Buchempfehlung des Monats

| Keine Kommentare

Leslie Poles Hartley: Ein Sommer in Brandham Hall

Mario Lars: Bücher

Durch den Außenseiterblick des naiven Schuljungen Leo wird die vor ihrem Ende stehende Viktorianische Ära mit ihrer Klassenordnung und Vielzahl ungeschriebener Gesetze geschildert. In der Rückschau ersteht eine Welt des Reichtums, der Schönheit, der Kultiviertheit, das Glänzen der Goldspur – wie bezaubernd das alles war!

Leo, der liebevoll aufgezogene Mittelklassejunge, wird 1900, dem vielversprechenden Beginn des neuen Jahrhunderts, von seinem Schulfreund Marcus Maudsley für ein paar Sommerwochen in dessen Zuhause einer wohlhabenden Upperclass-Familie eingeladen. Dort wird er freundlich und wohlwollend aufgenommen, besonders von Marian, der Schwester. Sie hat eine geheime Liebesbeziehung mit Ted Burgess, einem Pächter aus der Nachbarschaft.

Der neu übersetzte Roman aus dem Jahr 1953 trägt im Englischen den präziseren Titel The Go-Between, der Bote. Denn das wird Leo, der zunächst gar nicht versteht, welche Art Botschaften er transportiert, welcher Sprengstoff in der Verbindung liegt. Die beiden setzen ihn psychologisch derart unter Druck, dass er trotz aufkommender Skrupel und zunehmend großen Unbehagens seine Tätigkeit fortsetzt, auch entgegen seiner Loyalität gegenüber Hugh, dem zwischenzeitlich eingetroffenem Verlobten Marians, dem neunten Lord Trimingham, Grundherr und Eigentümer Brandham Halls, das an die Familie Maudsley lediglich vermietet ist.

Die unausweichliche Katastrophe zerstört die Beteiligten in sehr unterschiedlichem Maß. Leo, der unschuldige Bote, verschließt von da an alle Gefühle in sich, nur Fakten erlaubt er, Einfluss auf sich zu haben. Er rettet sich lebenslang in sichere Einsamkeit. Erst 50 Jahre nach den Ereignissen kehrt er noch einmal nach Brandham Hall zurück, um mit der Vergangenheit abzuschließen, denn die Vergangenheit ist ein fremdes Land, man macht die Dinge anders dort.

Hella Koch – Buchhandlung am Amtshaus

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.