Buchbesprechung: Europa auf dem Weg zu einer neuen Friedensordnung?

Parmenedis Stiftung (Hrsg.) Perspektiven nach dem Ukrainekrieg

Mario Lars Bücher

Vorab zur Einstimmung
„Nicht der Krieg ist revolutionär, der Frieden ist revolutionär.“
(Jean Jaurès)
„Was wussten 1914 nach fast einem halben Jahrhundert die großen Massen vom Krieg. Sie kannten ihn nicht, sie hatten kaum an ihn gedacht. Er war eine Legende, und gerade die Ferne hatte ihn heroisch und romantisch gemacht.
Stefan Zweig (Die Welt von gestern, 1944)
Wir stehen am Rande eines Krieges mit Russland und China in Fragen, die wir zum Teil verursacht haben, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie das Ganze enden wird und wozu es führen soll.
Henry Kissinger (in einem Interview mit dem Wall Street Journal am 15.8.2022).

Klappentext
Der Krieg in der Ukraine hat alle Hoffnung zerstört, dass Europa keine bewaffneten Konflikte erlebt. Wieder wie 19451989/90 muss eine neue Friedensordnung für den Kontinent gefunden werden. Dazu muss über die aktuelle Lage im Ukrainekrieg hinaus gedacht werden.”

Inhalt
Der vorliegende kleine Band aus dem Herder Verlag enthält auf 144 Seiten sechs Stellungnahmen zum Ukrainekrieg aus unterschiedlichen disziplinären und politischen Perspektiven. Vor allem stehen Überlegungen im Mittelpunkt, wie eine Zukunft nach dem Krieg aussehen könnte und wie eine Politik beschaffen sein müsste, die den Frieden nachhaltig sichert und eine tragfähige neue Sicherheitsarchitektur schafft.

Die AutorInnen
Julian Nida-Rümelin, Prof. Dr. Dr. h.c.; emeritierter Lehrstuhlinhaber für Philosophie und politische Theorie an der LMU München. Kulturstaatsminister im ersten Kabinett Schröder; stellv. Vorsitzender des des Deutschen Ethikrates plädiert in seinem Beitrag Eine ethisch fundierte Realpolitik der Friedenssicherung. Eine philosophische Perspektive für eine ethisch fundierte Realpolitik als Antwort auf die Krise der europäischen Friedens- und Sicherheitspolitik.

Mattias Kumm, Prof. Dr., seit 2000 Inhaber einer Professur an der New York University School of Law
erinnert in seinem Beitrag Der Ukrainekrieg und die Zukunft der internationalen Rechtsordnung an die völkerrechtlichen Ziele, die jeweils mit dem außenpolitischen Engagement und speziell dem Kriegseintritt der USA verbunden waren und zieht daraus seine Schlüsse für Perspektiven nach dem Ukrainekrieg.

Erich Vad; Dr. Brigadegeneral a.D., ehem. Berater für Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Deutschen Bundestag
erörtert in seinem Beitrag Gelernte Lektionen und strategische Perspektiven die Lage aus militärstrategischer Sicht.

Albrecht von Müller, Prof. Dr., lehrt Philosophie an der LMU München
diskutiert in seinem Beitrag Strukturelle Stabilität für Europa die Kriterien und Perspektiven einer stabilitätsorientierten Sicherheitspolitik nach dem Krieg.

Werner Weidenfeld, Prof. Dr. Dr. h.c.; Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung der LMU München
analysiert in seinem Beitrag Der Kontinent der Fragezeichen: Europapolitische Aspekte die fundamentalen aktuellen Herausforderungen für die Europäische Union 

Antje Vollmer; Dr.: 1994- 2005 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
wirft in ihrem Beitrag Den Krieg verhindern – ein ungehörter früher Weckruf einen Blick zurück auf den Protest von Politkern und Intellektuellen  gegen die Verschärfung des Ukrainekonflikts im Jahr 2014 und erörtert, was man daraus für die Zukunft lernen kann.

Empfehlung
Der russische Angriffskrieg fordert den Westen heraus eine Sicherheitspolitik zu entwickeln, die der neuen internationalen Situation gerecht wird und die zum Ziel hat, „eine neue Stabilität zu erreichen und die Wahrscheinlichkeit weiterer Kriegsausbrüche zu mindern.“
Vor diesem Hintergrund sind fundierte Debatten dringend erforderlich. Die vorliegende Sammlung der sechs Beiträge ist daher unbedingt zur Lektüre zu empfehlen.

 

 

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