12. Schnadegang
Dingen / Deininghausen / Brüninghausen / Mengede
am 3. Oktober 2015 (Tag der Einheit)
Wegbeschreibung
Start war um 11:00 Uhr am „Haus Rüther” in Dingen. Über den Dinger Berg ging es zunächst durch Feld und Flur, dann durch den Wald zur Dorlohstraße, weiter am Deininghauser Bach entlang zum Hof Menken (ca. 4 km).
Ca. ab 13:15 Uhr führte der Weg durch das Naturschutzgebiet Beerenbruch, am Brunosee vorbei zur Strünkedestraße (ca. 2,5 km).
Dann ging es am Rückhaltebecken vorbei und weiter auf dem Emscherweg rechts der Emscher (ca. 4,5 km) oder (wenn der Weg frei ist) nach Querung des Sperrwerkes links der Emscher durch die Mengeder Heide zum Heimathaus (ca. 3,5 km).
Gesamtstrecke ca. 10 – 11,5 km.
Schnadegänge des Heimatvereins Mengede
Der Heimatverein Mengede hat 2004 den mittelalterlichen Brauch der Schnadegänge wieder aufgegriffen und seit dem bedeutende Teilabschnitte der Mengeder Stadtbezirksgrenzen begangen. Der in diesem Jahr festgelegte Weg führte zum Teil durch Gebiete, die bisher nicht begangen wurden. Mit gut 11 km war er auch einer der längsten, allerdings so geplant, dass er an zwei Stellen beendet werden konnte. Dort waren Haltstellen des ÖPNV und die Wanderer und Wanderinnen konnten mit einem Linienbus nach Mengede die Heimfahrt antreten.
Die Entstehung und Bedeutung von Schnadegängen
Grundstücksgrenzen spielen im Leben einer Gemeinschaft, aber auch im Verhältnis zu den Nachbarn eine wichtige Rolle. Zunächst waren es unveränderliche Merkmale in der Natur wie Bäume, Findlinge, Bäche oder Bodendenkmale, die als Begrenzung der Felder, Wiesen, Weiden und Wälder angesehen wurden. Später wurden Grenzsteine gesetzt und Bäume gepflanzt oder auch Gräben und Wälle (Landwehren) angelegt, um die Grundstücksgrenzen zu markieren.
Eine flächendeckende Vermessung mit Setzen von Grenzsteinen und die Anlage von verbindlichen Katastern und von obligatorischen Grundbüchern bestehen in Westfalen erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Nach alter Väter Sitte wurden früher die Gemarkungsgrenzen anlässlich von „Schnadegängen“ abgegangen. Der Grenzverlauf wurde dabei durch Beschneiden (Schnad, Schneise) begeh- und befahrbar gehalten und die alten Grenzsteine wurden kontrolliert.
Das Wort „Schnade“ stammt aus dem Mittelniederdeutschen „snat“ und bedeutet lt. Duden-Universallexikon soviel wie „Grenzen einer Flur“. Der Begriff snat kommt vor in den Wörtern snat-bom (Grenzbaum, in den ein Zeichen geschnitten wurde), snat-pal (Grenzpfahl) oder snat-sten (Grenzstein). Die Schnade bezeichnet demnach die Grenze einer Gemeinde, einer Gemarkung oder einer anderen Flächenberechtigung.
Schnadegänge können in Westfalen bereits auf das 14. Jahrhundert zurückgeführt werden. Neben der Prüfung und Festlegung der Grenzen hatten die Schnadegänge die Funktion, zum einen eventuelle Streitigkeiten über Grenzverläufe zu bereinigen, zum anderen das Wissen um die Grenzverläufe auf die heranwachsende Jugend zu übertragen. Die Schnadegänge, bei denen 20 bis 50 km am Tag zurückgelegt wurden, dauerten meist einen ganzen Tag, bei Grenzstreitigkeiten auch mehrere Tage.
Nach Teilung der gemeinen Marken in Privateigentum, nach genauer Katastrierung von Grund und Boden und nach Anlage der Grundbücher hatten die Schnadegänge ihren Zweck verloren und gaben häufig Veranlassung zu groben Exzessen. So verfügte die Regierung in Arnsberg am 3. Februar 1841, dass die an einigen Orten noch üblichen Grenzgänge infolge der Bestimmungen des Königlichen Ministeriums des Innern und der Polizei untersagt wurden. Zugleich wurden hohe Haft- und Geldstrafen angedroht.
