Buchempfehlung: Erinnerungen an eine Fußballkindheit

Andreas Bernard: Wir gingen raus und spielten Fußball

Von Henry Mühlhausen

Mario Lars Bücher

Im Fußball gibt es einen oft verwendeten Begriff, nämlich den des „Straßenfußballers“.
Als Straßenfußballer werden Fußballprofis bezeichnet, die sich schon als Kinder und Jugendliche im Laufe der Jahre ihre Schnelligkeit, Kondition, Tricks und natürlich auch ihren Willen ein Spiel zu gewinnen, auf Straßen oder auf den nahe gelegenen Bolzplätzen erarbeitet oder besser gesagt erspielt haben. Prominente Beispiele für Straßenfußballer, die den Sprung nach ganz oben in die Bundesliga und/oder sogar in die Nationalmannschaft geschafft haben, sind z.B. Frank Mill, Pierre Littbarski, die Boateng Brüder oder Mehmet Scholl.

Und im Gegensatz zu diesen prominenten Namen, gibt es natürlich auch Hunderttausende von Jugendlichen, die gerne und gut Fußball gespielt haben, für die es aber aus den verschiedensten Gründen nicht zu erträumten Karriere „ganz oben“ gereicht hat.

Eine Fußball-Jugend in den 70er und 80er Jahren
Das neue Buch von Andreas Bernard, Jahrgang 1969 „Wir gingen raus und spielten Fußball“ behandelt diese Thematik. Darin beschreibt der Autor seine Jugend in den 70er und 80er Jahren in einem Münchener Vorort. Und diese Jugend war ganz stark geprägt vom Fußball. Freizeit bedeutete Fußball und nichts anderes. Bernards Buch beginnt chronologisch mit dem aufkommenden Fußballinteresse des Autors. Der Grundstein dafür wurde bei der Weltmeisterschaft 1978 gelegt und die Begeisterung für den Fußball wurde entfacht. Zwei nahegelegene Fußballplätze (der „Abenteuer“ und der wegen seines roten Tartanbelags wesentlich beliebtere „Gummi“) wurden in jungen Jahren quasi das Wohnzimmer für Andreas Bernard und seine gleichaltrigen Fußballkollegen. 

Der Autor beschreibt seine Erinnerungen an eine Kindheit und Jugendzeit, wie sie heute zum Großteil nicht mehr existiert. Fast wehmütig beschreibt Andreas Bernard zu Anfang des Buchs, den heutigen Zustand seines beliebten „Gummi-Platzes“. Der rötliche Bodenbelag ist abgeblättert, ein Basketballkorb wurde montiert und in der Regel ist der Platz, der früher der tägliche Treffunkt aller fußballbegeisterten Jugendlichen war, menschenleer. Und natürlich geht der Autor auf viele Details ein, die in seinen Erinnerungen dauerhaft verblieben sind. Da geht es um das Wählen der Mannschaften, die Stärken und Schwächen der früheren Mitspieler, den Werdegang durch die Jugendmannschaften eines Fußballvereins, die Kommentare von Zuschauern und Betreuern, Verletzungen, bis zur wöchentlichen gewissenhaften Pflege der Kicker-Stecktabelle. Unwillkürlich fallen dem Leser längst vergessene Begriffe aus der eigenen Zeit als jugendlicher Fußballer wieder ein: Schlagwörter wie „Fliegender Torwart“, „Erster Alles“ oder die „Drei Ecken – ein Elfer“-Regel kommen wieder in Erinnerung.

Andreas Bernard geht in seinem Buch auch auf seine schrittweise vollzogene Abkehr vom Fußballspielen ein. Rollen spielen dabei selbstverständlich das „Älter werden“, die Familie und der Beruf. Dennoch ist der Autor mit Leib und Seele Fußballfan (in diesem Fall von Bayern München) geblieben und beschreibt zum Ende des Buches amüsant, wie er als Fan die Spiele seiner Bayern an den teilweise entlegensten Plätzen dieser Welt verfolgt hat. 

Ein klarer Lesetipp
Insgesamt ist „Wir gingen raus uns spielten Fußball“ ein sehr lesenswertes Buch, in dem Jugenderinnerungen und Fußball-Nostalgie den deutlichen Gegensatz zum Fußball der heutigen Zeit bewusst werden lassen.
Und wer möglicherweise Bedenken hat, dass die von Bernard beschriebene Fußballjugend in München spielt und der Autor ein Fan vom FC Bayern ist, dem sei gesagt: das Buch könnte in jeder Stadt Deutschlands spielen. Denn die Erlebnisse und Geschichten über die der Autor schreibt, haben sich überall gleich oder sehr ähnlich abgespielt. Gleich ob in München, Berlin, Hamburg oder Dortmund. 

Andreas Bernard: „Wir gingen raus und spielten Fußball“; Klett-Cotta Verlag.
Gebundene Ausgabe : 156 Seiten, 20,00 €.

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