Spuren jüdischen Lebens in der Region erhalten

Ein Straßenname gegen das Vergessen

Die Verwaltung der Stadt Dortmund hat die Fraktionen der Bezirksvertretung Mengede um Unterstützung bei der Namensfindung für die auf dem ehemaligen Kraftwerksgelände in Oestrich geplanten Erschließungsstraße gebeten. Für die SPD regen Ratsvertreter Detlef Adam und Bezirksvertreter Richard Utech an, die Straße nach Levi Baum, einer jüdischen Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in Mengede und Castrop des 19. Jahrhunderts zu benennen.b
„Nachdem dort über Jahrzehnte hinweg das Gedenken an einen NS-Täter bewahrt wurde, wollen wir mit unserem Vorschlag Erinnerungen an Verdrängtes und Verlorenes wachrütteln und Spuren jüdischen Lebens in der Region erhalten“, erklärt Ratsvertreter Adam.
Der Kaufmann Levi Baum wurde 1841 in Mengede geboren, das bis 1889 zum Amt Castrop gehörte. Das von ihm und seiner Frau 1874 gegründete Kaufhaus war zu seiner Zeit das größte in Mengede. Zudem war Baum Vorsteher der unter dem Namen „Israelitischer Wohltätigkeitsverein Mengede“ 1867 in Mengede gegründeten jüdischen Gemeinde. Baum verstarb im Jahre 1913 und wurde in Mengede beigesetzt.
Über das Schicksal der Familie Baum nach 1933 ist lediglich bekannt, dass die Tochter Sophie von den Nazis nach Polen deportiert und dort ermordet wurde. Die Verwaltung der Stadt Dortmund wird den Vorschlag prüfen und in Abstimmung mit der Verwaltung der Stadt Castrop-Rauxel eine Entscheidung treffen.

Hintergrundinformationen zur vorstehenden Anregung:
Auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerks „Gustav-Knepper“ (Bebauungsplans Mg 116) entsteht zur Zeit ein interkommunales Gewerbe- und Industriegebiet. Die zu benennende Erschließungsstraße liegt auf Dortmunder Stadtgebiet und zu einem kleineren Teil auch auf dem Gebiet der Stadt Castrop-Rauxel.
Mit Schreiben vom 20.06.2022 unterbreitete die Verwaltung der Stadt Dortmund den Fraktionen der Bezirksvertretung Mengede diverse Anregungen zur Namensgebung und wies zudem auf die Möglichkeit hin, eigene Vorschläge einzubringen.

Ratsvertreter Detlef Adam und Bezirksvertreter Richard Utech regen an, die Straße nach Levi Baum zu benennen. Beide hatten im Januar dieses Jahres bereits auf die NS- Vergangenheit Kneppers hingewiesen und veranlasst, dass dessen Name bei der zukünftigen Nutzung des Geländes keine Verwendung mehr findet.

Levi Baum
Der Kaufmann Levi Baum wurde am 25.06.1841 in Mengede als Sohn des Händlers Salomon Baum und dessen Ehefrau Henrica Baum geb. Cossmann geboren.
Zusammen mit seiner Frau Netta (*1848 in Huckarde) gründete er unter seinem Namen 1874 ein Kaufhaus in Mengede. Die Geschäftsräume befanden sich in den Häusern Mengeder Str. 705 und 708 (damals Bahnhofstr. 20 u. 21). In den Folgejahren wurde es zum größten Kaufhaus in Mengede.
1889 wurde das Amt Mengede im Landkreis Dortmund aus den Landgemeinden Bodelschwingh, Brüninghausen, Deininghausen, Deusen, Dingen, Ellinghausen, Groppenbruch, Ickern, Mengede, Nette, Oestrich, Schwieringhausen und Westerfilde gebildet, die bis dahin zum Amt Castrop gehört hatten. Die jüdischen Bürgerinnen und Bürger Mengedes gehörten zunächst zur Synagogengemeinde Castrop, bis sie 1867 unter dem Namen „Israelitischer Wohltätigkeitsverein Mengede“ eine eigene Gemeinde gründeten. Herr Levi Baum wurde Vorsteher dieser Gemeinde.
Am 15.10.1913 verstarb Levi Baum. Er wurde auf dem Friedhof der jüdischen Gemeinde Mengede an der Siegenstraße, Ecke Groppenbrucher Straße beigesetzt. Der Friedhof besteht noch heute, ebenso das Grabmal Levi Baums. Seine Schwester Regina Baum liegt neben ihm bestattet, ebenso seine Ehefrau Netta Baum. Am 08.05.1874 wurde der Sohn Abraham (Albert) geboren, er starb 1936 und liegt ebenfalls dort bestattet. Ihre 1881 geborene Tochter Sophie Baum, verheiratete Oppenheim, wurde von Düsseldorf nach Polen deportiert und ermordet.
Über die Lebensumstände der Familie Baum aab dem 30.01.1933 ist nichts bekannt. Ebenso konnte nicht geklärt werden, was aus dem Vermögen der Familie wurde.

Quelle: Detlef Adam und Richard Utech; Foto: SPD-OV Nette

 

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