Auf eine Tasse Kaffee….

Heute mit:

… dem Mengeder Singer/Songwriter Hans Blücher,

der das unkomplizierte Zusammenleben verschiedenster Kulturen und Nationalitäten im Dortmunder Norden wie im Nordwesten der Stadt schätzt

Vorbemerkungen:
Der Mengeder Singer/Songwriter Hans Blücher (mit bürgerlichem Namen Torsten Huith) ist 45 Jahre alt, verheiratet und lebt seit 2015 mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen (5 und 8 Jahre alt) in Mengede, in einem Nachbarhaus von Freunden. Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist er in Kempten im Allgäu. In seiner Ausbildung im Musikhandel hat er Gitarren verkauft und danach ein Stipendium für ein Studium erhalten.Nach seiner abgeschlossenen Ausbildung und seinem BWL-Studium ist er 2003 in die Dortmunder Nordstadt in eine WG gezogen.
Seit 25 Jahren spielt der Liedermacher und Indie-Sänger in Bands und seit nunmehr 15 Jahren tritt er mit seinem Soloprogramm unter dem Künstlernamen Hans Blücher auf (www.hansbluecher.de).
Aktuell geht er mehreren selbstständigen Tätigkeiten nach. Neben der Musik arbeitet er in einem Designbüro und als Berater. Letztes Jahr hat er ein Crowdfunding-Projekt zum Thema Nordstadt gestartet, um Musiker zu unterstützen, die an dem Projekt mitgeholfen haben. (K.N.)

Das Interview mit Hans Blücher hat Gabriele Goßmann geführt.

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In Ihrem neuen Album „Nordstadtsoul“ wird Regionalität groß geschrieben. Wer aus Dortmund oder Umgebung kommt, kann sich sofort mit den Textinhalten identifizieren (zumindest ging es mir so ☺.) Woher kommt der starke Bezug zur Nordstadt bzw. zum Ruhrgebiet? Vom Allgäu in die Nordstadt zu kommen, stelle ich mir nicht so einfach vor …

Die Nordstadt war meine erste Anlaufstelle im Ruhrgebiet, als ich arbeitsbedingt damals nach Dortmund gezogen bin. Ich habe dort in einer WG zusammen mit drei anderen Mitbewohnern in der Blücherstraße gewohnt. Daher kommt mein Künstlername, denn dieser Ort und diese Zeit haben mich geprägt, vor allem auch als Musiker. Die Nordstadt als Teil einer Großstadt war schon anders als meine Heimat. Insbesondere schätze ich an der Nordstadt die Vielfalt der Kulturen, die einzigartige Budenkultur und die bodenständige Mentalität der Leute im Ruhrgebiet. Ich habe mich hier von Anfang an wohl gefühlt … und bin geblieben.

Sie haben das Album als Crowdfunding-Projekt angelegt und beachtenswerterweise die gesamten Einnahmen an die Mitwirkenden weitergegeben. Wie kamen Sie auf diese Idee? Worin liegt der Unterschied zur herkömmlichen Produktion eines Albums?

Crowdfunding war mir zwar vorher schon ein Begriff, und das Konzept fand ich schon immer interessant, doch die eigentliche Idee, ein Album mittels Crowdfunding zu finanzieren, ist während Corona entstanden. Ich wollte den Beteiligten eine Unterstützung in Form eines Honorars bieten. Durch die Beteiligung ist das Endergebnis noch besser geworden, als wenn ich es alleine im Studio produziert hätte. Es ist zu einem Gemeinschaftsprojekt geworden, bei dem sich jeder, der sich finanziell beteiligt hat, mit einbringen konnte. Auch am Musikvideodreh zum Song „Kopenhagen“ waren viele Freunde und Unterstützer beteiligt. Eine Besonderheit war zudem, dass es zum Album auch Online-Exklusiv-Konzerte über Zoom gab. Ein wesentlicher Vorteil von Crowdfunding ist der persönliche Kontakt zu den Geldgebern und die Nahbarkeit.

Könnte Crowdfunding als neues Konzept für Musiker eine Lösung sein, um sich auf dem Musikmarkt zu etablieren?

Absolut! Es schafft neue Ressourcen und Chancen, um Projekte zu ermöglichen, die durch eine herkömmliche Herangehensweise vielleicht nicht umgesetzt werden können.

Aktuell gehen Sie im Rahmen eines musikalischen Workshop-Projektes im Dortmunder Konzerthaus der spannenden Frage nach, wie die Nordstadt klingt. Wie klingt sie für Sie persönlich? Was verbinden Sie mit dem Stadtteil und wie verarbeiten Sie Ihre Eindrücke in Ihren selbstkomponierten Songs?

