Baumgestalten – Die Linde

 „Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum”

Von Eva Latterner

Nicht nur am Brunnen vor dem Tore steht ein Lindenbaum; er steht vor so manchem Vaterhaus, auch auf Dorfplätzen finden sich die Menschen, gerne zur Abendzeit, unter den Linden ein.
Deutschlands beliebtester Baum ist seit dem Mittelalter zugleich der meist besungene Baum im Liedgut und in der Literatur. So wurde die Winterlinde mit ihren herzförmigen Blättern bereits von den frühen Minnesängern zum Symbol der Liebenden erklärt, die Bedeutung als Dorf-und Tanzlinde findet sich in der Dichtung der Klassik, und die Romantik beschreibt sie gern als Ort der Sehnsucht, aber auch der Verbundenheit zur Heimat. Der blühende, Schatten spendende Baum war stets beliebter Versammlungsort und, wie die Kirche, Mittelpunkt des historischen Dorflebens. 

In unserem Stadtbezirk hat sich am Wiedenhof ein geschichtsträchtiger und beliebter Ort der Begegnung im Schatten alter Lindenbäume erhalten. 

Die Linde ist robust und schnellwüchsig. Ihr Holz ist weich und seit Jahrhunderten bekannt als gutes Schnitzholz. Die großen Schnitzaltäre des Tilman Riemenschneider sowie zahlreiche Madonnen- und Heiligenstatuen aus weniger bekannten Werkstätten wurden aus Lindenholz gefertigt.

Mit der Lindenblüte und ihrem unverkennbaren süßlichen Duft beginnt der Hochsommer. Nicht  nur wir Menschen fühlen uns, besonders an lauen Abenden, von der schweren Süße angezogen, die späte Blüte ist eine hervorragende Bienenweide; durch die Arbeit der Bienen gewonnener Lindenblütenhonig ist köstlich und gleichzeitig von medizinischem Nutzen. Er süßt den Lindenblütentee, der gegen Fieber und Erkältungsanzeichen wirkt, aber auch krampflösend und entspannend wirkt.

In großen und kleinen Parkanlagen beeindrucken die in ganz Europa heimischen Lindenbäume als Solitärbäume, hier können sie ihre kompakte Krone voll entfalten und die Funktion als beliebter Treffpunkt gut erfüllen. Aber auch als Straßenbäume werden sie Dank ihrer Vitalität und Schnittverträglichkeit häufig gepflanzt. Nicht selten bilden sie  eindrucksvolle Alleen in Stadt und Land.

„Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum,
und alle Sommer, welche in ihr schweigen,
rühren sich wieder in den tausend Zweigen
und wachen wieder zwischen Tag und Traum.“

(Rainer Maria Rilke, 1909)
Fotos: Silvia Rzadkowski; zur  Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken!

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