Berührungslose Liebe werden einige durch die Pandemie besonders hervorgetretene Probleme angesprochen und KI gestützte Lösungswege für sie aufgezeigt. Aber auch die Klimakrise wird thematisiert.

In Das gespenstische Idol geht es um die Zukunft der virtuellen Realität, in der der »Geist in der Maschine« eines toten Idols einem Fan hilft, den eigenen Tod aufzuklären.

Mit den Vorteilen und Risiken des autonomen Fahrens beschäftigt sich Der heilige Fahrer, auch mit der Frage, wie autonom autonome Fahrzeuge wirklich sein sollten.

In Form eines Actionthrillers beschäftigt sich Quantengenozid mit Quantencomputern und mit autonomen Waffensystemen. Nicht neu, aber in diesem Zusammenhang notwendig zu sagen: das größte Risiko bei allen disruptiven technologischen Entwicklungen bleibt weiterhin der Mensch.

Wenn uns immer mehr Arbeiten von Maschinen und Programmen abgenommen werden, wie sollen wir dann in Zukunft unseren Lebensunterhalt verdienen? Der Jobretter versucht dieses Problem mit Hilfe eines Gesellschaftsvertrages zu lösen. Das Bedingungslose Grundeinkommen hat sich als nicht tauglich erwiesen – 2024 wurde es eingeführt, bereits 2029 wieder ausgesetzt.

Die Insel der Glückseligkeit fragt sich, ob KIs uns dabei helfen können, glücklich zu werden, und wenn ja, welchen Preis wir dafür zu zahlen haben.

Der Traum vom Überfluss entwickelt ein Zukunftsszenario, in dem es dank KIs keine Güterknappheit mehr gibt und vieles kostenlos ist oder einen niedrigen Preise hat. Allerdings macht Kai-Fu Lee keinen Hehl aus den hohen Hürden, die uns auf diesem Weg noch bevorstehen.

KI 2041 ist kein pessimistischer Blick in die Zukunft, sondern ein optimistischer. »Wir wollten eine Zukunft darstellen, in der wir gerne leben und die wir gerne mitgestalten würden«, schreibt Chen Qiufan im Vorwort. Gleichwohl bleibt ein bedrückendes Gefühl zurück. 20 Jahre ist ja kein allzu langer Zeitraum. Die meisten LeserInnen werden das Jahr noch erleben. Ob sie bereit sind, die anstehenden Veränderungen mitzugestalten, wird eine der wichtigen Fragen in diesem Zeitraum sein. Bedrückend, weil ja völlig offen ist, ob die Gesellschaften angemessen auf den Klimawandel reagieren können und bedrückend auch, weil mit dem Krieg, den Russland in der Ukraine führt, unser Bild von einem friedlichen Miteinander in Europa und der Welt ins Wanken geraten ist.

Kai-Fu Lee, Qiufan Chen : KI 2041 Zehn Zukunftsvisionen
Aus dem Englischen von Thorsten Schmidt
534 Seiten, gebunden, mit Lesebändchen, 26 Euro
ISBN 978-3-593-51549-6 Erscheinungstermin: 9. Februar 2022

 

Kommentare sind geschlossen.