Die letzten Mohikaner

letzte Mohikaner 1

Von links: W. Vedder; S.Zink; F. Sawitzki; F.Bleibtreu – vor acht Jahren auch schon betagt, aber noch rüstig

Brieftaubensport in MengedeMohikaner FB TaubenflugDSC00570

Knapp acht Jahre ist es inzwischen her, dass MIT sich ausführlich mit dem Brieftaubensport in Mengede beschäftigt und dabei drei besonders leidenschaftliche Züchter interviewt hat: Siegfried Zink – inzwischen 88 Jahre alt; Winfried Veddder – inzwischen 84 Jahre alt; und Friedhelm Bleibtreu – inzwischen 80 Jahre alt. 

Und was hat dies alles mit den letzten Mohikanern zu tun – mag der ungeduldige Leser fragen. Gemach, gemach!  Der letzte Mohikaner ist ein 1826 erstmals erschienener historischer Roman des amerikanischen Schriftstellers J. F. Cooper (1789–1851). Die Handlung spielt zur Zeit des Siebenjährigen Krieges in Nordamerika. Es handelt sich um die zweite Folge aus der Serie „ Der Lederstrumpf.” Im Titel, wie im Roman wird der Untergang nordamerikanischer Indianerstämme durch die vorrückenden europäischen Siedler beschrieben. Darauf bezieht sich das geflügelte Wort „der letzte Mohikaner“. Es steht für die letzten Zeitzeugen einer Idee oder – wie nachfolgend beschrieben – einer Sportart, die vor allem das Ruhrgebiet geprägt hat.

Folgende Zahlen sprechen für sich:
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in Mengede und Umgebung etwa 30 Brieftaubensportvereine mit insgesamt 300 Taubenzüchtern, die in der Reisevereinigung Mengede zusammengeschlossen waren. Heute gibt es in Mengede, Nette, Oestrich und Huckarde nur noch eine Reisevereinigung mit etwa 30  Züchtern. Nichts verdeutlicht besser als dieser Vergleich, dass es um die Zukunft des Brieftaubensports in Mengede nicht gut bestellt ist.

Alle drei oben genannten Züchter gelten als hochbetagt, auch deswegen werden sie nachdenklich, wenn sie gefragt werden, ob sie in der kommenden Saison wieder aktiv schicken wollen. Im Augenblick lautet die Antwort: Auch wenn die Mobilität  zunehmend eingeschränkt wird, es fällt im Augenblick schwer zu sagen: Ich höre auf!

Besonders schwierig scheint die Lage für den Jüngsten aus dem Trio zu sein, denn Friedhelm Bleibtreu hat in der zurückliegenden Saison wieder außergewöhnliche Erfolge vorzuweisen, die ihm ein Aufhören nicht erleichtern dürften. Seine Täubin 04005-20-172 hat beim Wettbewerb „As-Taube des Monats Juli“ mit 3 Preisen und bemerkenswerten 299,10 Punkten von max 300 Punkten auf Bundesebene den ersten Platz belegt. Der Volksmund empfiehlt für solche Entscheidungssituationen: Aufhören, wenn es am schönsten ist.
Wenn das so einfach wäre!
Auch wenn Züchter Bleibtreu mehrmals am Tag vom Erdgeschoss  zum Taubenschlag 86 Stufen bewältigen muss; auf dem Weg nach oben müssen meist 8-10 kg schwere Eimer mit Taubenfutter getragen, anschließend muß der Taubenmist herunter gebracht werden. Die Taubenkisten für die Wettkämpfe und Trainingsflüge müssen rauf und runter transportiert werden – alles gute Gründe zu sagen, dass es nicht mehr geht. Aber wer 70 Jahre sein Hobby mit Leidenschaft gepflegt hat, wird nicht so schnell klein beigeben wollen und könnten. Das gilt auch für die beiden anderen aus der Runde der „Mohikaner“.

Aus gegebenem Anlass hat die Verbandszeitschrift „Die Brieftaube“ über die Erfolge des Züchters Bleibtreu und seiner Tauben in der letzten Ausgabe ausführlich berichtet.
Mit Zustimmung des Autors Jochen Höinghaus hat MIT den Beitrag in etwas gekürzter Fassung übernommen und nachfolgend zur Verfügung gestellt.
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Friedhelm Bleibtreu: 1. As-Taube BRD – 04005-20-172:
3 Preise und 299,10 As-Punkte 

Von Jochen Höinghaus

Die Schlaggemeinschaft Bleibtreu-Podscharly ist unbestritten einer der Top-Schläge im Ruhrgebiet. Nach dem Tode seines langjähriges Partners Manfred Podscharly managt der heute 80-jährige Friedhelm Bleibtreu den Gesamtbestand allein, obwohl gesundheitliche  Beeinträchtigungen seine Mobilität – auch und gerade mit Blick auf die tägliche Versorgung – eingeschränkt haben. 

