Ein Stück Mengeder Stadtbezirksgeschichte ( Teil I + II )

Die Kolonie „Zeche Adolf von Hansemann“

Blick in die Hansemannstraße

Von Gerd Latterner

Vorbemerkungen:
Vor längerer Zeit wurde ich gefragt, ob ich über die “Hansemannsiedlung“ einen Artikel schreiben könne. Nachdem ich spontan zugesagt hatte, schlich ich mich in der “Hansemannsiedlung“ und um das Schreiben herum. Die Beschäftigung mit dieser Siedlung ließ mich allerdings nicht mehr los. Insbesondere, weil die Familie meiner Frau lange Jahre in Siedlungsnähe wohnte und ich, als 1977 in Oestrich Zugezogener, von der Zeche, der Kokerei und der Siedlung fasziniert war. 
Das Ergebnis meiner Nachforschungen habe ich in vier Teile untergliedert.
Teil I:  Entstehungsgeschichte der Hansemannsiedlung
Teil II  Bauabschnitt 1 – Entwicklung bis zum heutigen Zustand
Teil III Bauabschnitte 2 + 3 – Entwicklung bis zum heutigen Zustand
Teil IV Bauabschnitt 4 – Entwicklung bis zum heutigen Zustand
In der heutigen Veröffentlichung werden Teil I und Teil II behandelt, die beiden übrigen Teile in der folgenden Veröffentlichung.

Teil I:  Entstehungsgeschichte der Hansemannsiedlung

Bereits im Jahr 1857 wurde auf dem “Adolf von Hansemann-Gelände“ erstmals versucht Kohle zu fördern, dies aber sofort wieder aufgegeben. Erst 1896 gelang es nach vielen Rückschlägen, ( u.a. durch zahlreiche, auch große Wassereinbrüche ) mit der Förderung von Kohle zu beginnen.
Der Beginn der Kohleförderung auf der Zeche Adolf von Hansemann wurde zu einem wesentlichen Bestandteil der Mengeder Stadtbezirksgeschichte. Der Bergbau war bald größter Arbeitgeber im bisher ländlich geprägten Raum. Um die vielen benötigten Arbeiter und ihre Familien angemessen unterbringen zu können, wurde es erforderlich, neuen Wohnraum zu schaffen.
Um 1897 wurde deshalb erstmals ein Antrag für den Bau von Häusern für die Kolonie gestellt.

Die nach der Zeche benannte Kolonie “Adolf von Hansemann“ wurde von den Werksarchitekten der Zeche, Walter und Schulz, geplant und in vier Zeitabschnitten zwischen 1898 und 1916 erbaut.

Walter-Schücking-Straße

Um die Versorgung der stark wachsenden Bevölkerung zu gewährleisten, wurde auch ein größerer Dienstleistungsbereich erforderlich. U.a. wurde deshalb 1913 der Beschluss für den Bau eines neuen Marktplatzes in Mengede gefasst und anschließend ausgeführt. Dieses neue Zentrum und der Bau des letzten Abschnittes der Hansemannsiedlung ließen die Dörfer Mengede, Nette und Oestrich immer mehr zusammenwachsen.

Nach vorgenanntem Bauantrag für die Errichtung einer Kolonie wurde 1898/99 mit der Ausführung des ersten Abschnittes an der heutigen Hansemannstraße und ersten Häusern südlich der Zeche begonnen.
Es wurden 1 1/2 bis 2 1/2 geschossige Doppelhäuser errichtet. Die Fassaden wurden abwechslungsreich mit Putz- und Klinkerflächen gegliedert und wiesen Ornamente auf. Die Gebäude waren größtenteils traufständig, hatten Satteldächer mit variierenden Zwerchgiebeln – teils auch mit Fachwerk – und Dachgauben.
Der öffentliche Straßenraum wurde durch Straßenbäume gegliedert.
Im Nahbereich der Häuser wurden Stallgebäude erstellt und daran anschließend befanden sich für die private Nutzung große Gartenlandflächen.

