Auch Geld hat seine Grenzen – Eine Kolumne von Klaus Commer

Auch Geld hat seine Grenzen

Klaus Commer*

Der Bettler vor dem Einkaufsmarkt um die Ecke blickte mich erwartungsvoll an. “Sorry,” sagte ich, “seit Corona kaufe ich à la Card.” – “Warum nicht” gab er zurück, “bring mir bitte die Salamie für 1 Euro 56 aus dem Sonderangebot mit.” Wir wurden handelseinig.
Bargeld ist ein leeres Versprechen auf Papier oder mit kleiner Münze. Das war mal anders. 1944 vereinbarten 44 Staaten in Bretton Woods (USA) das Weltwährungssystem mit dem Dollar als fester Leitwährung. Dessen Wert war garantiert: Eine Unze pures Gold für 35 Greenbacks. Doch die Bindung von Geld an Gold scheiterte, als De Gaulle 1968 Gold statt Geld abholte.

Seither wird global auf “Teufel komm raus” Geld gedruckt. Schließlich muss Zaster unter die Leute, damit die Wirtschaft floriert. Aber der Leibhaftige versteckt zahllose Kröten unterm Kopfkissen, in Koffern von Autodieben und Schutzgelderpressern oder auf unkontrollierbaren Bitcoin-Konten. Reichlich Reiche werden reicher. Nur du und ich natürlich nicht.

Jetzt hat die Europäische Union die Idee, Rares nur für maximal 10.000 € Bares über den Tisch gehen zu lassen. Jeder Zahlungsvorgang mit der Geldkarte, dem Smartphone, dem kommenden eEuro, jeder Vorgang über PayPal soll dem Finanzamt zum Besten dienen: Gläserner Konsum mit Kontostand und Umsatzsteuer…
In Griechenland liegt die Grenze für Bargeschäfte bei 500 €, in Kroatien bei 15.000 €. In Deutschland darf jeder seine Millionen-Yacht cash bezahlen. Aber ab 10.000 € muß das Geschäft mit Pass oder Personalausweis dokumentiert werden.

Auf solche Feinheiten werden Notare, Rechtsanwälte oder Schiedsleute beim Beurkunden von Vergleichen achten. Gern bargeldlos. Wer übel nachgeredet hat, widerruft auf dem Marktplatz. Wer den Grenzstein versetzt hat, tritt einen Quadratmeter Hinterhof ab. Wer krakehlend die Ruhe gestört hat, gibt ein Schweigegelübde.

*Klaus Commer hat kath. Theologie studiert, danach aber lange Zeit als Pressesprecher der damaligen Pädagogischen Hochschule Ruhr gearbeitet, später nach der Fusion der PH Ruhr mit der Uni Dortmund in gleicher Funktion an der Universität Dortmund. Er hat sich damals als Sprachrohr aller Gruppen der Hochschule verstanden, sehr zum Ärger einiger konservativer Hochschullehrer. Denn er war politisch links orientiert und wäre gerne praktizierender Kommunist gewesen – nicht einer Marke Stalin oder Ulbricht, sondern eher der Marke Fidel Castro.
Trotz seines fast biblischen Alters trägt er immer einen Sack voller Ideen mit sich herum und kann sie, wenn es gut läuft, in exzellente Texte und Taten umsetzen.
Den LeserInnen von MENGEDE:InTakt! ist er im letzten Jahr durch die Kolumne bekannt geworden: “Die Zahl des Monats” (K.N.)
Fotos: Archiv MIT

 

 

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