Ich habe den Song „So klingt die Nordstadt“ für das „Konzerthaus Community Music“-Projekt komponiert (Mehr Infos zum Projekt: https://www.konzerthaus-dortmund.de/communitymusic/ und 

https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/nachrichtenportal/alle_nachrichten/nachricht.jsp?nid=680965). Dieses Projekt verdeutlicht sehr gut, was die Nordstadt ist, denn hier finden sich Musikbegeisterte aus verschiedensten Lebensbereichen zusammen und machen schlichtweg Musik. Die Nordstadt ist vielseitig, bunt, klangvoll. Sie ist für mich ein Fest, das auf zweierlei Weise laut ist: Es herrscht ein hoher Lärmpegel, ist zugleich aber auch belebt.

Am besten kann ich mit meiner Musik ausdrücken, wie die Nordstadt für mich klingt: [Musikvideo zum Song „Kopenhagen“]

Hans Blücher - Kopenhagen

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Wie steht die Nordstadt mit Kopenhagen in Verbindung?

In dem Musikvideo zu diesem Titel fahre ich mit dem Fahrrad durch die Nordstadt. Kopenhagen als „Fahrradhauptstadt Europas“ gilt für mich als Vorbild, was den Ausbau von Fahrradwegen betrifft. Ich wünsche mir auch hier Fortschritte in diese Richtung.

Nordstadt und Nordwesten von Dortmund – lässt ja schon alleine vom Namen eine gewisse Ähnlichkeit erahnen, ebenso von der geografischen Lage. Sie kennen beide – Würden Sie dieser Einschätzung zustimmen können?

Trotz der unterschiedlichen Charakteristik der Stadtteile gibt es aus meiner Sicht durchaus Gemeinsamkeiten, beispielsweise das unkomplizierte Zusammenleben verschiedenster Kulturen und Nationalitäten.

Wie gehen Sie beim Komponieren vor? Entwickeln Sie zunächst einen groben Themenumriss, über den Sie einen Songtext schreiben wollen, oder haben Sie direkt konkrete Lyrics und Melodien im Kopf? Oder anders gefragt: Was ist zuerst da, der Klang oder der Text? Und wie fügen Sie dann beides zu einer stimmigen Symbiose zusammen?

Wenn ich ein Thema gefunden habe, das mich zu einem Song animiert, entsteht bei mir zuerst die Idee, dann die ersten Textzeilen und zum Schluss die Melodie. Wenn der Chorus steht, hat man das Grundgerüst geschaffen, woraufhin man sich den Feinheiten widmen kann. Aber ich würde mich nicht als zu perfektionistisch bezeichnen. Ich schreibe lieber mehrere Songs, anstatt an nur einem einzigen jahrelang zu sitzen.

Als Singer/Songwriter oder als Künstler generell hat man es nicht immer leicht in der Gesellschaft – und insbesondere jetzt während der Pandemie. Haben Sie es je bereut, in die Musikbranche eingestiegen zu sein?

Kunst und Kultur waren seit Beginn der Pandemie beinahe vollkommen ausgeschaltet. Daher ist es gerade jetzt wichtig, in einen (musikalischen) Austausch zu kommen, denn die Kunst ist es, die das Leben so richtig lebenswert macht. Ich bereue es keinesfalls, mich mit Musik zu beschäftigen. In Coronazeiten neigt man leicht dazu, nur noch zu existieren. Dabei bietet einem der Umgang mit Musik so viel.

Und was genau gibt Ihnen die Musik?

In erster Linie Energie, Trost und Zuversicht – und die Möglichkeit, meine Emotionen auszudrücken.

Beruflich bewegen Sie sich in zwei sehr unterschiedlichen Bereichen: Zum einen haben Sie BWL studiert und zum anderen geben Sie sich der Kunst hin. Sehen Sie dies als Widerspruch in sich? Betrachten Sie es (heutzutage) als unumgänglich, mehrere Standbeine zu haben, anstatt ausschließlich von der Musik zu leben?

In beiden Bereichen konnte ich viele mir heute nützliche Erfahrungen sammeln. Ich finde es wichtig, als Musiker heutzutage mehrere berufliche Standbeine zu haben. Das nimmt mir zumindest den Druck, nur von der Musik leben zu müssen und gibt mir ein Stück Sicherheit. Andererseits bedeutet es mir viel, flexibel arbeiten zu können, anstatt einem 40-Stunden-Job nachzugehen, der mir keine Freude bereitet.
Natürlich wäre es aber schön, wenn es mehr Menschen ermöglicht werden könnte, ihren Lebenstraum zu erfüllen. Mein Wunsch ist, dass es eine stärkere Förderung für musikalische oder auch künstlerische Talente gibt.

Was haben Sie für Vorstellungen für die Zukunft? 

Zentrale Aspekte für die Gestaltung der Zukunft sind ein achtsamer Umgang miteinander und mit unserer Erde, die Bewahrung der Natur, Umweltschutz, autofreie Innenstädte und die Vermeidung, unsere natürlichen Ressourcen weiterhin auszubeuten.

In Bezug auf die Medienlandschaft wäre mehr Transparenz in der Berichterstattung wünschenswert. Z.B. könnte viel mehr über die Erfolge berichtet werden, die z. B. im Klima- und Umweltschutz bereits erreicht wurden. Das spornt die Leute doch noch mehr an, als wenn sie immer nur Negativschlagzeilen zu lesen bekommen.