Im zweiten Abschnitt 1900 wurden südlich der Zeche an den durch Schrägschrift gekennzeichneten, nachfolgend genannten Straßen bzw. -abschnitten: Haberlandstraße/ Käthe- Kollwitz- Straße/ Eugen- Richter- Straße/ Donarstraße / Paul- Gerhardt- Straße ( damals bis zur Dörwerstraße führend ) und Dörwerstraße und an den dazwischenliegenden Straßen, u.a. der damals und auch heute noch sehr schönen Walter- Schücking- Straße  1 1/2 bis 2 1⁄2-geschossige Gebäude errichtet.

Donarstraße

Der öffentliche Straßenraum wurde alleenartig mit Bäumen bepflanzt. Die Fassaden und Hausgrundstücke wurden entsprechend dem ersten Bauabschnitt gestaltet bzw. angelegt.

Der dritte Abschnitt 1906/07 war im wesentlichen eine Ergänzung des zweiten Bauabschnittes. Insbesondere  an der Donarstraße wurde noch eine  andere Hausform ausgeführt. Es waren breite traufständige Doppelhäuser mit an den Seiten tief herabgezogenen Walmdächern.

Im vierten Abschnitt 1913/14 und 1916 wurden östlich der Zeche an den nachfolgend genannten Straßen bzw. -abschnitten 2- bis 2 1⁄2-geschossige Gebäude mit verputzter Fassade errichtet: Ammerstraße von der “Bahnlinie“ bis zur Wodanstr. / Wodanstraße zwischen Ammer- und Dönnstraße/ Dönnstraße von der Wodanstr. bis zur “Bahnlinie“ / Hugostraße zwischen Dönn- und Ammerstraße/ Marschallstraße sowie Herkulesstraße von der Marschall- bis zur Ammerstraße. 

Der Siedlungsbereich war gartenstadtähnlich angelegt, d. h. die Straßen waren geschwungen und stark durchgrünt. Dieser Siedlungsteil war durch kompakte, meist 2 1⁄2- geschossige Gebäude mit verputzter Fassade, gekennzeichnet. Die meisten Gebäude besaßen Walmdächer, aber auch einige Sattel- und Mansarddächer mit variierenden Zwerchgiebeln und Gauben waren kennzeichnend.

Hugostraße

Die Gebäude hatten meist Stallanbauten. Alle Häuser hatten Vorgärten mit Baumbestand ( Platanen )  und  große Gartenlandflächen. Im öffentlichen Straßenraum befand sich nur Baumbestand im Bereich der Platzflächen.

Die Hansemann-Siedlung präsentierte mit ihrem hochwertigen interessanten Gebäudebestand, den großen Gartenlandflächen sowie durch den die Straßenräume prägenden Baumbestand eine gelungene, lebenswerte Wohnanlage.

 

Teil II Entwicklung der Hansemannsiedlung bis zum heutigen Zustand (Bauabschnitt 1)

Die Kolonie lag verteilt in den Orten Mengede, Nette und Oestrich, die im Jahr 1928 nach Dortmund eingemeindet wurden und heute im Stadtbezirk Mengede der Stadt Dortmund liegen.
Auch nach der Einstellung des Bergbaubetriebs der Zeche Hansemann im Jahr 1967 hatte der Bergbau noch lange Belegrechte bezüglich der Wohnungen.
Ab den 1970er Jahren zogen viele türkische Bergleute und ihre Familien in die Hansemannsiedlung. Für viele dieser Migrantenfamilien ist die Siedlung über die Jahre zur Heimat geworden.

1898 erbautes ehem. Bergmannshaus in der Hansemannstraße

Seit Fertigstellung der Koloniegebäude hat es an ihnen die verschiedensten mehr oder weniger großen Veränderungen gegeben. Diese sind an den Fassaden, den Dächer sowie den Eingangssituationen – u.a. Außentreppen, Hauseingangstüren, Vordächern und Fenstern erkennbar. Die Gebäude der Hansemannstraße mit den Hausnummern 16 bis 86 wurden durch die Beschlüsse des Rates der Stadt Dortmund vom 30.06.1983 bzw. 14.06.1984 in die Denkmalliste eingetragen. Es handelte sich hierbei um 15 Doppelhäuser, ein Haus – bestehend aus zwei Doppelhäusern – und ein Einzelwohnhaus. Zwischen den Gebäuden mit den Hausnummern 78/ 80 und 84/86 lag zu dieser Zeit ein unbebautes Grundstück. Auf dieser Fläche wurde um die Jahrtausendwende ein neues Doppelhaus errichtet.

