Nachbarliche Solidarität
Von Klaus Commer
Das glossarische Extempore dieser Kolumne wird meist zeitnah verfasst – aktuell Mitte Juli, vier Tage nach dem Desaster des Sturzregens, der Teile der Eifel, des Ahrtals, des Sauerlandes, des Berchtesgadener Landes, der angrenzenden Regionen Mitteleuropas verwüstete.
Dies war die Stunde derer, die in Stiefeln herbei eilten, um Soforthilfe zu versprechen und Fragen nach Versäumnissen beim Klima- und Katastrophenschutz zurückzustellen. Es lag ihnen daran, um Worte der Betroffenheit zu ringen, wo nur eine rheinische Frohnatur im Hintergrund versehentlich über bald wieder blühende Landschaften nachlachte.
Das Ereignis dieser Stunden lässt sich wie folg zusammenfassen: Allerorten gab es eine riesige Welle spontaner Hilfsbereitschaft. Grundstücksgrenzen lagen unter Trümmern, Müll und Fließsand begraben. Nachbarn halfen Nachbarn. Dörfliche Unternehmer baggerten Wege frei. Wer Nahrung, Kleidung, Spielzeuge abgeben konnte, brachte diese zu den Sammelstellen. Auch unter denen, die viel verloren hatten, gab es lächelnde Gesichter, weil am Ort der Verwüstung ein Aufatmen möglich war.
Wer von Jahrhundertfluten spricht, konnte sich im Sauerland und Ruhrgebiet erinnern lassen an die Nacht zum 16. Mai 1943. Damals hielt dort die Möhnetalsperre dem Bombeneinsatz von Nazi-Deutschlands Kriegsgegnern nicht stand. Die einzige Telefonleitung des Wachhabenden funktionierte nicht mehr. Hitler kam nicht in Gummistiefeln.
Ungewiß ist, ob die Wahl im September schon eine demokratisch und wissenschaftlich fundierte Antwort auf die unbewältigte Pandemie und die notdürftig niedergeschlagene Klimakatastrophe geben kann. Deutlich ist: Die Natur, das Wasser, die Viren sind schuldlos, das Problem sind wir Menschen.