Grundlage für jedwede Erfolge auf der Reise ist eine außergewöhnliche Zuchtbasis. Die wurde seinerzeit mit dem Ausnahmeweibchen 02378-09-821 vom Schlag Jochen Hünten, gelegt. Nach zwei erfolgreichen Jahren auf dem Reiseschlag wechselte diese Täubin in die geräumige  Zuchtvoliere, wo sie u.a. mit ihrem Partner 02378-09-886, ebenfalls vom Schlag Jochen Hünten, das legendäre „Stammpaar“ bilden sollte. 

„Bis heute profitiere ich von Kindern, Enkeln und Ur-Enkeln dieser Verbindung, die sowohl miteinander als auch getrennt voneinander reihenweise Klassetauben hervor brachten“, sagt Friedhelm Bleibtreu mit erkennbarem Stolz.

Die Täubin 02376-09-821 ist eine Enkelin NL 02/5255446 „Mr. Blue“ von Pieter Veenstra; und dieser „Mr. Blue“ war sowohl beim Blick auf seine Reiseleistungen als auch Zuchterfolge ein absolutes Schwergewicht. Im Rahmen der Total-Versteigerung brachte er trotz eines bereits fortgeschrittenen Alters noch einen sechsstelligen Betrag. 

Ähnlich prominent ist der Stammbaum des „821“-Partners 02378-09-886:  Väterlicherseits auf einen Vogel von Friedhelm Strüning zurückgehend, der bis zu seinem Tod beste und freundschaftliche Kontakte zu Günter Prange pflegte, ist seine Mutter 02098-06-493 eine Enkelin des „Eurostar 802“-Bruders 02098-00-1009 – 2003: 12/12 Preise u. 3. As-Vogel BRD – ebenfalls vom Schlag Günter Prange.

Allein in den Jahren 2016 bis 2018 flogen Kinder und Enkelkinder der Paarung „821“ x „886“  insgesamt 35 x zweistellig mit  9 x 1. Konkurs; im Reisejahr 2020 errangen zwei Kinder und drei Enkelkinder 50 Preise mit 3.620 As-Punkten.

Soweit die Vorgeschichte!

Wer Friedhelm Bleibtreu vor der Reisesaison 2023 nach seinen möglichen Favoriten gefragt hätte, wäre bestimmt nicht enttäuscht worden. In der RV „Dortmund-West“ (Regionalverband 402 „Dortmund“) spielt er beständig auf einem hohen Niveau. Die außergewöhnliche Familie seines Stammpaares 02378-09-886 x 02378-09-821 gehört nachweislich zum Allerbesten, was er jemals auf seinem Schlag gehabt hat. Und das sind immerhin schon 70 Jahre, in denen er als Züchter und Mitglied im Verband Deutscher Brieftaubenzüchter aktiv ist.

Folglich hätte er im Frühjahr tatsächlich eine ganze Reihe an Vögeln und Weibchen benennen können, die nach seiner Einschätzung für Top-Platzierungen und 1. Konkurse in Frage gekommen wären. 

Am Ende war es das blaue Weibchen 04005-20-172, welches – zur großen Überraschung seines Züchters – das breite Favoritenfeld anführte. Geradeso, als hätte sie sich die Kräfte in einer langen und harten Saison bis zum Ende aufgespart, gab es auf den drei letzten Preisflügen kein Halten mehr: Mit bemerkenswerten 299,10 As-Punkten belegte die Täubin Platz 1 auf Bundesebene im Wettbewerb As-Taube, Monat Juli. 

Am Ende des Reisejahres 2023 standen hervorragende 11 Preise auf der Habenseite – u.a. mit folgenden Platzierungen:

  • 1. Konkurs Hemau, 418 km
  • 1. Konkurs Vilshofen, 525 km
  • 2. Konkurs Erlangen, 334 km sowie
  • 2. Konkurs Lauf, 358 km.

Allein in den beiden Jahren 2022 und 2023 glänzte das mittelgroße Weibchen, ausgestattet mit einem satten Farbauge und „schnellen Flügel“, mit zahlreichen Spitzenpreisen (1., 1., 2., 2., 2., 3., 7. u. 11. Konkurs). Kein Wunder, dass sich die Täubin inzwischen der besonderen Aufmerksamkeit ihres Züchters sicher sein kann

Allerdings ist Friedhelm Bleibtreu realistisch genug, um beim Blick auf die fraglos erstklassige Abstammung darauf zu verweisen, dass Papier  geduldig ist und letzten Endes immer die jeweilige Taube für außergewöhnliche Erfolge steht.

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