Im Dicken Dören: Wirtschaft vs. Umwelt

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Waltrops Bürgermeisterin und Planungschef berichteten im Amtshaus

Die Straße Im Dicken Dören gibt es bereits. Sie mündet in die Mengeder Straße, die Verlängerung der Emscherallee.

Sichere Arbeitsplätze und Steuereinnahmen auf der einen Seite der Stadtgrenze, Verlust von Lebensqualität und Natur auf der anderen Seite – dieser Konflikt stand gestern im Amtshaus im Mittelpunkt. Waltrops Bürgermeisterin Nicole Moenikes und Stadtentwicklungsdezernent Andreas Scheiba waren selbst gekommen, um in der Bezirksvertretung (BV) Mengede für ihr Großprojekt „Im Dicken Dören“ zu werben. Doch die Lokalpolitiker im Dortmunder Nordwesten blieben skeptisch.

Die Nachbargemeinde plant in rund 200 Metern Entfernung auf einer Anhöhe oberhalb der Wohnbebauung Groppenbruch eine 200 Meter lange, 60 Meter breite Industrieproduktionshalle mit noch unbekannter Gebäudehöhe. Dort will der Waltroper Nutzfahrzeugbauer Langendorf im 24-Stunden-Betrieb Spezial-Lkw produzieren.

Bürgermeisterin Moenikes appellierte an das Verständnis der BV. Langendorf sei mit 275 Arbeitsplätzen der wichtigste Arbeitgeber der 30 000-Einwohner-Stadt: „Das ist für Dortmund eine geringe Zahl, aber für uns von großer Bedeutung,“ betonte die CDU-Politikerin, die seit 2014 Chefin im Waltroper Rathaus ist. Diese Tatsache ist auch den Mengedern durchaus bewusst. Immerhin ist bekannt geworden, dass das seit 1889 in Waltrop ansässige, mittelständische Unternehmen inzwischen sogar mit Betriebsverlagerung nach Polen gedroht hat, wenn aus dem Umzug auf ein größeres Gelände nichts werden sollte. Die Langendorf GmbH ist nach einer langen wechselvollen Geschichte – mit Insolvenz 2013 – 2017 von der polnischen Wielton Group übernommen worden. Inzwischen schreibt das Unternehmen nicht nur schwarze Zahlen, sondern hat die Produktion gesteigert und zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Der jetzige Standort sei zu sehr eingeengt und entspreche nicht mehr den Erfordernissen.

Planverfahren ging bisher an Dortmund vorbei

Jetzt Acker, künftig Industriegebiet.

Waltrop hatte das Vorhaben bereits 2014 bekanntgemacht und seitdem konsequent zusammen mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) daran gearbeitet. Dortmund war nur anfangs informiert worden. Wie berichtet, hatte zu Anfang dieses Jahres ein Scoping-Termin stattgefunden, zu dem die Stadt Dortmund eingeladen war. Aus „Termingründen“, so Planungsdezernent Wilde, habe man nicht teilnehmen können. Im Sommer gab es dann die aus Dortmunder Sicht wenig erfreuliche Überraschung. Das Verfahren ist schon weit gediehen. Andreas Scheiba berichtete, die Änderung des Regionalplanes sei vorbereitet.

Dass 15 Hektar Getreideacker mitten im Grünen für einen Logistik-Betrieb teilweise zubetoniert werden, stört die Planer nicht. Die vorgesehene Industrieansiedlung entstehe auf einer aus Waltroper Sicht nicht sonderlich schützenswerten, „altindustriellen“ Aufschüttung, die derzeit für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werde. Das sei „keine ökologisch hochwertige Fläche, sondern ausgeräumtes Ackerland,“ das intensiv bewirtschaftet werde. Um die Aufschüttung für die geplante Bebauung vorzubereiten, sei zunächst eine Verdichtung des Bodens unumgänglich. Die langfristige Beeinträchtigung im benachbarten Groppenbruch durch Lärm und andere Emissionen schätzte Scheiba eher gering ein.

