Nordwärts zu den Lofoten (4/4)

Von Mengede per Fahrrad radtour karte Kopie
zu den Lofoten und zurück

Heute: Die letzte Folge meines Erlebnisberichtes

Mit zwei Tagen Pause in Riga führte mich meine Route von Tallinn entlang der estnischen Ostseeküste, wo ich aus Motivationsgründen die beiden westlich vorgelagerten Inseln ausließ.

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In der Altstadt von Tallinn

Darüber ärgere ich mich heute etwas, weil so ziemlich jeder Este, den ich traf, mir eine Fahrt über die Inseln ans Herz legte. Von Tallinn mit seinem beeindruckenden, aber leider hoffnungslos überlaufenen Altstadtkern hatte ich nach drei Tagen genug. Ich verbrachte viel Zeit auf dem Hauptpostamt der estnischen Hauptstadt. Dort wartete ich auf eine Büchersendung von der lokalen Buchhandlung des Vertrauens, was ich ich den Postbeamten aber nur schwer verständlich machen konnte.

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Eines der vielen Herrenhäuser in Estland

Letztlich ist aber alles gut gegangen und ich hielt einen Baltikum Reiseführer mit dem altbekannten “Buchhandlung am Amtshaus” Aufkleber in den Händen.

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Hier gehts offensichtlich nicht weiter

Zu Estland als Radland kann ich nur sagen: Ein Traum! Die Haupt- und auch die Nebenstraßen sind größtenteils gut(!) asphaltiert und wenig befahren, die Supermarktdichte im Vergleich zu Skandinavien hoch und die Einwohner(innen) Estlands hab ich als sehr aufgeschlossen in Erinnerung. In Lettland dann ein ähnliches Bild, jedoch mit einem großen Unterschied. Den Zustand der Straßen würde ich an vielen Stellen als verbesserungswürdig bezeichnen, was auch viele Straßenbauunternehmen auf den Plan rief, ein paar EU-Gelder in Form von Asphalt auf Lettlands Böden zu verteilen.

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Leider gab es auf dem Weg nach Riga wenige Alternativen zur lettischen “A1”, die sehr stark befahren und aufgrund der vielen Baustellen wie ein Flickenteppich war.9

Der Rekord: Eine 60 km lange, mit dem beladenen Fahrrad äußerst schwer zu befahrende Baustelle. Nächster Stopp: Riga. Sehr schön, hat mir gut gefallen! Die Pause dort tat mir sehr gut.

Nachts in Riga

Nachts in Riga

Ich traf auf dem stadtnahen Campingplatz den netten Ben aus Köln, mit dem ich durch die Stadt streifte. Außerdem sah ich zu meiner Freude Hinnerk, meinen Radkollegen von den Lofoten wieder. Das einzige Manko an Riga war die chaotische Ein-/Ausfahrt in die Stadt, die teilweise auf Autobahnen erfolgte… .6

Weiter ging es Richtung Grenze zu Litauen. Ab hier hatte ich jeden Tag aufs Neue das Problem, eine Unterkunft zu finden, die in den beiden südlichen baltischen Ländern abseits der Touristenpfade rar gesät sind. Je weiter ich mich abseits der Küste bewegte, desto schwieriger fiel es mir in Konversation mit Leuten zu treten, was hauptsächlich an sprachlichen Barrieren lag. Hier fiel mir immer häufiger eine gewisse Schere auf.

Einerseits wurden Innenstädte und große Straßen – größtenteils mit EU Mitteln – aufs Modernste hergerichtet. Auch gab es dort viele privatisierte, ehemals öffentliche Dienstleister, die mit modernsten Mitteln ihre Leistungen an den Mann/die Frau bringen möchten. Jedoch – gerade auf dem Land – ist eine große Armut der Bevölkerung offensichtlich. In den seltenen Gesprächen mit Jugendlichen erfuhr ich immer wieder dasselbe; man müsse in die Stadt zum Studieren, um den Traum von der neuen Welt zu leben, was den meisten aufgrund der finanziellen Situation der Eltern aber verwehrt bleibt.