Die Gebäude präsentieren sich heute in einem heterogenen denkmalpflegerischen Zustand. Lediglich das leerstehende, denkmalgeschützteGebäude“Hansemannstraße 16/18“ befindet sich in einem schlechten Zustand. Die einst im Nahbereich der Häuser, im Gartenland stehenden Stallbauten, sind größtenteils nicht mehr vorhanden und wurden durch Bauten jeglicher Art ersetzt. Des Weiteren hat sich die Anzahl dieser Bauten, u. a.Gartenlauben und Geräteschuppen, auch im Gartenland erhöht.

Unbewohntes ehem. Bergmannshaus in der Hansemannstraße

In den zweitausender Jahren wurden mit Erschließung vom “Königshalt“, der Zuwegung “Hansemannstraße/ Paßweg“ und von der Voerste- Dickhoff- Straße zwischen den Straßen Königshalt undVoerste- Dickhoff- Straße in den hinteren Gartenlandbereichen der “ Hansemanngebäude“Flächen für den Bau neuer Gebäude und Nebenanlagen in Anspruch genommen. Die sich verändernden Lebensbedingungen, insbesondere die starke Zunahme der Personenkraftwagen, haben dazu geführt, dass umfangreiche Versiegelungen der Gartenbereiche, u.a. für Garagen, Carports und Stellplätze zwischen den Häusern und im vorderen Gartenland stattfanden. Große Vegetationsflächen und Heckenbestände gingen dadurch verloren.

Ehemaliges Bergmannshaus in der Hansemannstraße

Im öffentlichen Straßenraum ist von den ehemals umfangreichen Straßenbaumpflanzungen in der Hansemannstraße nur zwischen dem “Königshalt“ und der Voerste- Dickhoff- Straße ein nicht zufriedenstellender Baumbestand mit schlechtem Pflegezustand verblieben. Die Hansemannstraße könnte durch die Pflanzung einer zumindest einreihigen  Baumreihe vor den denkmalgeschützten Häusern zwischen “Königshalt“ und Schragmüllerstraße eine Aufwertung erfahren.
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Quellen zu den Teilen I + II

1. startklar.projekt.kommunikation sowie Post • Welters, Architekten und Stadtplaner – Siedlungskultur in Quartieren des Ruhrgebietes ein Interkommunales Handlungskonzept ( Nr. 33 ) für die Hansemannsiedlung in Dortmund, Nette- Oestrich Dortmund, Auftraggeber: Stadt Hamm(Stadtplanungsamt) für die beteiligten Kommunen, Wohnungsgesellschaften und den RVR – Dortmund, den 31.07.2017

2. Luftbilder, Regionalverband Ruhrgebiet -Internet: www.luftbilder.ruhr

 Fotos zum vorstehenden Teil I:

Foto 1   Blick in die Hansemannstraße  Quelle: Stadtbezirk Mengede – gestern &  heute, Seite 60, Heimatverein Mengede
Foto 2   Bergmannshaus an der Walter- Schücking- Straße  Quelle: Kleine  Chronik von Nette, Nachdruck durch Arbeitsgruppe für Netter Geschichte, September 2008
Foto 3   Bergmannshaus an der Donarstraße Quelle: Kleine Chronik von Nette, Nachdruck durch Arbeitsgruppe für Netter Geschichte, September 2008
Foto 4   Blick in die Hugostraße  Quelle: Stadtbezirk Mengede – gestern &  heute, Seite 39, Heimatverein Mengede

Fotos zum vorstehenden Teil II: Eva Latterner

Foto 5 1898 erbautes ehem. Bergmannshaus in der Hansemannstraße
Foto 6 Unbewohntes ehem. Bergmannshaus in der Hansemannstraße
Foto 7 Ehemaliges Bergmannshaus in der Hansemannstraße

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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