Buchempfehlung des Monats

Christian Bommarius:  Im Rausch des Aufruhrs. Deutschland 1923

Mario Lars Bücher

Die Jahreszahlenbücher sind mittlerweile Legion. Ob „1913. Der Sommer des Jahrhunderts“ oder „Liebe in Zeiten des Hasses. Chronik eines Gefühls 1929-1939“, beide von Florian Illies, „1919. Die Jahre des Schicksals“ oder „1919. Das Jahr der Frauen“ von Markus Willinger und Unda Hörner – nun also das Jahr 1923.

Passend zum Trend gibt es so das Genre der Collagen-Reportage, die zwischen Belletristik und Sachbuch pendelnd Geschichtliches gut lesbar, d.h. ohne Quellenverweis und somit auch weitgehend ohne direkte Möglichkeit der Überprüfbarkeit, offeriert. Meist sind Journalisten, manchmal auch Historiker die Verfasser. Die Spannbreite reicht vom ambitionierten Werk bis zu Kriminalistischem und Herzschmerz. Sowieso gibt es zurzeit eine Flut von Veröffentlichungen zur Weimarer Republik. Warum also Bommarius und 1923?

Ganz einfach: Weil es Spaß macht. Mit den Schwerpunkten Berlin und Kultur schafft Bommarius einen prallvollen Rahmen für seine Geschichten, in denen sich nicht Politiker, sondern Literaten (wie Tucholsky, Nabokov, Brecht oder Kafka) im wilden Wirbel mit Schauspielerinnen, überhaupt Theaterleuten jeder Art, Reichen und auch heute noch Berühmten um Bücher, Filme, Musik, Drogen und Erotik drehen. Im absoluten Krisenjahr der Weimarer Republik konzentriert sich die Dramatik der Zeit. Gewaltsame Aufstände der extremen Rechten und Linken, bittere Armut, zahllose Streiks, die französische Besetzung des Ruhrgebiets, der sich rasant steigernde Antisemitismus und eine galoppierende Inflation sind streng chronologisch im Erleben des glücklicherweise nicht mit fiktiven Emotionen ausgestatteten Personals kondensiert. 

Der Publizist Bommarius hat ein Sachbuch geschrieben, das in Sprache, Arrangement und Illustrationen brillant ist.

Hella Koch – Buchhandlung am Amtshaus

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