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Stadt in Litauen

So herrscht auf dem Land unter den jungen Leuten oft eine gewisse Verzweiflung.

In Litauen ein ähnliches Bild, jedoch für mich als Radfahrer mit dem Unterschied, dass die Straßenverhältnisse sich besserten. Hier kam ich in einige interessante Städte. Hervorheben möchte ich hier Siauliai, was sich laut Reiseführer und auch meiner Einschätzung nach einen Hauch Sowjetatmosphäre bewahrt hat. Ich fuhr weiter in Richtung der russischen Exklave Oblast Kaliningrad, in deren Nähe ich am herrlichen Vistytis See das Länderdreieck Litauen, Russland, Polen passierte. Da ich meinen Reisepass nicht dabei hatte, fiel die Option Russland für mich flach und ich fuhr weiter durchs nördliche Polen, wo ich die sehr reizvolle masurische Seenplatte streifte.

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Ein Stück weiter westlich kam ich am ehemaligen Führerhauptquartier Wolfsschanze in der Nähe von Ketrzyn vorbei, wo sich einige polnische Militariafans einen Spaß draus machten, das Gelände in Unifom und mit knatternden, historischen Militärfahrzeugen inklsuive Flakgeschützen zu befahren…

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Alleen in Polen

Für mich ging es weiter an die Ostseeküste nach Danzig, wo ich wieder mehr Radreisende traf, die entlang der polnischen Ostseeküste fuhren. Hier begab ich mich wieder auf touristisch sehr ausgtrampelte Pfade, was mit der Zeit auch wieder sehr anstrengend war. Alle Badeorte an der Küste waren hoffnungslos überfüllt mit urlaubshungrigen Polen und Deutschen.

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Vor der Grenze zu Deutschland packte mich eine sehr euphorische Stimmung. Hätte nicht gedacht, mich einmal so darüber zu freuen, nach Deutschland zu kommen. In Mecklenburg-Vorpommern besuchte ich noch ein kleines Alternativfestival mit zwei Freunden. Dann ging es die letzten Kilometer Richtung Heimat, für die ich sechs Tage eingeplant hatte.

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Einer der vielen Seen im herrlichen nördlichen Brandenburg

Mir war gar nicht mehr bewusst, wie einfach das Reisen in Deutschland eigentlich ist. Die Landstraßen sind immer(!) in einem Top-Zustand und die Menschen sind sehr hilfsbereit. Es fiel mir hier auch sehr viel einfacher, kostengünstige alternative Zeltplätze zu finden.

Bei Porta Westfalica besuchte ich noch Karl-Heinz, den ich vor langer Zeit, ebenfalls mit dem Fahrrad, in Nordnorwegen getroffen hatte.

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Porta Westfalica – Mengede zum Greifen nahe

Übers Münsterland kam ich an einem sehr verregneten Tag Mengede immer näher. Mich erfüllte ein Gefühl, dass ich wirklich kaum in Worte fassen kann. Vielleicht so: Es war eine unglaubliche Euphorie und Vorfreude auf Familie und Freunde, gemischt mit etwas Stolz aber auch Wehmut wegen der nun vergangenen, schönen Zeit. Das grinsen von meinem Gesicht habe ich auf den letzten Kilometern von Waltrop nach Mengede nicht mehr wegbekommen. Was das für ein Bild gewesen sein muss…

Mit viel Wehmut denke ich an die Zeit zurück und wünsche mich oftmals zurück auf meinem Fahrradsattel mit allem Gepäck um mich herum, mit dem ich mehere Monate durch die Länder ziehen kann.

Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick in meine Erlebnisse, Gedanken, in die Höhen und Tiefen während der Tour gewähren. Ich würde mich natürlich sehr über Rückmeldungen freuen.

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