Wo ist der nächste Atombunker? – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Wo ist der nächste Atombunker?

Von Peter Grohmann

Meine Heimatzeitung, ein Fossil aus vordemokratischen Zeiten, bot zum Jahreswechsel der LeserInnenschaft elektrische Pfeffer- und Salzstreuer an – jetzt, wo allenthalben Pfefferspray verlangt wird! Den Menschen fehlt offenbar ganz einfach die Kraft für eigene Umdrehungen. Krise pur! In einem Vorort, lese ich, wurde sogar ein Zigarettenautomat gesprengt – nikotinabhängige, süchtige Teile der Bevölkerung waren sich für die Zurichtung des Sachschadens (etliche 1000 EU) nicht zu schade. Dabei kostet eine Schachtel RothHändle eben mal 8,20 EU – frei Haus. “Das weeß heutkeener mehr, dassde ‘ne Zigarette selba drehn kannst, ooch einhändsch, wennsde am Karpaltunnelsyndrom leidest!“, kommentierte meine Omi Glimbzsch (Zittau) diese Nachricht. Ganz abgesehene vom Sparpotential.
Das macht alles der freie Markt, da ist Sprengstoff billiger als Nikotin. Seit sich die Reichsbürger heimlich weiter bewaffnen, steigt natürlicherweise auch die Nachfrage nach Sprengstoff. Selbst die Spielzeugläden folgen dem Ukraine-Trend und haben vermehrt Kriegsspielzeug (für Kinder) im Angebot. Wer eher auf personality setzt, kann zum Wehrmachts-Figurenset ‘Deutsche Oberbefehlshaber’ greifen, mit Hitlergruß.

Von da an ist es zum Urschrei nach mehr Strahlenschutz nicht weit, den die Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz ausruft: Inge Paulini (FDP?) mahnt die bessere Vorbereitung auf nukleare Notfälle an. Bei sowas fällt mir häufig einer meiner Lieblingsschlager ein, etwa dieser: “Schon der Gedanke, dass ich Dich einmal verlieren könnt’…”. Verbinden würde ich das gern mit der Frage: Wohin mit den Menschen? Mit den WählerInnen? Wo ist der nächste Atombunker, wer hat Zutritt? Was mach’ ich, wenn Stau ist? Gibt es Eintrittskarten, geht das alles online? Gibt’s eine Warteliste beim Bürgeramt? Vielleicht sind ja nur Neckarwestheim & Co, gemeint, die zivilen Varianten des Atomkriegs? So oder so: Im Untergrund lauert schon die Zement-Mafia und wittert Morgenwind für Bunker. Ach, Frau Paulini, wie schnell doch die Zeit vergeht: “Alle 100 000 Jahre ein Atomunfall”, dachten Sie.

In krisenhaften Zeiten müssen wir das Gute mit dem Nützliche verbinden, die Ressourcen sind knapp. Als Annalena Bärbock neulich die geklauten die Benin-Bronzen nach Nigeria flog, hatte sie im Handgepäck auch etliche Abschiebe-Flüchtlinge. In Lagos werden bekanntlich vor allem junge, in Armut lebende Männer von der nigerianischen Polizeieinheit SARS willkürlich festgenommen, Gefangene gefoltert (u.a. durch Herausziehen von Fuss- wie Fingernägeln, Vergewaltigungen, stundenlange Schläge. Sogar Kinder werden gefoltert). 

Wer die Folterungen überlebt, kann anschließend die Deutschkurse des dortigen Goethe-Instituts besuchen. Es liegt zentral in Lagos fast direkt neben dem Hauptgefängnis. Und nun raten Sie mal, was hier Fake und erfunden und was wahr ist! 

Wegen 2023 machen Sie sich mal keine Sorgen. Behalten Sie einfach Ihre Resilienz, bleiben Sie kritisch, widerständig und von allen Strahlen verschont!

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de

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