Mit ganz anderer Zielsetzung verfolgen heute Heimat- und Schützenvereine die Durchführung von Schnadegängen. Es sollen nicht Grenzstreitigkeiten und Unstimmigkeiten reguliert, sondern gute nachbarschaftliche Zusammenarbeit und dauerhaft freundschaftliche Beziehungen gepflegt werden. Es soll an althergebrachte Gepflogenheiten und Bräuche erinnert werden, womit die Vereine ihrer satzungsgemäßen Verpflichtung der Brauchtumspflege nachkommen.
Dingen – der kleinste Stadtteil von Castrop-Rauxel
Den Ortsnamen Dingen finden wir erstmalig um 1220 in den beiden Limburger Vogteirollen erwähnt. Seine Schreibweise ist von alters her unverändert geblieben. Das Wort „Dingen” hängt offenbar mit dem altdeutschen Wort „dingen” zusammen und bedeutet, vor Gericht verhandeln. Bis zum Ausgang des Mittelalters verstand man unter Ding (thing) das Gericht und die Gerichtsstätte. Die Lage Dingens – mit der Kernsiedlung um den Dingerhof – auf einer Anhöhe mit weitem Ausblick in das Emscherland, eignete sich besonders für eine germanische bzw. mittelalterliche Gerichtsstätte.
Dingen war wie Deininghausen und Ickern von alters her Bauerschaft innerhalb des Gerichts und des Kirchspiels Mengede, erst die Eingemeindungswelle im Ruhrrevier löste 1926 Dingen aus dem alten Verband Mengede und schlug den Ort zu der neugebildeten Stadt Castrop-Rauxel – wenn auch unter Protestnoten von Seiten der Dingener Gemeindevertretung.
Seit der Reformation blieb die alte Remigiuskirche in Mengede für die Lutheraner in Dingen zuständig, während die Reformierten zur Kirchengemeinde Bodelschwingh gehörten. Erst am 1. April 1958 vereinigte sich Dingen mit der Nachbargemeinde Oestrich zur Kirchengemeinde Dingen/Oestrich. Ein Gemeindezentrum wurde an der Straße „Auf dem Brauck” errichtet.
Die katholischen Bewohner Dingens gehörten zunächst zur katholischen Remigiuskirche in Mengede, ab 1907 dann zur Kirche in Bodelschwingh.
Die Schulkinder, ev. und kath., gingen bis 1908 in die Schule nach Bodelschwingh, dann nach Oestrich und seit der Eingemeindung im Jahre 1926 nach Schwerin in die ev. Pestalozzischule bzw. die kath. Overbergschule. Seit 1955 gibt es eine eigene Gemeinschaftsschule in Dingen (Friedrich-Ebert-Schule).
Dingen bewahrte während des ganzen 19. Jahrhunderts seine bäuerliche Struktur. Die Einwohnerzahl blieb entsprechend gering; erst mit dem Abteufen des Schachtes III der Zeche Graf Schwerin in den Jahren 1903 -1905 und später während des Zweiten Weltkrieges durch die Anlage des Schachtes IV stieg die Einwohnerzahl auf rd. 1000. An dieser „Volksvermehrung” war auch die 1932 angelegte Ostrandsiedlung stark beteiligt, die aus rd. 40 Wohnungen bestand und von erwerbslosen Bergleuten, meistens von den Zechen Graf Schwerin und Ickern bezogen wurden.
