Es rettet uns kein höh’res Wesen … Eine Kolumne von Peter Grohmann

Es rettet uns kein höh’res Wesen …

 Von Peter Grohmann

“Es rettet uns kein höh’res Wesen / kein Gott, kein Kaiser noch Tribun / Uns aus dem Elend zu erlösen / können wir nur selber tun! / Leeres Wort: des Armen Rechte / Leeres Wort: des Reichen Pflicht! / Unmündig nennt man uns und Knechte / Duldet die Schmach nun länger nicht!”

Wenn Sie’s nicht weitersagen: Das ist die Osterbotschaft 2024 meiner Omi Glimbzsch aus Zittau! Denn kluge und ältere Leute wie sie haben nach wie vor Hochachtung vor dem zukunftsweisenden Ahlener Programm der CDU von 1947, in dem festgestellt wird, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden ist (von den anderen Völkern ganz zu schweigen).

Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik, heißt es bei der CDU, kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.

Die katholische Soziallehre – Frohe Botschaft! – ist ja so was wie Rosa Luxemburg, Heiner Geißler, Michael Bakunin und Papst Franziskus in Personalunion und gipfelt in der Forderung nach einer gesunden Familie (Familienzusammenführung auf Teufel komm raus an den Außengrenzen), nach einer heilen Umwelt, dem Recht auf Nahrung, Kleidung und Wohnung, dem Recht auf Bildung, Arbeit samt gerechtem Lohn (wenn nicht, dann Streik), dem Recht auf freie Meinungsäußerung, Informations- und Pressefreiheit und dem Recht, soziale und politische Initiativen zu ergreifen, um “das alles und noch viel mehr” (Rio Reiser) durchzusetzen. Im Prinzip findet sich das alles nebst dem CDU-Programm in den Menschenrechten wieder. Es schimmert wie eine freie Republik durchs Grundgesetz.

Um es abzukürzen und wenn’s der Wahrheitsfindung dient: Die Osterbotschaft dieser Tage ist unzuverlässig wie die CDU und das Wetter und gipfelt im Halleluja von Ostermärschen, Asyl-Arbeitskreisen, Tafelläden, den Streiks des Sicherheitspersonals, weißen Fahnen und der gottgewollten Forderung: Mach es selbst und erkenne deine Macht – aber pass auf, dass du nicht beim Gendern erwischt wirst.

Nur kurz am Rande: Die Internationale war in Zeiten der UdSSR ein Volkslied wie “Häschen in der Grube” bei Aiwanger. Im Zarenreich von heute wird sie in Dutzenden diverser und subversiver Umdichtungen auf den freien Märkten des Wortes gesungen – bis die Polizei kommt.

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de

 

 

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