Kontroverse Diskussion, unterschiedliche Blickwinkel

Diese Einschätzung wurde von den Mengeder Bezirksfraktionen nicht geteilt. Grundsätzliche Überlegungen standen dabei im Vordergrund:

Mengede gehört zu den am stärksten durch Lkw-Verkehr belasteten Bezirken Dortmunds. Auch die Autobahnen A 2, A 42 und A 45 weisen einen hohen Prozentsatz Lkw-Verkehr auf. Bezirksbürgermeister Wilhelm Tölch stellt deshalb die Frage: Sind der Bevölkerung weitere große Logistik-Betriebe noch zumutbar?

Nicht nur das aufgeschüttete Gelände selbst, auch die nähere Umgebung muss betrachtet werden; dazu gehören der renaturierte Groppenbach sowie die Lage im Grüngürtel zwischen Castrop-Rauxel, Lünen und Dortmund. Letzterer ist als Frischluftschneise unverzichtbar und deswegen zu erhalten.

Ausweichquartier Knepper für Nachbarn keine Option

Detlef Adam (SPD) verwies auf ein Schreiben der Stadt Dortmund, in dem die Seriosität der Waltroper Argumente angezweifelt wurden (Siehe Mengede InTakt vom 11.7.2018). Darin seien der Nachbargemeinde andere Vorschläge unterbreitet worden, z. B., einen Standort auf dem ehemaligen Kneppergelände zu beziehen. Eine Verlagerung außerhalb der eigenen Grenzen wurde jedoch von den Waltropern abgelehnt.

Grünen-Fraktionssprecherin Isabella Knappmann verwies darauf, dass sich rund um das angeblich ökologisch wertlose 15 Hektar große Gelände eine durchaus schützenswerte Flora und Fauna entwickelt habe; so sei ein Gehölzstreifen am Ackerrand gewachsen, im Umfeld habe sich eine große Amphibienpopulation mit geschützten Arten etabliert. Darüber hinaus bedeute das Projekt bereits in der Bauphase eine starke Beeinträchtigung für alle, die in der Nähe wohnen. „Wir haben Erfahrung mit solchen Projekten. Als man für das Ikea-Logistikzentrum auf der aufgeschütteten Haldenfläche den Boden vorbereitete und verdichtete, hatten die Nachbarn auch lange Zeit unter Lärm und Erschütterungen zu leiden.“

SPD-Fraktionssprecherin Gudrun Feldmann fügte hinzu, sie habe sich den Langendorf-Betrieb am jetzigen Standort angesehen. „Dort werden große und sehr schwere Fahrzeuge hergestellt. Die Produktion ist extrem laut. Die Anwohner beklagen sich über Lärm und Dreck.“ Genau deswegen, so versicherte Andreas Scheiba, wolle man unbedingt den Betrieb innerhalb einer großen Halle konzentrieren. Derzeit sei es noch so laut, weil man die Lkw von einem der verschiedenen Gebäude in ein anderes transportieren müsse. Türen würden geöffnet und geschlossen, daher die Geräuschkulisse. „Eingehaust“ werde der Produktionskrach kaum nach außen dringen, so die Einschätzung der Waltroper Stadtvertreter.

So lang, so breit – aber wie hoch wird das Ganze?

Hinter den Gärten an der Groppenbrucher Straße steigt das Gelände an. Wird hier demnächst eine Halle den Horizont verkleinern?

Doch nicht nur die Schallisolierung des geplanten Gebäudes, auch seine Größe macht den Mengedern nach wie vor Sorgen. Da die Halle auf einer Anhöhe oberhalb des Groppenbruchs errichtet wird, wird sie aus Sicht der Wohnhäuser wie ein Gebirge in den Horizont hinein ragen. 200 Meter Länge, 60 Meter Breite, das ist bekannt. Aber das Wichtigste: wie hoch wird sie sein? Weder Moenikes noch Scheiba wussten die Antwort. Auf keinen Fall so hoch wie Ikeas Hochregallager. Der Stadtentwicklungsdezernent versprach schließlich: „Das reiche ich Ihnen noch nach.“

Kleiner Trost und ein Rest Hoffnung für die Betroffenen: Das Regionalplanverfahren ist der erste Schritt. Im Zuge der weiteren Verfahren wird es – wie immer – auch eine Bürgerbeteiligung geben. Und da werde, so Scheiba, „kein Unterschied zwischen Waltroper und Mengeder Bürgern gemacht.“

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