Die Größe der Feldflur umfasst 820 Morgen. Die Gemarkung liegt in der Übergangslandschaft von der Castroper Platte zum
Emschertal. Die lößbedeckte Castroper Höhe läuft in dem Dingerberg aus (rd. 120 m hoch), auf dem sich eine Reihe von Höfen um den ältesten Hof, den Dingerhof, gruppieren. Die Straße, die daran vorbeiführt, ist der Oestricher Hellweg, die Fortsetzung des Castroper Hellwegs (heute Mengeder Straße). Nordwärts des Dinger Berges fällt das Gelände abwärts in das Dinger Tal mit dem Deininghauser Bach, der in Richtung zum Emschertal weiter verläuft. Das mit Waldungen und Grünflächen belebte Landschaftsbild birgt beim Hause Dorloh einen Park mit besonders alten, zum Teil ausländischen Bäumen. In der Dingener Talflur heben sich zwei vereinzelte Höfe hervor: Hof Dorloh (früher Schulte-Lebbing) und Hof Schulte-Märter (früher Lessmöllmann). Dazu kam ehemals der um 1850 eingegangene Hof Heidtmann in der Westheide. In der Nachkriegszeit hat sich das ursprüngliche Landschaftsbild durch Wohnbauten nur wenig verändert, die sich an die Ostrandsiedlung anschlossen und das bisherige „Wohnzentrum” erweiterten (Westheide, Bogenweg, Talstraße). Der Bau einer Schule (1955), die Anlage eines Sportplatzes (1960) und der Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz durch Busverkehr von Castrop nach Mengede (1948) waren die natürlichen Folgen eines aufwärtsstrebenden Stadtteils. Als die Dingener Schachtanlage nach 60jähriger Tätigkeit infolge Rationalisierungsmaßnahmen ihren Betrieb einstellte und die Kohlenförderung auf den Hauptschacht Graf Schwerin 1/2 überging, war dieser Vorgang mit keinen bemerkenswerten Nachwirkungen verbunden.
Die landschaftliche größte Veränderung brachte der Bau der Autobahn A 42 mit sich. Die Fertigstellung erfolgte 1975 und mit dem Kreuz Castrop-Rauxel-Ost (1978) wurde ein großer Teil der ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen der Natur entzogen.
Hoffen wir, dass die Grünlandschaft von Dingen mit ihren Waldungen und Waldstücken, Äckern und Weiden trotz des Fortschritts erhalten bleiben.
Der verlorene Kampf der Dinger Bürger
Seit 1922 kämpfte die Stadt Castrop um die Eingemeindung von Dingen. Am 7. Mai 1922 wurde eine geheime Abstimmung bei den Dinger Wahlberechtigten durchgeführt, bei der 12 Bürger für ein selbständiges Dingen, aber 103 für den Anschluss nach Mengede und 91 für Castrop stimmten. In der Gemeindevertretung von Dingen wurde der Castroper Eingemeindungsantrag mit 5 zu 2 Stimmen abgelehnt. Auch weitere Bemühungen der Stadt Castrop auf Eingemeindung von Dingen wurden von Gemeinderat und Bevölkerung abgelehnt; vielmehr wurde ein Zusammenschluss mit Bodelschwingh und Westerfilde angestrebt.
Alle Mühen waren umsonst. Wie so oft entschied auch hier die „große Politik“. Der preußische Landtag beschloss am 26. Februar 1926 das „Gesetz über die Neuregelung der kommunalen Grenzen im rheinisch-westfälischen Industriebezirk“, dem auch die Landtagsversammlung mehrheitlich zustimmte. Damit wurde gegen den Willen der Gemeindevertretung und Bevölkerung von Dingen die Gemeinde Dingen mit Wirkung vom 1. April 1926 durch Verwaltungsakt der neugeschaffenen Stadt Castrop-Rauxel zugeschlagen.
Bauerschaft Deininghausen
Deininghausen wird erstmalig in dem Heberegister des Klosters Werden um 1150 erwähnt; das Kloster erhielt aus „Deninhusen” von einem zinspflichtigen Mann namens Albert bestimmte Abgaben.
Deininghausen gehört zu den „inghausen”-Dörfern, wie wir sie in der Nachbarschaft häufig antreffen, so in Bövinghausen, Pöppinghausen, Behringhausen, Brüninghausen usw. Das „inghausen” bezeichnet die Siedlung, die meist durch einen altdeutschen Vornamen näher bestimmt wird. In unserem Falle durch „Den-, Dech- und Dein-. Diese Namensformen erscheinen hier als Kurzform und werden auf die ursprüngliche Vollform „Degen” zurückgehen. Der Gründer der Siedlung Deininghausen könnte diesen Namen „Degen” geführt haben, der ihn als kriegstüchtigen Mann kennzeichnete.