Ist es Ihnen wichtig, dass Ihre Kinder ebenso wie Sie musikalische Fähigkeiten entwickeln?

Ich würde mich zwar darüber freuen, wenn meine Kinder sich ebenso wie ich für Musik begeistern würden, aber noch viel wichtiger ist für mich, dass sie eine nachhaltige, solidarische Kooperation fürs Zusammenleben entwickeln können. Dabei möchte ich sie gerne unterstützen. Im Moment arbeite ich an einem neuen Song mit dem Titel „Parents4Future“, inspiriert durch den gleichnamigen Verein. Es ist eines meiner großen Anliegen, auch die Erwachsenen zu mehr Nachhaltigkeit zu motivieren.

Wie sehen Sie explizit die Zukunft der Musik? 

Speziell als Künstler frage ich mich insbesondere, für welche Werte ich heute und morgen stehe. Musik hat einen verbindenden Charakter, beispielsweise durch gemeinsames Singen zu Weihnachten. Musik geht eine Ebene tiefer als bloße Fakten. Sie besitzt eine starke Ausdruckskraft, welche man auch in Zukunft nutzen sollte, um seine Werte zu vermitteln.

Gibt es noch weitere Projekte, an denen Sie derzeit arbeiten?

Wenn es um Musik geht, bin ich ständig mit etwas beschäftigt. Vor allem aus Alltagssituationen schöpfe ich meine Kreativität. Zusammen mit Klaus Neuvians ist im Rahmen dieses Interviews die spontane Idee entstanden, ein Album über Mengede und mit Mengeder Musikern zu vertonen. Ich habe auch schon einige Zeilen und den Titel im Kopf. Eines kann ich schon jetzt verraten: … da ist Musik drin.

MENGEDE:InTakt! hat Hans Blücher gebeten, den (aktualisierten) Fragebogen von Marcel Proust* auszufüllen. Hier ist das Ergebnis:                                                                                                                                                                                           
Ihr Motto/Leitspruch?
Ein Motto reicht nicht – das hängt mit der nächsten Antwort zusammen.
Ihr Hauptcharakterzug?
Vielseitigkeit.
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Ich würde gerne Trauer/seelische Schmerzen von Menschen linder/heilen können.
Was verabscheuen Sie am meisten?
Gewalt, Krieg, Unterdrückung.
Ihr Interesse an Politik?
Zukunftsthemen: Klima, Nachhaltigkeit & Soziales ; Chancen für alle.
Glauben Sie Gott sei eine Erfindung des Menschen?
Ich glaube an Gott.
Welche Reform/Erfindung bewundern Sie am meisten?
Jede, die einen Fortschritt in Richtung Frieden, Nachhaltigkeit und Menschlichkeit fördert.
Mit wem möchten Sie an einer Hotelbar ein Glas Wein trinken und dabei worüber reden?
Aktuell: Mit Angela Merkel: Ein Gespräch über ihre Amtszeit.
3 Dinge, die Sie mit auf eine einsame Insel nehmen würden?
Die Wunderlampe von Aladin, eine Gitarre, einen Freund.
Sommer oder Winter?
Sommer – Ich mag es gerne warm. Am liebsten dösend in einer Hängematte.
Ihre Hobbies?
Musik hören (auf  Vinyl), lesen, Sport (aktuell: Slacklinen).
Film oder Buch?
Bücher, Bücher, Bücher… .
Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?
Mit den Kindern: Shaun das Schaf.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Zum wiederholten Mal: Herr der Ringe, Teil 1 – 3.
Ihre Lieblingsmusik?
Dazu bräuchte ich fünf  Din A4 Seiten: Indie, Jazz, Funk, Soul, Reggae, Singer/Songwriter, Hip Hop.  Aktuell das neue Album des Dortmunder Rappers Schlakks mit dem Titel “Wir werden von Euch erzählen..
Ihre Lieblingsblume?
Weiße Tulpen. 
Ihr Lieblingstier?
Aktuell die beiden Degus meiner Kinder.
Essen & Trinken hält Leib und Seele zusammen – auch bei Ihnen? Wenn ja, was ist es?
Jeden Samstag Pfannkuchen.
 * Der Fragebogen von Marcel ProustWas denken und fühlen bekannte Zeitgenossen? Diese Fragen faszinierten die Menschen schon immer. Vorbild für diese Fragen ist der wohl bekannteste Fragebogen, der den Namen des französischen Schriftstellers Marcel Proust (1871-1922) trägt. Dieser hat ihn aber nicht entworfen, sondern nur ausgefüllt, das heisst, genau genommen sogar zweimal: Einmal als 13-jähriger auf einer Geburtstagsparty. Dann im Alter von etwa 20 Jahren einen ähnlichen Fragebogen, dem er selber den Titel «Marcel Proust par lui-même» («Marcel Proust über sich selbst») gab. Berühmt wurden die Fragen durch Publikationen z. B. in der FAZ.
MIT  hat den Fragebogen etwas aktualisiert.
Fotos: K.N., zur Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken!

 

 

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