Das Objekt des Monats Januar 2023 im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK)

MKK; Foto: Archiv MIT

Die Teekanne Lapislazuli ist das Objekt des Monats Januar 2023 im MKK

Das Objekt des Monats Januar 2023 hat Joana Maibach ausgesucht und auch folgende Infos zusammengestellt: 

Bei dem Objekt handelt es sich um die mintfarbene, matt gestaltete Teekanne mit dem klangvollen Namen Lapislazuli – italienische Schreibweise für den blauen Halbedelstein Lapislazuli oder Lapis Lazuli. Mit ihrer ungewöhnlichen fünffach gestuften und nach oben hin verjüngenden Form weckt sie bei den Betrachtenden einige Assoziationen.

So erinnert sie mit ihrem skulpturalen Charakter an Architekturformen, an eine mehrstöckige Tortenkreation oder aber auch an Wolken, fantastisch ist sie allemal. Sie passt durch ihre besondere Gestaltung kaum in das tradierte Bild von Teegefäßen, dennoch ist sie ein „skulpturales Nutzobjekt“, deren Funktion als Teekanne durch ihre Form nicht beeinträchtigt wird.

Sie gehört zu der Keramikserie The Indian Memory, welche von dem italienischen Designer und Architekten Ettore Sottsass (1917-2007) zu Beginn der siebziger Jahre entworfen und 1987 durch den Töpfermeister Alessio Sarri hergestellt wurde.
Die Serie umfasst noch fünf weitere Teekannen – drei davon ebenfalls in der Vitrine im MKK zu sehen – und zwei Obstschalen. Inspiration für die Entwürfe der Serie war eine Indienreise von Sottsass – worauf auch der Name der Serie verweist – und spiegelt sein Interesse an anderen Kulturen wider.

Mit seinen fantasievollen, bunten und auch humorvollen Entwürfen zu dieser keramischen Serie fernab der üblichen Konventionen zeigt der Designer eine der Grundideen der von ihm mitbegründeten Künstlergruppe Memphis. Diese hatte sich an einem Winterabend im Jahr 1980 in der Mailänder Wohnung von Sottsass zusammengeschlossen.

Die Mitglieder der Gruppe kamen aus verschiedenen Disziplinen: unter ihnen waren Möbel-, Textil-, und Keramikdesigner*innen, Architekten und die Autorin und Designkritikerin Barbara Radice. Der Name des Kollektivs soll von dem Bob Dylan Song „Stuck Inside of Mobile with the Memphis Blues Again“ abgeleitet worden sein, den die Gruppe an diesem Abend mehrfach hörte, während sie über die Ideen einer neuen internationalen Design-Gruppierung diskutierte.

Memphis war dabei primär eine ästhetische Reaktion auf den „[…] als kalt, technokratisch und einseitig bloß rational empfundenen Funktionalismus, der die Architektur und das Produktdesign bis dahin dominiert hatte.“  Der offiziellen Doktrin des Funktionalismus, „form follows function“, setzte die Gruppe Entwürfe entgegen bei denen die Formen eben nicht mehr länger an Funktionen gebunden waren. Sie wandten sich mit ihren Entwürfen von den traditionell aufeinander bezogenen Kategorien Form, Funktion und Material ab und kombinierten bunte Farben, lebhafte Muster, verschieden wertige Materialien und phantasievolle, individuell gestaltete Formen miteinander, ein Mix aus Eleganz und Kitsch mit einer Prise Humor. In ihre Entwürfe flossen dabei, wie auch bei der Teekanne Lapislazzuli, verschiedene kulturelle Einflüsse mit ein.

Bevor die Gruppe mit ihren Entwürfen das funktionalistische Verhältnis von Funktion und der ihr dienenden Form radikal veränderte, hatte bereits die Mailänder Gruppe Alchimia, gegründet 1976, dieses zur Disposition gestellt. Sie ging aus der radikalen Bewegung der sechziger Jahre hervor und knüpfte an die Pop-Kultur an. In dieser war Ettore Sottsass bis zur Gründung von Memphis ebenfalls Mitglied.

Im Gegensatz zu Memphis waren die Objekte der Alchimia-Gruppe auf Einzelstücke ausgerichtet, während Memphis bewusst Entwürfe für die Massenproduktion anfertigte. Memphis stellte im September 1981 das erste Mal in der Galerie arc’74 in Mailand aus und sorgte mit den dort gezeigten Objekten – darunter Möbel, Keramikarbeiten und Lampen- für internationales Aufsehen und erregte die Gemüter.

Die mediale Verbreitung war größer als der eigentliche Verkauf der Objekte und da das Bestehen der Gruppe von vorneherein nur auf kurze Zeit ausgerichtet war, löste sich Memphis bereits 1987 wieder auf. Ettore Sottsass hatte die Gruppe bereits zwei Jahre zuvor verlassen, denn die angestrebten Ziele waren erreicht: einen Denkanstoß geben und provokative Impulse im Design setzen.


Quelle: Pressestelle der Stadt Dortmund;  Foto: MKK, Joana Maibach – Ettore Sottsass, Teekanne Lapislazzuli, Entwurf von 1972, Ausführung durch Alessio Sarri für Anthologie Quartett Deutschland 1987, Steingut, glasiert, 20 x 19,5 x 18 cm, Inv.-Nr. 1988/59.

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