Solche Orte mit -inghausen sind nach neueren Forschungen in der altsächsischen Zeit und darüber hinaus von etwa 500 bis 900 entstanden. Deininghausen gehörte seit dem Mittelalter (14. Jahrhundert) mit den beiden angrenzenden Orten Dingen und Ickern zur märkischen Herrschaft Mengede, mit der die Grafen von Limburg die Herren von Mengede belehnt haben. In die Stellung dieser Herren von Mengede rückten im Laufe des 14. Jahrhunderts die Herren von Bodelschwingh, die Lehnsträger der Grafen von der Mark, der späteren Herzöge von Kleve-Mark. Nach dem Aussterben dieses Herzoghauses übernahm der Hohenzollern-Staat Brandenburg-Preußen 1609 die klevisch-märkische Erbschaft.
Die Herren von Bodelschwingh übten nicht nur die Gerichtsbarkeit über die Herrschaft Mengede und die Freiheit Bodelschwingh aus, sie waren auch die Grundherren über die meisten Bauernhöfe in diesem Bezirk. Die Ablösung von den gutsherrlichen Verpflichtungen erfolgte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Nach der kurzen französischen Fremdherrschaft (1806 – 1813) wurde 1815 das Amt Mengede mit dem Amt Castrop vereinigt. Im Jahre 1889 bildete Mengede ein selbständiges Amt, das sich in den Jahren 1926 – 1928 wieder auflöste und größtenteils in der Stadt Dortmund aufging. Dingen und Ickern fielen 1926 an die neugebildete Stadt Castrop-Rauxel, Deininghausen schloss sich ihnen 1928 an.
In kirchlicher Hinsicht gehörten von jeher Deininghausen, Dingen und Ickern zur Kirchspielkirche Mengede, einer uralten Pfarrei, deren Patron der fränkische Heilige Remigius war. Seit dem Eindringen der Reformation um die Mitte des 16. Jahrhunderts bekannten sich fast alle Bewohner zu der lutherischen Konfession und blieben im Besitz der alten Kirche. Die Katholiken errichteten ihrerseits erst 1676 eine kleine Fachwerkkirche. Nach der letzten Jahrhundertwende mit dem Einbruch des Bergbaus entstanden Filialkirchen, aber das bäuerlich gebliebene Deininghausen gehört nach wie vor zur alten Mutterkirche Mengede.
Die katholischen Bewohner von Deininghausen wechselten 1918 von ihrer Mutterkirche in Mengede über in die neuentstandene Pfarrei in Ickern.
Für die Schulkinder von Deininghausen war in alten Zeiten die Kirchspielschule in Mengede zuständig. Mitunter fanden sich sogenannte Schulmeister in den Bauernhäusern ein und gaben vor allem in den Wintermonaten einen dürftigen Unterricht.
Um 1880 unterrichtete ein Lehrer Bomke in Floers Backhaus; er schlug sich kümmerlich durch. Erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts setzte ein geregelter Schulbetrieb ein. Die Deininghauser Jugend besuchte die Bauernschaftsschule an der Recklinghauser Straße in Ickern. 1885 errichtete man für Deininghausen und Brüninghausen in dem letzteren Orte einen Schulbau, der 1938 aufgegeben wurde. Seitdem gehen die Kinder teils in die Wilhelmschule In Castrop, teils in die ev. Schule in Oestrich. Die katholischen Kinder fanden Aufnahme in der Castroper Wilhelmschule.
Die Einwohnerzahl von Deininghausen bewegte sich bis 1966 kaum aufwärts. Kein Wunder, denn die Landwirtschaft behauptete das Feld, 1965 zählte man gerade 297 Einwohner.
Noch steht kein Kraftwerk am „Landhaus Köster”
Die Feldflur von Deininghausen nimmt eine Fläche von 1332 Morgen ein. Der Boden ist wechselhaft, er besteht aus Lehm, Ton, Sand und Kies. An die Oberfläche dringt stellenweise der Mergel stark hervor, der den Waldwuchs begünstigt. Fast die Hälfte der Feldflur besteht aus Waldungen (586 M.) meist Buchenwald. Der größte Teil davon gehört dem Hause Bodelschwingh, so das Nierholz mit 365 Morgen, In den Erlen 50 Morgen, In den Durchgängen 24 Morgen und im Loh 50 Morgen. Der Waldreichtum dieser Ortschaft trug wesentlich dazu bei, Castrop-Rauxel als die Industriestadt im Grünen zu benennen. Als Ackerflächen dienen 304 Morgen; Wiesen und Weiden nehmen 265 Morgen ein.
