Der Colt sitzt locker – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Der Colt sitzt locker

Von Peter Grohmann

Bei Heinrich Böll, aber auch bei der Moskauer Volkspolizei ist man nicht zimperlich, wenn feindlichen Agenten den Herrschaften ans Eingemachte wollen. Paar auf die Rübe, bis das Blut spritzt. Dem Wundertäter Alexej Nawalny gelingt es trotzdem, aus einem russischen Knast heraus und absolut abgeschirmt und isoliert, von Wladiwostok bis Kaliningrad zehntausende Zeitgenossen gegen Putin zu mobilisieren, sagt meine Zeitung. Und die weiss, was läuft.

Stimmt: Die Kommunisten von gestern haben die Schnauze voll von einer korrupten Elite – den Kommunisten von gestern, die heute als Oligarchen gut Freund mit der freien Welt sind. Wir Wessis und Wendehälse hatten da ja noch nie ein Problem. Als Heinrich Böll vor 40 Jahren im Bonner Hofgarten mit Pastor Heinrich Albertz die 300000 Friedensfreunde salbte, war die Welt noch in Ordnung. Zwei rechts, keins links und eine fallen lassen. “Alle hatten Raketen und Atombomben hinterm Haus, das kann ja nicht gut gehen”, sagte Petra Kelly.

Wir haben sie heute noch, und damit das so bleibt, haben wir die Heinrich-Böll-Stiftung. Die NATO, so bombt die Stiftung in die Welt, muss als „Glutkern“ der transatlantischen Partnerschaft weiter lodern. Richtig – denn alles andere wäre im Blick auf die Kanzlerschaft so kontraproduktiv wie eine vorschnelle Schulöffnung. Vor mehr als 20 Jahren führte die erste rot-grüne-Bundesregierung immerhin den ersten deutschen Angriffskrieg nach dem 2. Weltkrieg – echt jetzt? Sie erinnern sich? Aber wir waren auch schon früher fleißig: Mit den Luftangriffen auf Belgrad (Unternehmen Strafgericht) durch die Deutsche Wehrmacht begann am 6. und 7. April 1941 – vor 80 Jahren – der deutsche Balkanfeldzug. “Vergissmeinnicht, wenn mich Dein Arm umschlingt, dann bete ich: Vergiss mein nicht”, sang schon Fritz Wunderlich.

Ach ja, vergessen und vergessen werden, wie der Winter auf dem Balkan heute, wie die geschlossenen Grenzen, aber Vorsicht: Erkältungsgefahr für unsere Jüngsten. Und Putins lupenreine Villa ist ja garnicht Putins Villa, Ätschegäbele! 

Denkt doch einfach mal Navallny und Assange zusammen, ganz so, als ob das echte Menschen wären. Auch für sie schlägt jeden Tag die Berliner Freiheitsglocke: „Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen… Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen.“ Die Glocke hat einen Riss. 

 Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de

 

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