Verstehen und Verständnis – Kassenbonpflicht

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Vorbemerkungen:
Ein verwandtes Wortpaar, das zum Nachdenken auffordert. Verstehen ist eine kognitive Leistung unseres Gehirns, die erforderlich ist, um zum Beispiel die Sachlichkeit, Notwendigkeit und Logik einer Argumentation, eines Plans oder einer Entscheidung nachvollziehen zu können, Verständnis hingegen hat mehr mit dem jedem Menschen innewohnenden Empfinden für Richtigkeit, Moralität oder Gerechtigkeit zu tun.

Seit Jahresbeginn müssen Händler mit elektronischem Kassensystem ihren Kunden bei jedem Kauf unaufgefordert einen Kassenbeleg aushändigen. Die Bonpflicht ist Teil eines Gesetzes, mit dem Betrug an Laden- beziehungsweise Restaurantkassen verhindert werden soll. Jedes Jahr würden zehn Milliarden Euro Steuergelder an Geschäftstheken hinterzogen. Das schätzt zumindest der Bundesrechnungshof. Zudem haben in den vergangenen Jahren mehrere Bundesländer eigene Steuerfahndergruppen zusammengestellt, die sich auf Registrierkassenbetrug spezialisiert haben. Diese haben Hinweise auf Steuerhinterziehung im Millionenbereich gefunden. Derartige Fahnder kamen dieses Jahr beispielsweise zwei Brüdern auf die Schliche, die mutmaßlich 2600 Kassensysteme mit Funktionen zum Steuerbetrug an deutsche und österreichische Gaststätten verkauft haben.

Soweit zum Verstehen…

Die Suche bei vielen Menschen nach Verständnis zur Bonpflicht ist häufig vergebens. Die Mehrheit ärgert sich besonders über die Bonpflicht zu Kleinstbeträgen. Die Pflicht zur Ausgabe der Kassenbons für Unternehmen bedeutet nicht zugleich, dass die Kunden die Bons auch mitnehmen müssen. Deshalb wird meistens auf die Annahme der Bons verzichtet. Was nützen dem Steuerfahnder Kassenbons, die im Papierkorb landen und entsorgt werden? Steuerrelevante Unterschiede zwischen Kundenbeleg und Kassensystem kann er nicht mehr feststellen.

Kassenbons haben auch Vorteile.

Niemand wird beim Kauf teurer Elektronikgeräte, einer Waschmaschine, einem Kühlschrank – also Anschaffungen, für die man viel Geld ausgegeben hat, die Bonpflicht kritisieren. Hierbei geht es garnicht um Steuerhinterziehung sondern um die Wahrung seiner Gewährleistungsrechte. Dazu muss ich nachweisen können, wo und wann ich das Gerät gekauft habe.

Zwei Millionen Kilometer Kassenbons pro Jahr

Die Kassenbonpflicht 2020 stößt bei vielen auf massive Kritik. Neben den Verbrauchern macht sich besonders im Einzelhandel, vor allem bei Bäckern und auch in der Gastronomie viel Unmut breit. Sie haben die Kosten für teure Nachrüstungen ihrer Kassensysteme zu stemmen. Es wird auch argumentiert, dass dies in Zeiten von Nachhaltigkeit und Umweltschutz völlig über das Ziel hinausschießt. Schätzungen aus dem Handel ergeben, dass jährlich mit einer Länge von rund zwei Millionen Kilometern an Kassenbons zu rechnen ist. “Die Kassenbonpflicht produziert vor allem Müllberge aus nicht recycelbaren und gesundheitlich problematischen Kassenbons aus Thermopapier”, kritisiert der Bund für Umwelt- und Naturschutz. “Kriminelle Energie kann man nicht mit einem Kassenzettel verhindern”.

Frankreich geht den entgegengesetzten Weg

Das Parlament hat für ein Ende der Bonpflicht gestimmt sowie weitere Maßnahmen zur Müllvermeidung. Ab September 2020 soll die Regelung zunächst für Beträge bis 10 Euro gelten, von Januar 2021 an für Beträge bis 20 Euro.

Es geht also auch anders.

Es bleibt zu hoffen, dass die Steuerfahndung künftig mehr die international agierenden “großen Fische” (Amazon, Apple, Google, etc.) ins Visier nimmt. Sonst heißt es wie so häufig: “Die Kleinen hängt man – die Großen lässt man laufen”.

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