Der Deininghauser Bach, auf dem Schweriner Berg entspringend, fließt – inzwischen renaturiert – durch die Dorfflur, trieb die Leuschmühle (Fuckmühle) an und mündet bei Schloss Bladenhorst in den Landwehrbach.
Was in der heutigen Deininghauser Feldflur noch auffällt, ist der zum Teil erhaltene Bahndamm der „Westfälischen Eisenbahn”, die als Konkurrenzunternehmen der Köln-Mindener-Eisenbahn nur von 1880 bis 1884 bestand. Ihre Strecke lief von Dortmund über Bodelschwingh, Deininghausen, Habinghorst, Bladenhorst, Herne nach Sterkrade. Nach der Verstaatlichung des Eisenbahnwesens war sie nicht mehr lebensfähig. Die Bauerschaft ist in ihrer Siedlungsweise als ein „lockeres Dorf” anzusprechen, im Gegensatz zu den sogenannten geschlossenen „Haufendörfern”. Höfe und Kotten sind von Gärten, Weiden und Kämpen umgeben. Einzelne Höfe liegen dichter beisammen, als wenn in ihren Ursprüngen ein enger Zusammenhang bestanden hätte.
Deininghausen war mit seinen Bauernhöfen bis Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts eine grüne Oase geblieben. Plötzlich wurde die kleine Bauerschaft aus dem „Dornröschenschlaf“ gerissen. Es entstand 1964 zwischen der Oststraße und dem Grutholz eine große Siedlung mit rd. 800 Wohneinheiten. Die Bevölkerungszahl Deininghausen von knapp 300 wuchs auf 3300 empor. Was dieser Siedlung, die 1967 fertiggestellt war, einen besonderen Reiz verleiht, ist das angrenzende Grutholz, ein weiträumiger Stadtwald und willkommenes Erholungsgebiet.
Der alte Jasper von Deininghausen, ein Hellseher
Zu allen Zeiten und bei allen Völkern finden sich Gespensterglaube und Spukgeschichten. Von Spuken = spöken rührt auch der Name Spöken-kieker, d. h. Hellseher = Schichter. Sie sehen in die Zukunft, sehen Gesichter, sehen Geschehnisse als Bilder. Die Zeit des Geschehnisses können sie nicht angeben. Sie sehen und sagen voraus Brand und Tod, Krieg und andere wichtige Ereignisse. In Westfalen gab es der Hellseher viele. Von Bedeutung für uns ist Wessel Dietrich Eilert, genannt Jasper-Deininghausen, geboren am 2. Juli 1764, vom Hof Jasper auf der Becke, heute Nuttweg 58. Er hat vieles prophezeit, das auch später in Erfüllung ging.
Über den Ausbau des Kölner Domes sagte er folgendes: „Zu Köln am Rhein wird eine große Kirche gebaut werden. An dem Bau dieser Kirche werden sich alle Völker der Erde beteiligen“. Diese Prophezeiung bewahrheitete sich. Im Jahre 1840 wurde angefangen, den Kölner Dom auszubauen. Friedrich Wilhelm IV. zahlte jährlich zum Ausbau des Domes 150.000 Mark. Es wurde auch eine Dombaulotterie gegründet. Diese verschickte ihre Lose in alle Welt.
Den Bau einer Eisenbahn verkündete er, indem er sagte: „Von Osten nach Westen durch das Grutholz wird eine neue Heerstraße gebaut werden. Auf dieser Heerstraße werden Wagen ohne Pferde mit furchtbarem Gerassel fahren. Der erste Wagen hat zwei große, glühende Augen.“ Im Jahre 1847 wurde die Köln-Mindener Eisenbahn gebaut. Diese führt durch das Grutholz über die Stelle, die der alte Jasper bezeichnet hatte.
Jaspers Sohn sollte 1813 bei den Franzosen Soldat werden. Er floh aber. Jetzt wurde Jasper nach Castrop befohlen, wurde gefangengenommen und ins Gefängnis geworfen. Er sagte zu den Franzosen: „Jetzt könnt ihr mich einstecken. Nach sechs Monaten müsst ihr mich wieder freigeben, denn dann wird kein Franzose mehr diesseits des Rheines sein.“ Im Jahre 1813 erhob sich das deutsche Volk, und alle Franzosen wurden aus dem Lande vertrieben. Er sagte auch: „Preußen wird nicht untergehen. Preußens Könige, die Hohenzollern, werden sogar einmal die Kaiserkrone tragen“.
Am 18. Januar 1871 ging diese Vorhersagung in Erfüllung, Wilhelm I. wurde deutscher Kaiser. Jasper sagte auch, in Deutschland würde eine Hungersnot entstehen. Diese würde er nicht mehr erleben. In der Nacht würden Menschen kommen, die um Brot betteln würden. Im Jahre 1847 brach eine Hungersnot aus. Nachts kamen verkleidete Menschen an die Bauernhäuser, um dort zu betteln. Der alte Jasper starb am 19. August 1833 im Alter von 69 Jahren in Deininghausen und fand auf dem Kirchhof der ev. Remigius-Kirche in Mengede seine letzte Ruhe.
Der Brunosee im Beerenbruch
Das nördlich der Bahnlinie gelegene Beerenbruch, eine ehemalige Mergelgrube zur Gewinnung von Kalk für die Landwirtschaft, besitzt heute einen großen Teich, der erst in den letzten Jahrzehnten infolge Kriegseinwirkungen und Bodensenkungen seine jetzige Größe erreicht hat.
Etwa um 1950 entstand der „Brunosee“, im Volksmund „Ententeich“ genannt, als Bergsenkungsgewässer. Bewachsen mit Röhrichten bietet er zahlreichen Wasservögeln Lebensraum und Brutstätte, zu sehen sind hier u.a. Zwergtaucher Krick- und Löffelente.
Die Randbepflanzungen sind Lebensraum für Teichrohrsänger und Rohrammer, darüber hinaus sind See und Wald Lebensraum zahlreicher gefährdeter Vogelarten. Hier leben u.a. Hohltaube, Grünspecht, Waldkauz und die Baumfledermaus.
Eingefasst ist der Brunosee von alten Waldbeständen mit zum Teil 110 bis 190 Jahre alten Bäumen. Der See ist zentraler Bestandteil eines Naturschutzgebietes.
Im Süden wird der See durch einen Bahndamm begrenzt. Hinter diesem Damm erstrecken sich Grünlandbrachen, die zum Teil stark vernässt und verbuscht sind. See und Wald sind Lebensraum zahlreicher gefährdeter Vogelarten. Die Stechpalme hat im südlichen Waldbereich eine nahezu undurchdringliche Zone geschaffen, die als Rückzugsraum für empfindliche Tierarten dient.
Im nördlichen, auf Castrop-Rauxeler Gebiet befindlichen Teil überwiegt Laubwald (Buchen, Hainbuchen, Eichen). Dieses Gebiet wird durch die Verbindungsstraße zwischen Deininghausen und Ickern und durch die in Ost-West-Richtung verlaufende Eisenbahnlinie geteilt. In dem Gebiet befinden sich noch einige Bombentrichter, die zwar mit Wasser gefüllt sind, jedoch durch die starke Verschattung keine Wasservegetation besitzen.
Wichtig für die Entwicklung des Naturschutzgebietes ist die naturverträgliche Nutzung durch Besucher. Große Schäden entstanden durch Trampelpfade in den sensiblen Uferzonen rund um den Brunosee. Zudem ist die Fütterung der Wasservögel durch die Besucher ein Problem für die Wasserqualität des Sees. Bereits erfolgt ist der Rückbau eines Dammes, der einen Teil des Sees abtrennte. Für Besucher wurde am Ende des Rückbaus eine Aussichtsplattform errichtet.
Wichtigstes Schutzziel ist der Erhalt dieses strukturreichen Bergsenkungsgebietes mit Röhricht-, Gebüsch-, Nasswiesen- und Waldlebensräumen sowie die Organisation einer naturverträglichen Nutzung durch Besucher.